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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird bei den Friedensverhandlungen mit Russland nicht mitreden können.

© REUTERS/Evelyn Hockstein

Trump und Putin verhandeln über die Ukraine: Die gedemütigten Staaten von Europa

Am Freitag verhandeln der US-Präsident und der Kremlchef über eine Waffenruhe in der Ukraine. Die Europäer können bloß zuschauen. Daran sind sie selbst schuld.

Knut Krohn
Ein Kommentar von Knut Krohn

Stand:

Wladimir Putin und Donald Trump treffen sich in der Abgeschiedenheit von Alaska, um über die Zukunft der Ukraine zu verhandeln. Und damit auch unmittelbar über den Frieden im Rest des Kontinents – allerdings wird kein Europäer mit am Tisch sitzen. Das ist eine Demütigung.

Zwar lädt Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch kurzfristig zu einer Video-Konferenz mit den europäischen Regierungschefs, US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyi, in der es nach Berliner Regierungsangaben „unter anderem um weitere Handlungsoptionen geht, um Druck auf Russland zu erzeugen“. Allerdings ist es mehr als fraglich, ob sich der US-Präsident noch von seinem nun eingeschlagenen Kurs in Sachen Ukraine tatsächlich abbringen lässt.

Was das heißt, hat US-Vizepräsident J. D. Vance in diesen Tagen erklärt: Die Amerikaner seien es leid, weiter ihre Steuergelder für diesen Konflikt auszugeben.

Europa ist auf die USA angewiesen

Und er sagt einen richtigen Satz, der selbstkritisch auch immer wieder in den Reihen der EU formuliert wird: Die Europäer sind selbst für den Konflikt direkt vor ihrer Haustür verantwortlich. Vance argumentiert in diesem Fall aber nicht nur als Politiker, sondern auch als geschäftstüchtiger Handelsreisender.

Er weiß, dass die Europäer bei der Hilfe für die Ukraine auf den massiven Kauf von Waffen aus den USA angewiesen sind. Unter Donald Trump ist es kein Geheimnis, dass Washington schlicht Geschäfte machen will – und dabei auch nicht vor erpresserischen Maßnahmen zurückschreckt.

Die Vorstellungen der USA von einer Friedenslösung unterscheiden sich außerdem in einem anderen, sehr wesentlichen Punkt von jenen der Ukraine und auch der Europäer. US-Präsident Trump hat immer wieder erklärt, dass Kiew zu Gebietsabtretungen an Russland bereit sein müsse. Auch nach Ansicht von Nato-Generalsekretär Mark Rutte wird sich diese Frage bei künftigen Verhandlungen kaum vermeiden lassen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterstrich bis zuletzt, dass er das nicht akzeptieren werde. Wie es im Moment aussieht, wird er dazu allerdings wenig zu sagen haben – Selenskyj ist zu den Verhandlungen über die Zukunft seiner Heimat bisher noch nicht einmal eingeladen.

Im Moment kann allerdings niemand voraussagen, wie das Treffen zwischen den beiden Staatschefs ausgehen wird. Das hat nicht nur mit der bestürzenden Konzeptlosigkeit auf Seiten der US-Administration zu tun. Auch Präsident Wladimir Putin, der Russland schon vor Jahren eine selbstzerstörerische Kriegswirtschaft auferlegt hat, hat weniger Spielraum, als er vielleicht selbst glaubt.

Machen Donald Trump und Wladimir Putin den Frieden unter sich aus?

© AFP/ALEXEY NIKOLSKY

Das Ergebnis wird allein bestimmt von Donald Trump. Doch erliegt der US-Präsident seiner offensichtlichen Bewunderung für den russischen Kremlherrscher, oder drängt er Putin endlich zu dem von ihm geforderten „Deal“?

Und Europa? Dort ist angesichts der eigenen Machtlosigkeit erneut von einem durchdringenden Weckruf die Rede. Davon gab es in den vergangenen Wochen allerdings mehrere. Beim Nato-Gipfel im Juni ist die EU schon vor Trump auf die Knie gefallen, am Ende waren alle froh, dass die USA überhaupt in der Allianz geblieben sind.

Die nächste Demütigung wartete jüngst bei der Einigung im Zoll-Streit, als die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sowie Heimat des größten Binnenmarktes vor Trump kläglich kapitulierte und sich mit 15 Prozent Strafzöllen zufriedengeben musste.

In einer Welt, in der immer häufiger die Gesetze des Dschungels gelten, muss sich die EU endlich auf die eigenen Stärken besinnen. Ohne grundlegende Reformen wird das allerdings nicht gelingen. Während Trump in den USA mit Dekreten regieren kann, muss sich die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf der Suche nach dem kleinsten Nenner mit 27 Regierungen abmühen.

Will die Union eine Zukunft haben, muss die Zusammenarbeit in allen Bereichen verstärkt und Machtstrukturen verschoben werden. Der Krieg in der Ukraine und die erfolgreiche Erpressung durch Trump zeigen zudem, dass Europa endlich eine gemeinsame Sicherheitsstruktur und schlagkräftige Verteidigung aufbauen muss.

Die EU muss die lähmende Kleinstaaterei endlich überwinden – viele Weckrufe wird es nicht mehr geben.

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