zum Hauptinhalt
Rauch steigt vom Ort eines israelischen Luftangriffs in einem südlichen Vorort von Beirut im Libanon auf.

© Foto: Hassan Ammar/AP/dpa

Update

Operation „Pfeile des Nordens“: Israel mobilisiert nach Einmarsch im Libanon weitere Truppen

Israels angekündigte „nächste Phase“ im Krieg gegen die Hisbollah im Libanon hat begonnen. Es gibt offenbar schwere Kämpfe, die Vereinten Nationen reagieren besorgt.

Stand:

Mit einer in der Nacht gestarteten Bodenoffensive Israels gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon hat die Lage in Nahost eine neue Eskalationsstufe erreicht. Diese erste Offensive am Boden seit dem Libanon-Krieg 2006 hat den Codenamen „Pfeile des Nordens“. 

Die israelische Armee sprach zunächst von „begrenzten“ Angriffen auf terroristische Ziele in Grenznähe, die eine unmittelbare Bedrohung für Gemeinden in Nordisrael darstellen würden. Später meldete via X heftige Kämpfe mit der Hisbollah im Süden des Libanon sowie, dass man vier weitere Reservebrigaden für Kämpfe im Norden mobilisieren würde. Die Terrororganisation dagegen erklärte gegenüber Reuters, die Hisbollah habe sich keine „direkten Bodenkämpfe“ mit israelischen Soldaten geliefert. Auch die UN-Beobachtermission im Libanon (Unifil) erklärte, es gebe „derzeit kein Eindringen am Boden“. 

Israelische Bodentruppen von Luftwaffe und Artillerie unterstützt

Israels Armee behauptete außerdem, die israelische Luftwaffe und die Artillerie unterstützten die Bodentruppen mit präzisen Angriffen auf militärische Ziele. Die Soldaten täten alles, was notwendig sei, um die Bürger Israels zu verteidigen und die Bewohner Nordisraels in ihre Häuser zurückzubringen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Operation werde parallel zu den Kämpfen im Gazastreifen gegen die Hamas und in anderen Gebieten fortgesetzt. Für den Einsatz seien die Soldaten in den vergangenen Monaten trainiert worden. Israel will die Rückkehr von 60.000 Israelis ermöglichen, die seit Monaten durch die Hisbollah-Angriffe aus Gebieten entlang der Grenze vertrieben wurden.

Israels Armee warnt Libanesen

Nach Beginn der Bodenoffensive hat die israelische Armee Libanesen davor gewarnt, in den Süden des Libanons zu fahren. Der israelische Armeesprecher veröffentlichte in arabischer Sprache bei X eine „dringende Warnung an die Bewohner des Süd-Libanon“. Es komme im südlichen Abschnitt des Landes „zu intensiven Kämpfen, bei denen Hisbollah-Mitglieder das zivile Umfeld und die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde für Angriffe ausnutzen“.

Die Menschen werden in der Mitteilung dazu aufgerufen, nicht südlich des Litani-Flusses zu fahren, der etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernt liegt. Laut einer UN-Resolution dürfen Hisbollah-Kämpfer sich nicht südlich dieser Linie aufhalten. Nach dem letzten Libanon-Krieg 2006 waren diese jedoch allmählich in das Gebiet zurückgekehrt.

UN zeigen sich besorgt

Nach Beginn der israelischen Bodenoffensive warnte das UN-Menschenrechtsbüro vor einer humanitären Katastrophe im Nahen Osten. „Wir sind zutiefst besorgt über die sich ausweitenden Feindseligkeiten im Nahen Osten und deren Potenzial, die gesamte Region in eine humanitäre und menschenrechtliche Katastrophe zu stürzen“, sagte Liz Throssell, Sprecherin des Büros in Genf. Auch die Angriffe der Huthi auf Israel und die israelischen Gegenschläge seien „zutiefst beunruhigend“.

Israel verstoße gegen Resolution

Die UN-Beobachtermission im Libanon teilte mit, dass die Blauhelme trotz der jüngsten Entwicklungen im Libanon in Stellung blieben. Sie rief alle Konfliktbeteiligten dazu auf, von eskalierenden Aktionen Abstand zu nehmen. Die Mission verweist darauf, dass ein Vorstoß in den Libanon „eine Verletzung der libanesischen Souveränität und territorialen Integrität sowie einen Verstoß gegen die Resolution 1701 (des UN-Sicherheitsrats)“ darstelle.

Der Beschluss 1701 wurde wegen des einmonatigen Kriegs zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 verabschiedet. Darin wird unter anderem ein vollständiger Rückzug aller israelischen Truppen aus dem Süden des Libanon gefordert und dass sich in dem Gebiet außer der libanesischen Armee und der UN-Friedenstruppe keine anderen bewaffneten Gruppen aufhalten dürfen.

Hisbollah ist angeblich kampfbereit

Am Montag hatte sich erstmals nach der Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah die Spitze der islamistischen Miliz zu Wort gemeldet und ihre Kampfbereitschaft signalisiert. „Wir wissen, dass der Kampf lang dauern könnte und sind auf alle Möglichkeiten vorbereitet“, sagte der stellvertretende Hisbollah-Chef Naim Kassim in einer im Fernsehen übertragenen Rede. „Wenn Israel sich entscheidet, eine Bodenoffensive zu starten: Wir sind bereit.“ Wer die Hisbollah anführen soll, sagte er nicht.

Angriffe auf Israel

Auf den Norden Israels flogen auch am frühen Dienstagmorgen Raketen. Die Armee teilte mit, dass einige der Geschosse abgefangen worden seien. Andere sind demnach in unbewohnten Gebieten abgestürzt.

