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Proteste in New York nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd.

© Gestaltung: Tagesspiegel | Foto: Getty Images/Spencer Platt

Polizeigewalt in den USA: Was hat der Tod von George Floyd geändert?

Die Familie George Floyds erhielt vor zwei Jahren 27 Millionen Dollar Schmerzensgeld. Doch die versprochene Polizeireform steht bis heute aus.

1 „I can’t breathe“

Als der Afroamerikaner George Floyd auf einer Straßenkreuzung in Minneapolis unter den Knien des weißen Polizisten Derek Chauvin seinen letzten Atemzug tat, brach der Damm. Immer wieder hatte es Proteste gegeben, wenn Straßenkontrollen brutal verliefen oder schwarze Festgenommene unverhältnismäßig grob behandelt wurden. Aber als ein Handyvideo auftauchte, das Floyds neun Minuten langes Leiden am 25. Mai 2020 dokumentierte, explodierte die Wut. 

Das Video zeigte, wie der 46-Jährige in höchster Not die ungerührt wirkenden Polizisten um Gnade anflehte. Floyd stammelte „I can’t breathe”, dann wurde er ruhig. In Minneapolis wurde es anschließend laut, sehr laut. Der Lärm weitete sich von der am Mississippi gelegenen Großstadt im Bundesstaat Minnesota aufs ganze Land aus.

Monatelang protestierten Hunderttausende in Dutzenden Städten gegen Rassismus und rassistisch motivierte Polizeigewalt – trotz Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie. Angefeuert wurde die Wut von Tweets des damaligen Präsidenten Donald Trump, der auf Härte setzte. Unter dem Slogan „Black Lives Matter” kam es auch in vielen Städte weltweit zu Protesten.

Ein „Black Lives Matter“-Protest am 2. Juni 2020 am Washington Square in New York.
Ein „Black Lives Matter“-Protest am 2. Juni 2020 am Washington Square in New York.

© AFP/JOHANNES EISELE

2 Kultur des Rassismus

Mit Trumps Niederlage und Joe Bidens Einzug ins Weiße Haus kehrte etwas Ruhe ein, die Proteste flauten ab. Die juristische Aufarbeitung begann. Eine Klage der Floyd-Familie gegen die Stadt Minneapolis, die es versäumt habe, ihre Polizeibeamten richtig zu schulen, endete am 12. März 2021 mit einem Vergleich: Ihr wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 27 Millionen Dollar zugesprochen. 

Der Hauptangeklagte Derek Chauvin wurde am 25. Juni 2021 wegen Mordes zu 22 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Ein Jahr später wurde er zu weiteren 21 Jahren verurteilt, die er aber zeitgleich absitzt.

Mehr als zwei Jahre nach Floyds Tod wurden zudem Gefängnisstrafen gegen drei weitere beteiligte Ex-Polizisten verhängt – wegen unterlassener Hilfeleistung. Im April 2022 veröffentlichte die Menschenrechtsbehörde von Minnesota einen Bericht, der der Polizei in Minneapolis verbreiteten Rassismus vorwarf. 

Unter anderem hieß es darin, es gebe deutliche Unterschiede im Umgang von Polizisten mit Bürgern etwa bei Verkehrskontrollen, Durchsuchungen oder Festnahmen, je nachdem, ob sie weiß oder schwarz seien. Die Politik in Washington versprach eine Polizeireform, die George Floyds Namen tragen sollte.

Menschen demonstrieren für den George Floyd Policing Act und gegen das Verbot von Mentholprodukten am 9. März 2023 in New York.
Menschen demonstrieren für den George Floyd Policing Act und gegen das Verbot von Mentholprodukten am 9. März 2023 in New York.

© Getty Images via AFP/Michael M. Santiago

Die Polizeireform steht weiter aus. Zwar wurde sie vom Repräsentantenhaus verabschiedet, doch sie hängt seither im Senat fest. Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners Tyre Nichols vor wenigen Wochen rief US-Präsident Biden erneut zum Handeln auf.

Schlagzeilen über steigende Mordraten übertönen jedoch längst die Rufe nach „Defund the police”, also dem Umleiten von Finanzmitteln in Sozialarbeit. Das Thema Innere Sicherheit wird aller Voraussicht nach im nächsten Präsidentschaftswahlkampf großen Raum einnehmen. Vielerorts wurden Polizeieinheiten aufgestockt und mehr Geld in ihre Ausrüstung investiert.

Immerhin ordnete Biden neue Regeln für die mehr als 100.000 Bundespolizisten an. Sie sollen bei Festnahmen und Durchsuchungen Körperkameras aktivieren und das Filmmaterial soll schneller freigegeben werden und eine neue nationale Datenbank polizeiliches Fehlverhalten dokumentieren. Der Großteil der Polizeikräfte auf lokaler und bundesstaatlicher Ebene ist davon allerdings nicht betroffen.

George Floyds Familie tritt regelmäßig öffentlich in Erscheinung. Zuletzt nahmen Angehörige an der Beerdigung von Tyre Nichols in Memphis teil.

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