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Andrij Jermak (l), Leiter des Präsidialamts der Ukraine, und US-Außenminister Marco Rubio sprechen mit Journalisten im Rahmen ihrer Konsultationen über den Trump-Friedensplan in der US-Vertretung in Genf.

© dpa/Martial Trezzini

Update

Rubio spricht von „sehr produktivem Treffen“: Europäer und USA überarbeiten Friedensplan – das sind die wichtigsten Punkte

Am Sonntag verhandelten Vertreter Washingtons, Kiews und Europas über ein Ende des Ukrainekrieges. Am Montag geht es weiter; die USA erwarten einen Abschluss bis Donnerstag.

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Nach Beratungen mit Vertretern der Ukraine und europäischen Verbündeten hat sich US-Außenminister Marco Rubio zuversichtlich für eine überarbeitete Version des US-Friedensplans gezeigt. Die Gespräche hätten in einem „grundlegenden Dokument“ gemündet, das nun als Basis für die weitere Arbeit dienen solle, sagte er vor anwesenden Journalisten. Rubio sprach von „enormen Fortschritten“ und fügte an, dass die noch offenen Punkte „nicht unüberwindbar“ seien. Es brauche nur mehr Zeit. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen werden.“

Zu den offenen Fragen zähle die künftige Rolle der EU und der Nato und die Sicherheitsgarantien. Das Ergebnis müsse nun der russischen Seite vorgelegt werden, die dem Plan zustimmen müsse.

Schon am Montag soll in Genf weiter verhandelt werden. Man wolle idealerweise bis Donnerstag zu einem Abschluss kommen, sagte Rubio.

In einer Erklärung aus dem Weißen Haus hieß es, dass die Ukraine mit der gemeinsam überarbeiteten Version des Friedensplans zufrieden sei und die wichtigsten Interessen des Landes darin widergespiegelt sehe. Der Entwurf umfasse den Vertretern aus Kiew zufolge „kurz- und langfristige, glaubwürdige und durchsetzbare Mechanismen zum Schutz der ukrainischen Sicherheit“, teilte die US-Regierung im Namen von US-Präsident Donald Trump am Sonntagabend (Ortszeit) mit.

Alle Hauptanliegen der Ukraine seien während des Treffens umfassend behandelt worden, hieß es in der Mitteilung weiter. Diese umfassen demnach:

  • Sicherheitsgarantien
  • Langfristige wirtschaftliche Zukunftsperspektiven
  • Schutz der Infrastruktur
  • Freie Schifffahrt
  • Politische Souveränität

Kiew äußerte sich zunächst nicht dazu. In einer kurz zuvor veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der beiden Länder waren die Formulierungen zu den Ergebnissen der Gespräche in Genf zurückhaltender gewesen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Rubio hatte der ukrainische Verhandlungsführer Andrij Jermak von einem „sehr produktiven“ ersten Treffen gesprochen, bei dem gute Fortschritte erzielt worden seien. Man bewege sich auf einen gerechten und dauerhaften Frieden zu. Endgültige Entscheidungen würden aber „unsere Präsidenten“ treffen. Jermak bedankte sich bei den USA und Präsident Trump, der laut Rubio sein Einverständnis für den neuen Plan geben werde.

Deadline bis Donnerstag

In Genf hatte es am Sonntag den ganzen Tag über Gesprächsrunden zwischen Vertretern der Ukraine, der USA und europäischer Staaten über den zuvor von Washington vorgelegten Plan gegeben. Trump hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Frist bis Donnerstag gesetzt, dem Plan grundsätzlich zuzustimmen. Die Unterstützer der Ukraine hatten schon im Vorfeld klargemacht, dass sie den Plan in der US-Fassung ablehnen.

Das ursprüngliche 28-Punkte-Papier kommt Moskau in zentralen Forderungen weit entgegen und überschreitet von Kiew seit langem formulierte rote Linien. So verlangt er von der Ukraine schmerzhafte Zugeständnisse wie die Abtretung großer Gebiete in der Ostukraine an Russland, eine Begrenzung der Truppenstärke und den Verzicht auf einen Nato-Beitritt.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten deshalb am Sonntag Änderungen am US-Friedensplan für die Ukraine vorgelegt. Dabei werden zentrale Punkte des ursprünglichen Plans von Washington abgelehnt.

