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Trump, Ukraine und „europäische Schweinchen“: Drei brisante Zitate aus Putins neuer Rede und was sie bedeuten
Der russische Machthaber hat vor seinen Beamten ausgebreitet, was er über den US-Präsidenten, Europa und die Ukraine denkt. Wir dokumentieren wichtige Propagandaaussagen und kontextualisieren sie.
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Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch bei der jährlichen Vorstandssitzung des Verteidigungsministeriums in Moskau eine von Propaganda durchzogene Rede gehalten. Drei Aussagen fallen dabei besonders auf. Vor dem Hintergrund einer leichten Annäherung zwischen den USA und Europa in den Ukraineverhandlungen geben sie Hinweise auf die aktuelle russische Sicht. Der Kreml fühlt sich den USA unter Präsident Donald Trump demnach deutlich näher als Europa – und formuliert einen Anspruch auf „historische Gebiete“.
1 Putin lobt Trump
„Präsident Trump sagt, dass es so etwas nicht gegeben hätte, wenn er damals Präsident gewesen wäre. Das mag stimmen“, sagt Putin über seinen US-amerikanischen Kollegen und den Krieg in der Ukraine. Damit übernimmt Putin eine oft wiederholte Behauptung Trumps, der die Verantwortung für den Krieg an die Vorgängerregierung des Demokraten Joe Biden abschieben will. Tatsächlich aber hat Russland den Ukrainekrieg begonnen: 2014 wurde die Krim annektiert, anschließend wurden Separatisten im Osten der Ukraine unterstützt und seit Februar 2022 führt die russische Armee eine Invasion im Nachbarland durch.
Putin sieht in seiner Rede außerdem Fortschritte in den Verhandlungen zwischen Russland und den USA über eine Beendigung des Ukrainekriegs. Auch an dieser Stelle scheint also ein Lob für Trump durch.
Faktisch jedoch hat sich Russland in bald vier Jahren seit der Invasion noch nicht mal auf einen längeren Waffenstillstand eingelassen. Eine Kompromissbereitschaft etwa bei den für die Ukraine wichtigen Territorialfragen ist nicht erkennbar; stattdessen forderte Russland sogar Gebiete, die es noch nicht erobert hat.
2 Putin sieht die Ukraine als Russlands „historische Gebiete“
Angesichts russischer Propagandaverlautbarungen wie der von Außenminister Sergej Lawrow konnte zuletzt der Eindruck entstehen, dass Russland in der Begründung seines Angriffskriegs vorwiegend mit Selbstverteidigung argumentiert. Putin jedoch spricht in seiner Rede davon, dass Russland bei einem Scheitern der Diplomatie „die Befreiung seiner historischen Gebiete mit militärischen Mitteln erreichen wird“.
An dieser Stelle wird deutlich, worum es dem Kreml tatsächlich geht: nicht um eine Verteidigung gegen die Nato, wie sie in Propagandaerzählungen bemüht wird, nicht nur um die Absetzung einer vermeintlich illegalen Regierung in Kiew, sondern um die kriegerische Erweiterung des russischen Staatsgebiets mit pseudohistorischer Begründung. Gleichzeitig lässt die Pluralformulierung „Gebiete“ den Interpretationsraum offen für weitere Länder, auf die Putin einen Anspruch erhebt.
3 Putin bezeichnet europäische Staatschefs als „Schweinchen“
Gegenüber den USA ist Putin in seiner Rede um einen freundlichen Tonfall bemüht, für europäische Politiker zeigt er dagegen offene Verachtung. In Putins Lügengeflecht ist nicht Russland mit seiner Invasion schuld am Ukrainekrieg, sondern es ist die US-Regierung von Joe Biden – „und die ‚europäischen Schweinchen‘ schlossen sich sofort den Bemühungen der früheren amerikanischen Regierung an, in der Hoffnung, vom Zusammenbruch unseres Landes zu profitieren“.
Die im Netz auffindbaren Übersetzungen für Putins Betitelung der europäischen Regierungen variieren etwas. Doch ob man „европейские подсвинки“ nun mit „europäischen Ferkeln“, „Schweinchen“ oder „kleinen Schweinchen“ übersetzt, macht in der Sache keinen Unterschied.
Über Europa selbst sagt Putin, „dass es dort keine Zivilisation gibt“. Der Kreml kämpft demnach nicht nur militärisch oder mit Cyberattacken, Sabotage und Desinformation, sondern sieht sich auch in einem kulturellen Konflikt mit dem Westen.
Was bedeutet Putins Rede für die Verhandlungen?
Russische Zugeständnisse für einen Ukrainefrieden erscheinen angesichts dieser Aussagen unwahrscheinlich. Westliche Militär- und Osteuropaexperten betonen seit Jahren, dass es dafür mehr Druck auf dem Schlachtfeld und mehr wirtschaftliche Sanktionen bräuchte.
Der falsche russische Anspruch einer „Befreiung historischer Gebiete“ steht dem ukrainischen Existenzrecht diametral entgegen. Es sind insbesondere Aussagen wie diese, wegen derer Kiew so stark auf westliche Sicherheitsgarantien pocht.
Diese Woche gab es in dieser Frage etwas Bewegung, als die USA eine entsprechende Zusicherung in Aussicht stellten. Die Europäer wiederum haben verkündet, zur Absicherung einer Vereinbarung zwischen Kiew und Moskau eine multinationale Truppe in der Ukraine stationieren zu wollen. Die Bereitschaft des Kremls, ausländische Soldaten dort zu akzeptieren, bleibt jedoch weiter offen. (mit dpa)
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