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Bundeskanzler Friedrich Merz und Polens Premier Donald Tusk auf der gemeinsamen Reise nach Kiew.

© dpa/Kay Nietfeld

Polen führt Grenzkontrollen ein: Wie wäre es mit gemeinsamem Grenzschutz?

Die Regierungen Merz und Tusk brauchen sich gegenseitig zur Eindämmung irregulärer Migration. Sie sollten den Mut zu mehr deutsch-polnischer Kooperation finden, statt einseitig zu agieren.

Christoph von Marschall
Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Stand:

Deutschland und Polen brauchen einander – erstens generell. Zweitens speziell, wenn sie die irreguläre Migration eindämmen wollen. Gab es da keine elegantere Lösung für die Regierungen Merz und Tusk als die gegenseitigen Grenzkontrollen?

Donald Tusk begründet die Einführung der Kontrollen auf polnischer Seite mit „Symmetrie“. Sie sind seine Antwort auf die deutschen Kontrollen.

Da besteht allerdings ein gravierender Unterschied. Eine beträchtliche Zahl Migranten will von Polen nach Deutschland einreisen, obwohl sie dazu nicht berechtigt und ihre Asylanträge aussichtslos sind.

Wegen des Wirtschafts- und Sozialstaatsgefälles ist irreguläre Migration an Oder und Neiße eine Einbahnstraße.

Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion.

Doch wenn sie die Grenze passiert haben, darf Deutschland sie nicht mehr zurückschicken ohne ein Verfahren zur Feststellung, dass Polen zuständig sei. Deshalb die deutschen Kontrollen direkt an der Grenze. Da darf man noch zurückschicken.

Umgekehrt sind polnische Kontrollen nicht erforderlich, um die Zahl illegaler Migranten von Deutschland nach Polen zu senken. Wegen des Wirtschafts- und Sozialstaatsgefälles ist diese Art Migration eine Einbahnstraße.

Tusk ist nach der Niederlage seines Lagers bei der Präsidentschaftswahl unter innenpolitischem Druck. Er spielt die nationale Karte. „Symmetrie“ heißt übersetzt: Er will den Deutschen auf Augenhöhe begegnen.

Einen praktischen Wunsch hat er freilich. Wenn Deutschland irreguläre Migranten bereits an der Grenze zurückschickt, trägt Polen die Last der Asylverfahren und potenzieller Rückführungen in die Heimat- oder Drittstaaten, in denen diese Migranten auf dem Weg nach Polen nicht an Leib und Leben bedroht waren.

Deshalb wünscht sich Polen schon länger die Unterstützung von Deutschland beim Ziel, seine östliche Grenze gegen irreguläre Migration zu schützen. Die ist zugleich eine EU-Außengrenze. Russland und Belarus organisieren irreguläre Migration via Polens Ostgrenze, um die EU zu schwächen.

Deshalb sollten sich Merz und Tusk sowie ihre Innenminister zusammensetzen. Warum nicht dreierlei: gemeinsame Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze, eine gemeinsame Stärkung von Polens Ostgrenze und gegenseitige Hilfe zur Beschleunigung der Asyl- und Abschiebeverfahren?

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