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Frankreichs Justizminister Didier Migaud 

© AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT

Tatbestand neu definiert: Frankreichs Justizminister will Sex ohne Zustimmung als Vergewaltigung einstufen

Der laufende Prozess gegen 51 mutmaßliche Vergewaltiger in Avignon hat die Diskussion um die Definition der Vergewaltigung in Frankreich in Gang gesetzt. Das Wort „Zustimmung“ dürfte bald in die gesetzliche Definition aufgenommen werden.

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Frankreichs Justizminister Didier Migaud hat sich offen gezeigt, Sex ohne Zustimmung per Gesetz als Vergewaltigung einzustufen. Eine entsprechende Frage, ob er das Wort „Zustimmung“ künftig in die gesetzliche Definition von Vergewaltigung aufnehmen wolle, beantwortete Migaud am Freitag im Sender France Inter mit „ja“.

Präsident Emmanuel Macron hatte bereits im Frühjahr angekündigt, das Gesetz noch bis Jahresende entsprechend ändern zu wollen. Wegen der vorgezogenen Parlamentswahlen wurde dieses Vorhaben zunächst auf Eis gelegt.

Die Debatte um die Definition der Vergewaltigung ist in Frankreich nun aber durch einen in Avignon laufenden Prozess gegen 51 mutmaßliche Vergewaltiger erneut angefacht worden. Im französischen Recht ist Vergewaltigung jede Form sexueller Penetration, die unter Anwendung von Gewalt, Zwang, Drohung oder Ausnutzung von Überraschung begangen wird.

In den vergangenen Jahren haben mehrere europäische Länder den Tatbestand der Vergewaltigung neu definiert. So stimmte Dänemark 2020 für ein Gesetz, das Sex ohne Zustimmung als Vergewaltigung einstuft. Zuvor hatten auch Schweden, Spanien und Griechenland ihre jeweiligen Gesetze reformiert. Im deutschen Strafgesetzbuch ist der Fall erwähnt, dass „der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern“.

Der neue Justizminister zeigte sich zudem bereit, mit Blick auf den Fall einer vergewaltigten und danach getöteten Studentin die Gesetzeslage zu überprüfen. Der mutmaßliche Täter hätte nach einer Haftstrafe wegen Vergewaltigung nach Marokko abgeschoben werden sollen. Da die marokkanischen Behörden ihm nicht die nötigen Papiere ausstellten, wurde er jedoch unter Auflagen freigelassen.

„Wir werden prüfen, ob die Gesetzeslage ausreicht, um solche Situationen zu verhindern“, sagte Migaud, der als einziger Vertreter der Linken in der neuen Regierung gilt. Der konservative Innenminister Bruno Retailleau hatte nach Bekanntwerden des Falls umgehend angekündigt, „das juristische Arsenal auszuweiten“ und implizit den Justizminister angegriffen. Premierminister Michel Barnier hatte die beiden Minister am Donnerstag zu sich bestellt, um den gärenden Konflikt beizulegen. (AFP)

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