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Trump und Ramaphosa

© Gestaltung: Tagesspiegel/AFP/JIM WATSON, freepik

Thank God It’s International Friday 34: Wie rechte Propaganda funktioniert

Die Themen der Woche: Trumps Kampf gegen Harvard | Propaganda-Lehrstunde im Weißen Haus | Rechte auf dem Vormarsch in Europa | Effektive Sanktionen gegen Putin

Anja Wehler-Schöck
Eine Kolumne von Anja Wehler-Schöck

Stand:

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Kann die Justiz Donald Trump aufhalten? Diese Frage wird nicht nur über die Zukunft einzelner Institutionen wie der Harvard University oder der Online-Enzyklopädie Wikipedia entscheiden, die derzeit im Visier des US-Präsidenten sind.

Sie wird maßgeblich bestimmen, wie weit Trump die USA in Richtung Autokratie umformen kann. Denn Information zu kontrollieren – über die Einflussnahme auf Bildung und Medien – ist für autoritäre Herrschaft ein zentraler Baustein.

Trumps Kampf gegen die Universitäten

Trump und sein Vize JD Vance haben aus ihrer Ablehnung nie einen Hehl gemacht. „Wir müssen die Universitäten in diesem Land ehrlich und aggressiv angreifen“, hat JD Vance, selbst Absolvent der Yale University, bereits 2021 auf der National Conservatism Conference angekündigt. Und dieser Kampf wird nun mit allen Mitteln geführt.

Im Fokus diese Woche: die Harvard University. Ihr teilte US-Innenministerin Kristi Noem am Donnerstag mit, dass sie keine ausländischen Studierenden mehr aufnehmen dürfe, bereits eingeschriebene müssten wechseln.

Zurückgenommen würde diese Entscheidung nur, wenn die Universität der US-Regierung umfangreiche Informationen, darunter Audio- und Videoaufnahmen, über ausländische Studierende zur Verfügung stelle. Dagegen verwahrt sich Harvard. Zum Glück: Denn dieser Anordnung Folge zu leisten, käme der Zusammenarbeit mit einem Überwachungsstaat gleich.

Eine Bundesrichterin hat die Entscheidung der Trump-Administration gestoppt. Vorläufig. Wie geht es für die Universität und ihre knapp 7.000 Studierenden nun weiter? Lesen Sie dazu das Interview meiner Kollegin Miray Caliskan mit Kai Sicks, dem Generalsekretär des DAAD Deutscher Akademischer Austauschdienst. 👇

Trumps Schnellkurs: Fakenews für Fortgeschrittene

Keinerlei Handhabe hat die Justiz indes darüber, was der US-Präsident so von sich gibt. Trump ist ein Marketing-Profi. Nachhaltig Fehlinformationen zu verbreiten, beherrscht er wie kaum ein anderer. Das musste diese Woche der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa bei seinem Besuch im Weißen Haus erfahren.

Trump warf seinem Gast vor, in Südafrika fände ein Massenmord an weißen Farmern statt. Mehrere Faktenchecks wiesen nach, dass die Fotos und Videos, die der US-Präsident Ramaphosa zeigte, das nicht belegen und teils sogar aus anderen Ländern stammen. 👇

Mit seinen Anschuldigungen greift Trump das Narrativ des „weißen Genozids“ auf. Es geht auf den rechtsradikalen Terroristen David Lane zurück, der verschiedenen „White Supremacy“-Gruppen wie dem Ku-Klux-Klan angehörte. Diese Verschwörungstheorie, die Rechtsradikale in den USA seit vielen Jahren verbreiten, unterstellt, dass weiße Bevölkerungsgruppen systematisch und absichtlich vernichtet würden.

Dass sie nun auch aus dem Weißen Haus verbreitet wird, ist frappierend. Und Trumps Strategie geht auf. Denn die Botschaft ist mit seinen Äußerungen gesetzt. Die Faktenchecks werden nur diejenigen lesen, denen bereits klar ist, wie sehr die Vorwürfe des US-Präsidenten die Wirklichkeit verzerren.

