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Trump-Unterstüter in New York

© Getty Images via AFP/ADAM GRAY

Trump will Grönland und Kanada: Ist staatliche Souveränität immer weniger wert, Frau Deitelhoff?

Trump fantasiert über Grönland und Kanada, Putin will die Ukraine unterwerfen. Wie sich der Blick auf staatliche Souveränität gewandelt hat, erklärt unsere Kolumnistin in „Die Welt im Blick“.

Eine Kolumne von Nicole Deitelhoff

Stand:

Es ist eigentümlich, wie unterschiedlich diese Frage heute wahrgenommen wird: Im Kontext der gegenwärtigen Weltlage schwingt darin eine Sorge vor dem Verlust staatlicher Souveränität mit, die diese als etwas unbedingt Schützenswertes betrachtet.

Ganz anders als in früheren Zeiten, in denen die Abwertung von Souveränität mit ihrem Korrelat der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten als Zeichen des zivilisatorischen Fortschritts betrachtet wurde.

Staaten sollten sich nicht mehr hinter Souveränität verstecken können, um ungestraft ihre Bevölkerungen zu unterdrücken oder schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen.

Die Europäische Union galt als Modell für eine Zukunft, in der die einzelstaatliche Souveränität zugunsten einer geteilten supranationalen Souveränität zurücktreten würde und dadurch mehr Wohlstand, Freiheit und Frieden für alle erreicht werden würde.

Gegen Trump und Putin hilft nur Zusammenhalt

Wie konnte sich unsere Wahrnehmung so gravierend verändern? Passiert ist vor allem eines: Willkür. Die positive Sicht auf eine Überwindung staatlicher Souveränität war an die Realisierung von mehr Rechten für mehr Menschen geknüpft.

Die heutige Lage ist dagegen eine, in der mit der Überwindung von Souveränität der Rückfall in Rechtlosigkeit, in eine Politik der Macht statt des Rechts droht.

Russlands Angriff auf die Ukraine nimmt dem Land das Recht auf Selbstbestimmung und überzieht es mit Gewalt und Terror. Trumps nicht mehr nur angedeutete Drohungen, Grönland zu annektieren oder den Panamakanal zu übernehmen, gehen – egal mit welchen Motiven sie vorgetragen werden – in die gleiche Richtung.

Der Schutz der staatlichen Souveränität steht immer dann im Vordergrund, wenn es keine effektiven internationalen Regelsysteme gibt, die für Schutz sorgen.

Seit knapp drei Jahren kämpfen ukrainische Soldaten gegen eine russische Großinvasion – und für die territoriale Unversehrtheit ihres Landes.

© AFP/Roman Pilipey

In der Angst um die staatliche Souveränität spiegelt sich mithin vor allem die sorgenvolle Ahnung, dass die internationale Ordnung und ihre zivilisierende Kraft – auch gegenüber den Großmächten – zu zerfallen beginnt.

Gegen die Trumps und noch weniger gegen die Putins dieser Welt wird uns keine noch so starke staatliche Souveränität schützen können, sondern nur das Zusammenstehen.

Nur wenn sich die Staatengemeinschaft gegen die Möchtegern-Tyrannen zusammenschließt, kann sie diesen Rückfall verhindern. Die EU könnte immer noch modellgebend sein, wenn sie zum Anker eines solchen Zusammenschlusses würde.

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