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„Schlimmster Tag seit Herbst 2022“: Was russische Blogger über die „Operation Spinnennetz“ schreiben
Mehr als ein Dutzend strategische russische Bomber hat der ukrainische Geheimdienst zerstört. Der Kreml spielt das Ausmaß des Angriffs herunter – Kriegsblogger fordern Konsequenzen.
Stand:
Das russische Verteidigungsministerium war von Beginn an versucht, den ukrainischen Angriff auf seine strategischen Bomber herunterzuspielen. „Das Feuer wurde gelöscht. Es gibt keine Opfer unter den Soldaten und Zivilisten. Einige der Terroristen wurden festgenommen“, hieß in der ersten Mitteilung, die das Ausmaß nicht näher definierte. Dabei war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, wie schwer die Ukraine die russische Luftwaffe mit der „Operation Spinnennetz“ getroffen hatte.
Der ukrainische Militäranalyst Oleg Zhdanov erklärte, dass die Zerstörung von mehr als einem Dutzend Flugzeuge nicht nur ein taktischer Erfolg sei, sondern „ein Schlag gegen eine Schlüsselkomponente der nuklearen Triade Russlands“. Seiner Meinung nach könnte die Operation des ukrainischen Geheimdienstes SBU langfristige Folgen haben, da „die Wiederherstellung der Verluste von Tu-95 und A-50 unter den Bedingungen von Sanktionen und der Erschöpfung der Industrie äußerst schwierig oder gar unmöglich sein wird“, sagte Zhdanov dem Tagesspiegel.
Zhdanov fügte hinzu, dass der Drohnenangriff aus dem Inneren des russischen Territoriums „ein schwerwiegender Fehler des Sicherheitssystems ist, den Russland nicht innerhalb weniger Tage beheben kann“. Dies könnte zu einer Überarbeitung der Strategie für die Stationierung und den Schutz von Langstreckenflugzeugen der russischen Luftwaffe führen.
Dass der Kreml den Angriff herunterspielen wollte, überrascht wohl die wenigsten. Deutlich wurde das Ausmaß allerdings durch das, was russische Blogger darüber schrieben.
Der prorussische Kanal „MIG Rossii“ bezeichnete den 1. Juni als „den schlimmsten Tag seit Herbst 2022“, als sich die russischen Truppen aus der südukrainischen Region Cherson zurückzogen. Der Telegram-Kanal „Vagner_group“ verglich den Angriff gar mit „Pearl Harbor“.
Besonderen Sarkasmus löste das Datum des Angriffs aus – der Tag der russischen Militärtransportluftfahrt. Der Kanal „Fighterbomber“ bezeichnete das Ereignis als „schwarzen Tag für die Langstreckenluftfahrt Russlands“.
Der Kriegsberichterstatter der Zeitung „Komsomolskaja Prawda“, Alexander Kots, erklärte, dass ein solcher Schlag „nur eine Frage der Zeit“ gewesen sei – und forderte, „den Mantel des letzten Ritters der Welt abzulegen und mit voller Kraft zuzuschlagen“.
Kreml-Blogger fürchtet „Geschwätz und leere Worte“
Der Blogger Kirill Fedorov forderte Putin in seinem Telegram-Kanal gar auf, die versprochenen Atomtests durchzuführen – und beschuldigte die Nato, die Operation begleitet zu haben.
Gleichzeitig erklärte ein weiterer Kreml-Blogger, Juri Kotenok, dass er nicht mehr an eine „harte“ Reaktion des Kremls glaube und schrieb, dass Russland sich wieder auf „Geschwätz und leere Worte“ beschränken werde.
Der Telegram-Kanal des russischen Bloggers Sergej Koljasnikow berichtete, dass in mehreren Regionen bereits Fahrer von Lastwagen festgenommen worden seien, von denen aus vermutlich die Drohnen gestartet worden seien. Die Lastwagen waren mit Holzrahmen mit ferngesteuerten Dächern ausgestattet. Nach seinen Angaben werden die Fahrer verhört, die Fahrzeuge überprüft und die an die Stützpunkte angrenzenden Gebiete durchsucht.
Der Telegram-Kanal „SHOT“ veröffentlichte ein Video, auf dem ein Lkw zu sehen ist, der als Plattform für den Start von Drohnen diente. Der Gouverneur der Region Irkutsk, Igor Kobzev, bestätigte in seinem Telegram-Kanal, dass die Startquelle in der Nähe der Basis „Belaya“ entdeckt und neutralisiert wurde. Seinen Worten zufolge ist dies der erste derartige Vorfall in Sibirien. Auch in der Region Murmansk laufen demnach „aktive Ermittlungsmaßnahmen“, obwohl keine Details bekannt gegeben wurden.
Pro-Kriegs-Telegram-Kanäle berichten, dass mobile Gruppen gebildet wurden, um Logistikunternehmen und gewerbliche Transportunternehmen zu überprüfen, die Zugang zu strategischen Gebieten haben. Dies deutet auf den russischen Versuch hin, die Bedrohung zu lokalisieren und das weitere Eindringen solcher Operationen im tiefen Hinterland zu stoppen.
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