So soll die ukrainische Armee in Friedenszeiten auf 800.000 Soldaten begrenzt werden und nicht pauschal auf 600.000, wie es der US-Plan vorsieht. Zudem sollen Verhandlungen über einen Gebietsaustausch an der derzeitigen militärischen Kontaktlinie beginnen. Damit wird die US-Forderung zurückgewiesen, bestimmte Gebiete als „faktisch russisch“ anzuerkennen.

Auch bei der Verwendung der im Westen eingefrorenen russischen Vermögenswerte wurden die ursprünglichen US-Vorschläge deutlich abgeändert. Die Europäer wollen, dass die Gelder eingefroren bleiben, bis Russland den Schaden in der Ukraine kompensiert hat. Der US-Plan sieht dagegen vor, 100 Milliarden Dollar in einen von den USA geführten Wiederaufbaufonds zu investieren, wobei die USA die Hälfte der Gewinne erhalten würden. Die Ukraine soll Sicherheitsgarantien der USA in Anlehnung an Artikel 5 der Nato erhalten.

Zudem soll ein Nato-Beitritt der Ukraine nicht mehr explizit ausgeschlossen sein und auch keine allgemeine Amnestie für Kriegsverbrechen gewährt werden. Die im US-Plan genannte Frist für Wahlen in der Ukraine innerhalb von 100 Tagen wird ebenfalls nicht genannt. Stattdessen sollen sie nur so „schnell wie möglich“ organisiert werden.

Russland soll allerdings weiterhin wie im US-Plan eine Wiederbelebung der G8-Gruppe der großen Industrienationen in Aussicht gestellt worden. Aus ihr war das Land 2014 nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim verbannt worden.

Streitpunkt: Russische Zentralbankgelder

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hoffte am Sonntagnachmittag auf eine neue Dynamik in den Bemühungen um eine Beendigung des Ukraine-Kriegs. 

„Wir formulieren jetzt im Augenblick eine Verhandlungsposition. Und ich hoffe, dass sie so ausfällt, dass sie nicht nur auf der europäischen Seite mit der Ukraine und Amerika zusammen abgestimmt ist, sondern dass sie vor allem die russische Seite dazu bringt, jetzt an den Verhandlungstisch zu kommen“, sagte Merz am Sonntag im ZDF mit Blick auf die Verhandlungen in Genf.

„Wir versuchen jetzt hier ein gemeinsames Paket zu bekommen, mit dem wir dann auch auf die russische Regierung zugehen können. Es wird nicht einfach“, so Merz. „Entscheidend ist jetzt, dass in der Sache Fortschritte erzielt werden und dass Russland vor allem irgendwann endlich wieder an den Verhandlungstisch kommt.“

Zuvor kritisierte Merz außerdem zentrale finanzielle Aspekte des US-Plans als „nicht akzeptabel“. Die Amerikaner könnten über das in der EU festgesetzte russische Zentralbankgeld nicht verfügen, sagte der CDU-Politiker in einem ARD-Interview nach dem Ende des G20-Gipfels in Johannesburg. Auch die Forderung, noch einmal 100 Milliarden Dollar (87 Mrd. Euro) aus Europa draufzulegen, sei nichts, was aus deutscher Sicht zustimmungsfähig sei.

Merz verwies zudem darauf, dass die EU derzeit plane, das in der Europäischen Union festgesetzte russische Vermögen für ein Darlehen an die Ukraine zu nutzen, um dieser weitere Waffenkäufe zu ermöglichen. Nach internen Brüsseler Dokumenten wurde in der EU wegen des Ukraine-Kriegs theoretisch nutzbares russisches Staatsvermögen im Wert von etwa 210 Milliarden Euro festgesetzt. In anderen Staaten außerhalb der EU waren es demnach nur rund 42 Milliarden Euro.

Trump unterdessen warf der Ukraine erneut Undankbarkeit vor und gab Europa eine Mitschuld am Fortbestehen des russischen Angriffskrieges gegen das Land. „Die ukrainische ‚Führung‘ hat keinerlei Dankbarkeit für unsere Bemühungen gezeigt, und Europa kauft weiterhin Öl aus Russland“, schrieb er in Großbuchstaben auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. 

Bereits in der Vergangenheit hatte der Republikaner behauptet, die Ukraine würde die Unterstützung der Vereinigten Staaten nicht ausreichend anerkennen. So warf er Präsident Selenskyj im Februar bei einem Treffen im Weißen Haus Undankbarkeit vor. Vor laufenden Kameras wiesen Trump und sein Vize JD Vance den ukrainischen Staatschef zurecht. Das Gespräch endete in einem beispiellosen Eklat.

(AFP/Reuters/dpa)

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