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Die Verpackung des Spiels „Spezialoperation im Randgebiet“.

© Telegram/Спецоперация на Окраине; Screenshot: Tagesspiegel Spiel1002

„Perfektes Geschenk für Familienabende“: In Russland wird der Ukrainekrieg nun als Brettspiel verkauft

Das Spiel verbreitet Kremlpropaganda. Es geht darum, die Ukraine einzunehmen, statt Straßen zu bebauen.

Stand:

Auf Russlands größtem Online-Marktplatz ist ein zynisches Brettspiel aufgetaucht: Angelegt als Monopoly-Kopie wird bei „Spezialoperation im Randgebiet“ der russische Angriffskrieg auf die Ukraine nachgespielt. Dabei bedient das Spiel die Propaganda des Kreml. Den Personen, die hinter dem Spiel stecken, liegt währenddessen anscheinend viel daran, anonym zu bleiben. Denn wer sich das Spiel ausgedacht hat und wer daran verdient, dafür gibt es kaum Hinweise.

Über das Spiel hatte zuerst die unabhängige „Moscow Times“ berichtet. Auf Fotos im Internet hat das Design Videospielcharakter in Neonfarben. Panzer und Militärhubschrauber sind zu sehen, genauso wie bewaffnete Soldaten. Auf den Bildern sieht man auch eine Spielbeschreibung. Der zufolge geht es beim Spielen von „Spezialoperation im Randgebiet“ darum, die Ukraine von der „Nazi-Herrschaft“ zu befreien. Einige Städte „begrüßen die Befreier“, andere stünden unter dem Einfluss von Propaganda. Dort müsse man mit Widerstand rechnen.

Eine russische Variante von Monopoly, Hersteller unbekannt.

© Telegram/Спецоперация на Окраине; Screenshot: Tagesspiegel Spiel1002

„Spezialoperation“ zocken ab 14 Jahren

In Russland wurde lange offiziell nicht von einem Krieg in der Ukraine gesprochen, sondern von einer „Spezialoperation“. Auch die angebliche Befreiung des Landes von Nationalsozialisten wird von Russland immer wieder als Vorwand für den völkerrechtswidrigen Angriff genannt. Das Spiel bedient also klar die Linie der russischen Regierung.

Der Name selbst ist ein Wortspiel: Das russische Wort für Randgebiete („Okraina“) ähnelt dem für Ukraine („Ukraina“). Empfohlen wird das Spiel ab 14 Jahren, es sei familienfreundlich und für zwei bis sechs Personen geeignet, heißt es im Begleitmaterial.

Verkauf über großen russischen Online-Händler

Verkauft wird das Brettspiel über „wildberries“, einen russischen Onlineversandhändler ähnlich wie etwa Amazon. Die Firma, die bei „wildberries“ als Hersteller angegeben ist, hat auf Nachfrage abgestritten, etwas mit dem Spiel zu tun zu haben. Ein QR-Code auf einem Foto der Spielschachtel leitet zu einem Telegramkanal, in dem ausschließlich das Spiel beworben wird – mit Kaufaufforderungen, Rabatten und Gewinnspielen. Auch hier bleibt unklar, wer genau die Strippen zieht.

Willst du einen unvergesslichen Abend mit Freunden verbringen, voller Strategien, unerwarteter Wendungen und Spaß?“, heißt es in einem der Telegram-Posts. Das Spiel sei „das perfekte Geschenk für Familienabende oder Treffen mit Freunden“, bei dem man zum Helden „spannender Schlachten“ werden könne.

Begeisterte Bewertungen im Internet

In der Werbung zu „Spezialoperation im Randgebiet“ wird der Vergleich zum Brettspielklassiker Monopoly hergestellt. Statt Turmstraße und Schlossallee zu bebauen, erobert man hier anscheinend Städte wie Odesa oder Kyjiw. Eine Spielkartenart trägt dabei den Buchstaben Z, der als Propagandazeichen des russischen Militärs bekannt ist.

Die derzeit 131 Bewertungen auf „wildberries“ reichen bis Anfang Dezember zurück. Seitdem scheint das Spiel also dort verkauft zu werden. Fast ausnahmslos sind die Bewertungen begeistert. Nur wenige Nutzerinnen und Nutzer vergeben drei Sterne oder weniger. Sie bemängeln in erster Linie die Qualität des Spielmaterials.

Die Hersteller scheinen die Kritik durchaus ernst zu nehmen: In ihrem Telegramkanal erklären sie, man habe in einer neuen Edition hochwertigeres Material für das Spielgeld verwendet und das Spielfeld nun für eine längere Lebensdauer laminiert.

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