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Eine junge Frau startet Telegram auf dem Smartphone.

© IMAGO/Pond5 Images

Propaganda für den Kreml: Wie russische Influencer am Krieg verdienen

Bis zu 1800 Euro verdienen russische Kriegsinfluencer pro Video auf Telegram, wie die BBC berichtet. Mehrere von ihnen arbeiten mittlerweile für den Kreml.

Neben Werbeanzeigen für Mode oder Kryptowährung teilen sie Videos von Drohnenangriffen und falsche Behauptungen über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben sogenannte Kriegsinfluencer laut Recherchen der BBC Millionen Follower auf Telegram gewonnen.

In Russland sind die Kriegsinfluencer als „Z-Blogger“ bekannt. Der lateinische Buchstabe „Z“ steht als Symbol für die Unterstützung der russischen Armee und Regierung. Die Influencer posten Filmmaterial von der Front oder von der russischen Armee, in dem sie junge Russen zum Kriegsdienst aufrufen.

Mit ihren Videos haben sie den Werbemarkt bei Telegram angekurbelt. Sie verkaufen Werbeflächen für Unternehmen, die ein junges Publikum erreichen wollen.

Um herauszufinden, wie viel die Influencer für die Werbefilme verlangen, gaben sich Mitarbeiter der BBC als Hotelbesitzer aus, die daran interessiert seien, Anzeigen zu schalten. Alexander Kots gab einen Preis zwischen 48.000 und 70.000 Rubel pro Beitrag an, also 460 bis 670 Euro.

Das Verteidigungsministerium hört uns oft zu.

Kriegsinfluencer Alexander Kots 

Kots ist Influencer und Veteran-Korrespondent einer regierungsnahen Zeitung. Er bezeichnete sich gegenüber der BBC als Reporter in einem Informationskrieg: „Das Verteidigungsministerium hört uns oft zu, und wir haben einen direkten Kanal, um ihnen privat Informationen zukommen zu lassen.“

Ein anonymer Werbeagent verlangt laut BBC rund 300 Euro pro Anzeige in Grey Zone, einem Telegram-Kanal mit exklusivem Zugang zur russischen Söldnergruppe Wagner. Mehr als 600.000 Follower sehen somit die Werbung, mit der der Agent Einnahmen generiert.

Semyon Pegov, unter dem Pseudonym WarGonzo auf Telegram aktiv und laut BBC wohl der bekannteste Z-Blogger, hat mehr als 1,3 Millionen Anhänger. Pro Beitrag nimmt er rund 1800 Euro ein.

Breite Zielgruppe auf Telegram

Top-Kriegsinfluencer veröffentlichen mindestens eine Anzeige pro Tag, ihr potenzielles Einkommen liegt damit deutlich höher als das durchschnittliche russische Monatsgehalt von 66.000 Rubel (635 Euro). Das Filmmaterial erreicht ein breitgefächertes Publikum, von russischen Kriegsbefürwortern bis hin zu westlichen und ukrainischen Analysten.

Einige Videos der Kriegsblogger sind laut Recherchen der BBC jedoch gefälscht. Dennoch würden sich junge Russen davon ermutigt fühlen, sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden.

Auf Anfrage der BBC teilte Telegram mit: „Wir sind die letzte Plattform, über die Russen auf unabhängige Medien wie Meduza, unzensierte internationale Nachrichten wie die BBC oder Selenskyjs Reden zugreifen können.“ Telegram respektiere internationale Sanktionen und blockiere russische Staatsmedien, „wo Gesetze dies verbieten“, hieß es weiter.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat seine Wertschätzung für die Bemühungen der Z-Blogger immer wieder gezeigt. Alexander Kots sitzt mittlerweile im Menschenrechtsrat des Kreml-Chefs.

Semyon Pegov und mehrere andere Blogger sind Mitglieder einer Arbeitsgruppe zur Mobilisierung. Im Juni lud Putin Kriegsinfluencer und staatliche Medienreporter laut Informationen der BBC zu einem zweistündigen Gespräch in den Kreml ein.

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