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SPÖ-Zentrale in der Löwelstrasse in Wien.

© IMAGO/photonews.at

Neue Parteiführung gesucht: Was für Österreichs Sozialdemokratie auf dem Spiel steht

Österreichs Sozialdemokraten suchen einen neuen Chef und ein Rezept gegen die eigene Krise und eine rechte Mehrheit im Land. Wer kann den Sozis zum Erfolg verhelfen und Wahlsiege sichern?

In Führungsfragen haben die Ampel-Parteien in Deutschland zuletzt ihre Basis entscheiden lassen. Nun sollten auch die 148.000 Mitglieder von Österreichs Sozialdemokratie bestimmen, wer ihr Chef werden soll – gebracht hat es der zerstrittenen Partei eine schwierige Pattsituation.

Während einige Genossen hoffen, dass endlich Dynamik in den alten Parteiapparat kommt, sind die anderen beunruhigt, dass damit der nächste Schritt zur Selbstzerstörung verbunden ist.

Mit einer Zustimmung von knapp 34 Prozent entschied der Burgenländer Hans Peter Doskozil das Rennen um den roten Vorsitz an der Basis für sich – dicht gefolgt von Andreas Babler, Bürgermeister einer 20.000-Einwohner-Gemeinde südlich von Wien.

Rücktritt der bisherigen Parteichefin Rendi-Wagner

Weniger als 34.000 Stimmen konnte die bisherige Parteichefin Pamela Rendi-Wagner auf sich versammeln, sie trat nur 24 Stunden nach der Bekanntgabe der Ergebnisse am 23. Mai zurück.

ÖVP und FPÖ nähern sich in einigen Bundesländern wieder an, im Bund knirscht es zwischen den Grünen und Schwarzen.

Katrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin

Beim Sonderparteitag in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz müssen die 650 Delegierten nun die Chef-Frage endgültig klären.

Wird Doskozil, der als „Hardliner“ in Sachen Migrationspolitik gilt, die Partei an- und aus ihrer Krise führen können? Oder kann der „linke Parteirebell“ Babler das Ruder herumreißen?

Wer kann eine rechte Mehrheit brechen?

Es geht um viel für die österreichischen Genossen, die jahrzehntelang in einer Großen Koalition regierten und nun mit schlechten Umfragewerten – Platz drei hinter der konservativen ÖVP und rechten FPÖ – Wahlverlusten und Führungsstreit zu kämpfen haben.

Der nächste Parteichef wird den Aufwind des rechtskonservativen Lagers begrenzen müssen. Dies sei Voraussetzung, um bei den Wahlen Erfolg zu haben, sagt die Politikwissenschaftlerin Katrin Stainer-Hämmerle dem Tagesspiegel. Für die Sozialdemokraten gehe es vor allem um die Fragen: Mit welchem Kandidaten kann sie künftig eine rechte Mehrheit im Land verhindern? Und welche Koalitionsoptionen ergeben sich?

„ÖVP und FPÖ nähern sich in einigen Bundesländern wieder an, im Bund knirscht es zwischen den Grünen und Schwarzen. Die jetzige Regierungskonstellation wird nicht mehr fortgesetzt“, ist Stainer-Hämmerle überzeugt. Die Sozialdemokraten müssen den Kandidaten finden, mit dem sie die größten Chancen haben, bei der nächsten Wahl zu punkten.

Hans Peter Doskozil, Landeshauptmann Burgenland
Hans Peter Doskozil, Landeshauptmann Burgenland

© IMAGO/Alex Halada

In Hans Peter Doskozil sehen viele einen Mann, der die Rechten bremsen könnte. Der ehemalige Polizist wurde 2015, als Hunderttausende Menschen über die Grenzen zogen, zum Krisenmanager. Als Verteidigungsminister setzte er später eine restriktivere Migrationspolitik durch.

Seit 2020 regiert er im Burgenland mit absoluter Mehrheit, zuvor koalierte er mit der FPÖ. Kritiker werfen ihm deshalb eine zu große ideologische Nähe vor.

Reicht es auch in Österreich für eine Ampel-Koalition?

Sein Kurs bei Asyl und Migration brachte ihm zudem schon Ärger mit der mächtigen – und liberaleren – Wiener SPÖ ein. Dies könnte noch zum Problem werden, sagt Stainer-Hämmerle. Doskozils politische Überzeugungen machten es schwierig für ihn, gemeinsam mit den Grünen zu regieren. Genau das will er aber, er setzt auf eine Ampel-Koalition.

Andreas Babler, Bürgermeister der Stadtgemeinde Traiskirchen
Andreas Babler, Bürgermeister der Stadtgemeinde Traiskirchen

© Imago/Isabelle Ouvrard

Dafür steht auch sein Rivale Andreas Babler. Der Bürgermeister von Traiskirchen, hier steht das größte Erstaufnahmezentrum Österreichs, fordert eine humanere Flüchtlingspolitik. Damit kann er Stainer-Hämmerle zufolge grüne und linke Wähler besser ansprechen.

Babler selbst setzt auch auf Nichtwähler und „Menschen, die auf Politik, Establishment und, ja, auch auf die Sozialdemokratie angefressen sind“, wie er kürzlich in der ZiB2 erklärte. Dass er im Dialekt spricht und leger auftritt, bringt ihm viele Fans ein.

Die scheidende Parteichefin Pamela Rendi-Wagner zieht sich nach der verheerenden Niederlage des Mitgliedervotums nun komplett aus der Politik zurück.

Bei ihrer Abschiedsrede im Parlament kritisierte sie am Donnerstag auch den Führungskonflikt ihrer Partei und beklagte die „Bewunderung männlicher Machtrituale“. An diesem Samstag hat die SPÖ nun die Wahl zwischen zwei Männern.

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