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Marine Le Pen beim Betreten des Strafgerichts in Paris im November 2024.

© dpa/AFP/ALAIN JOCARD

Prozess wegen Veruntreuung von EU-Geldern: Droht Marine Le Pen das politische Aus?

An diesem Montag fällt das Urteil im Prozess wegen fiktiver Angestellter und der Veruntreuung von EU-Geldern. Der Führerin der Rechtsextremen in Frankreich droht ein Verbot, sich um politische Ämter zu bewerben.

Stand:

Die Nervosität bei Frankreichs Rechtsextremen ist groß. Auch wenn die Fraktionschefin des Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, sich ungerührt kämpferisch zeigt. An diesem Montag fällt das Urteil gegen sie und 24 weitere Personen in dem Prozess wegen Scheinbeschäftigung von EU-Assistenten und Veruntreuung öffentlicher Gelder in organisiertem Stil.

Mit Spannung wird erwartet, ob die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft folgen. Diese hatte nicht nur eine fünfjährige Haftstrafe mit drei Jahren auf Bewährung gefordert, die suspendiert würde, sobald Le Pen Berufung einlegt.

Sondern auch ein fünfjähriges Verbot, bei Wahlen anzutreten, das sofort wirksam sein soll. In diesem Fall könnte Le Pen nicht bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 kandidieren, ihrem vierten und aussichtsreichen Anlauf, französische Staatschefin zu werden.

Dilemma der Richter

Die politische Tragweite dieses zeitweisen Entzugs des passiven Wahlrechts ist ein Problem für die Richter. Dieser wird bei der Veruntreuung öffentlicher Gelder seit einem Gesetz vom Dezember 2016 automatisch verhängt.

Aber das Gericht könnte eine kürzere Zeit der Nichtwählbarkeit verhängen und per gesonderter Erklärung darlegen, warum die Strafe in diesem Fall nicht mit sofortiger Wirkung gelten soll.

Sondern erst im Falle eines endgültigen Urteils nach dem Weg durch alle Berufungsinstanzen. Eine solche Sonderregelung ist laut Gesetz möglich.

Damit könnte Le Pen 2027 antreten oder auch vorher bei erneuten vorgezogenen Parlamentswahlen. Denn mit dem Abschluss des Verfahrens wird nicht vor 2027 gerechnet.

Wählerwille versus Strafrecht

Allerdings würde das die Frage der Ungleichbehandlung vor dem Gesetz aufwerfen. Daher beschäftigt der Fall seit Monaten auch die französischen Juristen und Politikwissenschaftler.

Der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Grenoble-Alpes, Romain Rambaud, schreibt auf dem „Wahlrechtsblog“, der Fall Le Pens „berühre eine fundamentale philosophische Frage“.

Im Aufwind: Europäische rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien, darunter Marine Le Pen für den RN, beim Familientreffen in Madrid Anfang des Jahres. Nun droht Le Pen das „Aus“.

© AFP/Thomas Coex

Wende man das geltende Recht wie üblich an – oder findet man eine Lösung, „die sowohl dem Strafrecht gerecht wird als auch dem Recht der Bürger, ihr Recht in einer so grundsätzlichen Frage wie der Präsidentschaftswahl wahrzunehmen“.

Sollten die Richter aus politischen Gründen keine Ausnahme machen, könnte Le Pen wohl nicht antreten. Dann würde der 29 Jahre alte Parteichef Jordan Barella, der im Falle eines Sieges Le Pens als Premierminister vorgesehen war, für den RN in den Präsidentschaftswahlkampf ziehen. Bardella ist zwar beliebt, aber ihm fehlt Erfahrung. Daher wäre das eine große Unsicherheit für die Partei.

Papas Leibwächter aus EU-Mitteln bezahlt

Marine Le Pen sowie 24 weiteren Parteifunktionären, darunter neun ehemalige EU-Abgeordnete, wird vorgeworfen, zwischen 2004 und Ende Dezember 2016 EU-Gelder zur Bezahlung von Assistenten ihrer EU-Parlamentarier angenommen zu haben.

Parteimitbegründer Jean-Marie Le Pen im Jahr 2014 mit seiner Tochter Marine. Sie hat ihn später wegen seines Antisemitismus aus der Partei ausgeschlossen. Im Januar ist Jean-Marie Le Pen gestorben.

© dpa/Yoan Valat

Die Mitarbeiter hätten aber in der Wirklichkeit für ihre Partei in Frankreich gearbeitet – teilweise oder vollständig. So sollen unter anderem der Leibwächter von Vater Jean-Marie Le Pen oder Marine Le Pens langjährige Büroleiterin mit EU-Mitteln bezahlt worden sein.

Angesichts der fehlenden Einsicht sowie des langen Zeitraums, über den Le Pen dieses System der Scheinbeschäftigung federführend organisiert haben soll, hatte diese Staatsanwaltschaft fünf Jahre Haft, davon drei auf Bewährung, eine Geldbuße von 300.000 Euro sowie den Entzug des passiven Wahlrechts für fünf Jahre – ab sofort – gefordert.

Le Pen hat alle Beschuldigungen zurückgewiesen und im Gerichtssaal erklärt, sie „habe nicht das Gefühl, die geringste Regelwidrigkeit begangen zu haben“.

Sie macht der französischen Politik seit längerem den Vorwurf, politische Entscheidungen zu treffen. Sie sprach von einer „politischen Todesstrafe“, sollte das Gericht die Unwählbarkeit verhängen. „Millionen von Franzosen würden ihrer Präsidentschaftskandidatin beraubt.“

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