Für eine anschauliche Erzählung über die alltäglichen Gräuel des Apartheid-Regimes, unter dem Nicht-Weiße in Südafrika bis Anfang der 1990er Jahre litten, lege ich Ihnen die Autobiographie „Born a Crime“ des US-Komikers Trevor Noah ans Herz.

Trumps Vorwürfe sind übrigens keine leere Rhetorik. Während die US-Regierung diese Woche beginnen wollte, Geflüchtete aus dem Südsudan wieder in das vom Bürgerkrieg erschütterte Land abzuschieben, bietet Trump weißen Südafrikanern Asyl in den USA an.

Europas Rechte auf dem Vormarsch

Drei EU-Mitgliedstaaten haben am vergangenen Sonntag gewählt: Polen, Portugal und Rumänien. Auch wenn der Sieg des Pro-Europäers Nicoșur Dan bei der rumänischen Präsidentschaftswahl ein wichtiger Erfolg ist, offenbaren die drei Abstimmungen, wie rechte Kräfte in Europa weiter an Einfluss gewinnen. Lesen Sie dazu meinen Leitartikel. 👇

Unterstützung erfahren die rechten Kräfte in Europa aus den USA. Dort hatte der Thinktank Heritage Foundation mit dem „Project 2025“ in den vergangenen Jahren die Blaupause für die zweite Amtszeit von US-Präsident Trump vorbereitet. Ein ähnliches Vorhaben verfolgt Heritage nun in Europa. Was es mit dem Projekt „The Great Reset“ genau auf sich hat, beschreibt Sophie Pornschlegel in ihrem Gastbeitrag für den Tagesspiegel . 👇

Ukraine-Krieg: Europa unter Zugzwang

Wenig erhofft hatte ich mir vom Telefonat zwischen Trump und Putin. Und beide Herren haben mit ihrem Gespräch an diesem Montag meine Erwartungen voll und ganz erfüllt. Es zeigt einmal mehr: Um den Krieg in der Ukraine zu beenden und die eigene Zukunft zu sichern, muss Europa dringend handeln.

Die Ukraine benötigt auch künftig umfangreiche und zuverlässige Waffenlieferungen. Denn die Ukrainer haben keine andere Wahl als weiterzukämpfen, wie der Militärexperte Markus Reisner im Interview mit meiner Kollegin Hannah Wagner sagt. 👇

Flankiert werden muss dies zum einen durch den kontinuierlichen Aufbau der militärischen Abschreckung Europas. Zum anderen braucht es eine harte Sanktionspolitik gegen Russland, die Russlands Wirtschaft auch kurzfristig noch stärker schwächt.

„Um das Töten zu beenden, muss man auf denjenigen einwirken, der tötet“, hat mir die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in unserem Gespräch gesagt. „Einen Durchbruch könnten wir mit deutlich verschärften Sanktionen erzielen – so, wie sie der US-Senator Lindsey Graham gerade fordert“, erklärt die Estin. Lesen Sie das ganze Interview hier. 👇

Wie Sanktionen gegen Russland effektiv gestaltet werden können, konnte ich am vergangenen Wochenende mit einer Expertenrunde bei der Lennart Meri Conference in Tallinn diskutieren. Das Gespräch fand unter der „Chatham House“-Regel statt, aber so viel darf ich sagen. Der Konsens war klar: Sanktionspolitik kann nur dann greifen, wenn sie durchdacht und konsequent ist. Ultimaten zu verhängen oder Drohungen auszusprechen, die dann nicht eingehalten werden, ist kontraproduktiv. Wie sich Bundeskanzler Merz bislang mit seiner Ukraine-Politik schlägt, analysiert mein Kollege Christopher Ziedler hier. 👇

Die kommenden Tage darf ich in der armenischen Hauptstadt Eriwan verbringen. Ich freue mich darauf, beim Yerevan Dialogue eine Diskussion mit mehreren Außenministern über die geopolitischen Auswirkungen auf die Region zu moderieren. Hier können Sie die Veranstaltung im Stream verfolgen.

Das war’s von mir für heute. Alles Gute und ein schönes Wochenende.

Herzlich

Ihre Anja Wehler-Schöck

P.S.: Vielen Dank an Johannes Altmeyer fürs Feedback und an Sascha Lobers für die Graphik!

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