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© REUTERS/Fawaz Salman

Saudi-Arabien, Emirate, Huthi, Separatisten: Warum die Lage im Jemen jetzt eskaliert

Im Kampf gegen die Huthi-Miliz im Jemen sind die Emirate und Saudi-Arabien eigentlich wichtige Verbündete. Doch nun eskaliert die Gewalt zwischen den Partnern überraschend schnell.

Stand:

Im Jemen hat die in ihrer Macht bereits eingeschränkte Regierung ein Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten im Kampf gegen die Rebellenmiliz Huthi für beendet erklärt und den sofortigen Abzug emiratischer Truppen gefordert. „Alle emiratischen Truppen müssen sich innerhalb von 24 Stunden von jemenitischem Hoheitsgebiet zurückziehen“, sagte der Präsidialrats-Vorsitzende Raschad al-Alimi in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache.

Die Emirate kamen dem am Dienstag Abend nach.  Der Schritt erfolge „angesichts der jüngsten Entwicklungen“ im Land, teilte das emiratische Verteidigungsministerium der Staatsagentur WAM zufolge mit. Das jahrelange Bündnis zwischen der Regierung, den Emiraten und Saudi-Arabien im Kampf gegen die Huthi ist damit faktisch beendet, ein Konflikt der eigentlichen Verbündeten eskaliert.

Al-Alimi verkündete einen landesweiten Ausnahmezustand für 90 Tage. Für 72 Stunden gelte eine Luft-, Land- und Seeblockade für den Jemen. Die Regelung gilt de facto für den südlichen und östlichen Jemen – der Norden samt der Hauptstadt Sanaa wird von der Huthi-Miliz kontrolliert.

Das ambivalente Verhältnis zwischen den Emiraten und Saudi-Arabien

Im Jemen tobt seit rund einem Jahrzehnt ein Bürgerkrieg, der hauptsächlich zwischen der von Iran unterstützten, schiitischen Huthi-Miliz einerseits und dem sunnitischen Bündnis aus Saudi-Arabien, den Emiraten und der jemenitischen Regierung andererseits ausgetragen wird.

Die Nachbarstaaten Emirate und Saudi-Arabien haben einerseits zueinander gute Beziehungen und arbeiten in vielen Punkten, insbesondere wirtschaftlich, zusammen – geopolitisch sind sie aber auch Rivalen am Golf, die in der Region mit unterschiedlichen Interessen um Einfluss und Ressourcen ringen. So unterstützen die beiden Staaten auch im brutalen Sudan-Bürgerkrieg unterschiedliche Seiten. Auch ökonomisch wächst zwischen den beiden Staaten durch die unter Mohammed bin Salman erfolgten Reformen in Saudi-Arabien die Konkurrenz um internationale Fachkräfte und im Tourismus.

Der Konflikt der eigentlich Verbündeten hatte sich in den vergangenen Wochen im verarmten Jemen immer weiter zugespitzt. Die Separatisten des sogenannten Südlichen Übergangsrats (STC), die von den Emiraten unterstützt werden und etwa die Hafenstadt Aden kontrollieren, hatten Anfang Dezember große Gebiete in den ölreichen Provinzen Hadramaut und al-Mahra eingenommen.

Damit setzten sie die Regierung und deren Verbündeten Saudi-Arabien unter Druck. Die Separatisten streben einen unabhängigen Südjemen an, so wie er bereits von 1967 bis 1990 existierte.

Der Jemen fand als Gesamtstaat nie zu Stabilität

Der Jemen war lange geteilt, weil sich im 19. und 20. Jahrhundert zwei sehr unterschiedliche politische Räume herausbildeten: Im Süden errichtete Großbritannien ab 1839 rund um Aden eine Kolonie und später mehrere Protektorate, die schließlich in einen sozialistischen Staat – die Volksdemokratische Republik Jemen – übergingen.

© Gitta Pieper-Meyer TSP

Im Norden dagegen entstand zunächst ein zaiditisches Königreich unter den Imamen und ab 1962 die von konservativ-religiöse Jemenitische Arabische Republik. Regelmäßig kam es zwischen beiden Teilen zu Grenzkonflikte.

Zur Vereinigung 1990 kam es, weil sich am Ende des Kalten Krieges die geopolitischen Realitäten verschoben. Der Süden verlor seine wichtigste Unterstützung aus dem sozialistischen Lager, während der Norden stabile Verhältnisse und wirtschaftliche Entwicklung – etwa durch vermutete Ölvorkommen an der Grenze – anstrebte. Auch gemeinsame Interessen, besonders die Erschließung von Ölfeldern, trugen zur Annäherung bei. So einigten sich beide Regierungen am 22. Mai 1990 auf die Gründung der Republik Jemen.

Die Vereinigung schuf aber keinen stabilen Nationalstaat. Viele Strukturen – Armee, Verwaltung, politische Netzwerke – blieben weiter getrennt. Bereits 1994 kam es zu einem Bürgerkrieg, in dem Kräfte des Südens erfolglos versuchten, erneut einen eigenen Staat auszurufen. Die daraus resultierenden Ungleichheiten und politischen Rivalitäten gehören zu den tiefen Konfliktlinien, die bis heute den Jemen prägen.

Saudi-Arabien fordert Separatisten zum Rückzug auf

Nach Darstellung des STC bombardierte Saudi-Arabien nun Stellungen der Separatisten, wobei es aber Berichten zufolge keine Opfer gab. Beobachter sprachen zunächst von einer Warnung Riads. Das Königreich forderte die Separatisten dann auch explizit zum Rückzug aus den Provinzen auf.

Am Morgen bombardierten saudische Streitkräfte dann Ziele im Hafen Mukalla. Man habe dort einen „begrenzten Militäreinsatz“ durchgeführt, teilte das von Saudi-Arabien angeführte Bündnis im Kampf gegen die Huthi mit. Dieser habe auf Waffen und Militärfahrzeuge gezielt, die von zwei Schiffen im Hafen entladen worden seien. Mutmaßlich sollten die Separatisten dort von den Emiraten Waffen und andere militärische Ausrüstung erhalten.

Das saudische Außenministerium bezeichnete die Schritte der Emirate als „extrem gefährlich“. Jede Bedrohung der nationalen Sicherheit Saudi-Arabiens sei eine „rote Linie“ und das Königreich werde alle notwendigen Schritte unternehmen, um solche Bedrohungen aus dem Weg zu räumen. Die Provinz Hadramaut grenzt an Saudi-Arabien, das wegen des Kriegs im Nachbarland schon lange um die eigene Sicherheit besorgt ist. (dpa/jmi)

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