Die Hisbollah griff nahe der südlichen Grenze nach eigener Darstellung indes israelische Soldaten an. Diese hätten sich auf israelischer Seite in Obsthainen nahe der Grenze bewegt, hieß es am Abend. Infolge der Angriffe habe es auf israelischer Seite auch Opfer gegeben. Auf die Erklärung Israels, mit einer begrenzten Bodenoffensive im Libanon begonnen zu haben, ging die Miliz indes nicht ein.

Auch die Hisbollah schießt seit den neu entfachten intensiven Kämpfen an manchen Tagen Hunderte Raketen auf Israel. Die Miliz hat nach Ausbruch des Gaza-Kriegs ihre sogenannte „Solidaritätsfront“ eröffnet und Tausende Raketen auf Israel abgefeuert.

Angriffe auch nahe Beirut

Auch nahe der libanesischen Hauptstadt Beirut bombardierte die israelische Luftwaffe erneut Ziele. Eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete am Montagabend von mindestens sieben schweren Explosionen und Erschütterungen in einem südlichen Vorort. Zuvor hatte ein Sprecher der israelischen Armee Einwohner der südlichen Vororte von Beirut über soziale Medien zum Verlassen ihrer Häuser und Wohnungen aufgefordert.

Feuer und Rauch in einem südlichen Vorort von Beirut nach einem israelischen Luftschlag.

© AFP/FADEL ITANI

Bei dem Angriff wurde laut israelischer Luftwaffe auf Waffenfabriken und Infrastruktur der Hisbollah gezielt. Augenzeugen berichteten von massiven Schäden in dem betroffenen Wohngebiet Haret Hreik. Mehrere Gebäude seien dem Erdboden gleich gemacht worden. Straßen seien unter Schutt begraben worden. Am Morgen habe es Aufräumarbeiten gegeben, um die Straßen freizuräumen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Lage im Libanon ist dramatisch: Nach libanesischen Angaben kamen innerhalb von 24 Stunden fast 100 Menschen im Land ums Leben.

Mehrere Tote nach Angriff auf Palästinensercamp im Libanon

Bei einem israelischen Angriff auf das palästinensische Flüchtlingscamp Ain al-Hilwah nahe der libanesischen Küstenstadt Sidon sind nach Angaben aus dem Libanon sechs Menschen getötet worden. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, der Angriff aus der vergangenen Nacht habe dem palästinensischen Kommandeur, Munir Al-Makdah, gegolten. Er habe den Angriff allerdings überlebt.

Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete, dass unter den Opfern Al-Makdahs Ehefrau sowie ein gemeinsamer Sohn gewesen seien. Al-Makdah war ein Vertreter der Al-Aksa-Brigaden im Libanon. Dabei handelt es sich um den militärischen Arm der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.

Bei einem israelischen Luftangriff auf die syrische Hauptstadt Damaskus wurden unterdessen einem Medienbericht zufolge drei Menschen getötet. Bei Angriffen auf mehrere Orte in der Stadt seien drei Zivilisten ums Leben gekommen und neun weitere verletzt worden, berichtete Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf eine Militärquelle am frühen Dienstagmorgen.

Verschärfung des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah

Der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz hatte sich zuletzt dramatisch verschärft. Seit Tagen greift die israelische Luftwaffe massiv Ziele in dem Nachbarland an, nach eigener Darstellung unter anderem Waffenlager der Hisbollah. Der Libanon meldete rund 1000 tote Zivilisten und eine Million Flüchtlinge. Am Freitag waren bei einem gezielten israelischen Luftangriff der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah und weitere Hisbollah-Kämpfer getötet worden.

USA justieren angesichts angespannter Lage nach

Die Bodenoffensive im Libanon war erwartet worden. Israel hatte Washington nach Angaben der US-Regierung über begrenzte Einsätze des Militärs an der libanesischen Grenze informiert. Israel habe mitgeteilt, dass es sich dabei um „begrenzte Operationen“ handele, die sich auf „die Infrastruktur der Hisbollah in der Nähe der Grenze“ konzentrierten, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Vor Beginn der israelischen Bodenoffensive hatte die libanesische Armee laut Militärkreisen Soldaten von der Grenze zurückgezogen. Mehrere Gegenden in Nordisrael wurden zu militärischem Sperrgebiet erklärt.

Das Pentagon erklärte am Montagabend, seine militärischen Fähigkeiten im Nahen Osten angesichts der aktuellen Lage entsprechend auszurichten. „Wir haben die Einsatzbereitschaft zusätzlicher US-Kräfte erhöht, um auf verschiedene Eventualitäten zu reagieren“, sagte Sprecherin Sabrina Singh. Demnach würden bereits im Nahen Osten stationierte Truppen länger im Einsatz bleiben. Ursprünglich zu deren Ersatz vorgesehene Truppen würden zur weiteren Verstärkung hinzugezogen. Es gehe insbesondere um die Verteidigung aus der Luft.

Noch am Montag hatte US-Präsident Joe Biden zu einer Waffenruhe aufgerufen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach mit seinem israelischen Kollegen Joaw Gallant. Austin habe deutlich gemacht, dass es eine diplomatische Lösung brauche, auch wenn Israel seine Grenzen schützen dürfe.

Der libanesische Übergangsministerpräsident Najib Mikati sagte bei einem Treffen mit UN-Vertretern, sein Land befinde sich in einer der gefährlichsten Phasen seiner Geschichte. Frankreich, die frühere Kolonialmacht im Libanon, kündigte die Entsendung eines Flugzeugträgers ins östliche Mittelmeer an. (dpa, Reuters, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })