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Trumps „Friedensplan“ für die Ukraine: Das laute Klagen in Europa ist heuchlerisch
Entsetzt reagieren viele Europäer auf Trumps Plan, der den Krieg in der Ukraine beenden soll – aber einer Kapitulation gleicht. Doch was haben sie getan, um das Desaster zu verhindern?

Stand:
Man kann sich viel darüber empören, was für ein grausamer Kriegstreiber Kremlchef Wladimir Putin ist. In diesen Tagen gibt es dafür allen Grund.
Man kann argumentieren, dass einer, der mitten in Verhandlungen die ukrainische Hauptstadt Kiew so brutal bombardieren lässt, dass zwölf Menschen sterben, nicht einmal das kleinste Interesse an Frieden hat.
Man kann sich auch darüber auslassen, was für ein unmoralischer Politiker US-Präsident Donald Trump ist. Darüber, dass sein finaler „Friedensplan“ im Grunde einer erzwungenen Kapitulation der Ukraine gleicht und darüber, dass er die russische Propaganda mittlerweile so sehr übernommen hat, dass Putin sein Glück vermutlich selbst nicht fassen kann.
All das ist richtig. Aber es bringt wenig, es ständig zu wiederholen. Weil es hinreichend bekannt ist – zumindest allen, die noch nicht vergessen haben, wer in diesem Krieg Opfer und wer Täter ist. Mehr noch: Das laute Klagen vieler Europäer ist wohlfeil. Es verkennt, dass man selbst bislang keine bessere Idee für eine Lösung des Konflikts hatte.
Wo ist Europas Friedensplan?
Denn wo ist der umfangreiche Friedensplan, der als Alternative zu Trumps Vorhaben herhalten könnte? Am Freitag präsentierten mehrere Unterstützerstaaten immerhin gemeinsam mit Vertretern der Ukraine einen ersten Gegenentwurf zu Trumps einseitigem Papier. Doch der Entwurf bleibt an vielen Stellen vage, enthält etwa keine Details zu Sicherheitsgarantien.
Was haben die Europäer aktuell zu bieten, außer bemüht klingender Durchhalteparolen? Und: Wo war ihre Entschlossenheit, als es in den vergangenen Monaten darum ging, die Ukraine in eine möglichst starke Verhandlungsposition zu bringen?

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Sicher, die Solidarität westlicher Staaten nach dem 24. Februar 2022 war groß. Aber eben nie groß genug. Immer musste – und muss – Kiew lange betteln. Um Leopard-Panzer, um F-16-Kampfjets, um Taurus-Marschflugkörper. Wenn die Hilfe dann kam, kam too little too late – zu wenig, zu spät. Und jetzt wundert man sich, dass das angegriffene Land Putins Truppen wenig entgegenzusetzen hat.
Trumps Plan beendet das Sterben nicht
Manche mögen sich fragen: Wäre es dann jetzt nicht das Beste, Trumps Plan zu akzeptieren? Wenn es keinen besseren Vorschlag gibt, den zu nehmen, der verspricht, zumindest das Sterben in der Ukraine zu beenden?
Doch so einfach ist es nicht. Denn das Sterben wird nicht aufhören, solange die Ukraine keine verlässlichen Sicherheitsgarantien erhält, die weitere russische Angriffe in Zukunft verhindern. Das Sterben wird bestenfalls pausieren – um dann umso schlimmer weiterzugehen.

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Das lehrt die Erfahrung aus dem Minsker Abkommen, das den seit 2014 tobenden Krieg in der Ostukraine beenden sollte. Das lehrt auch der gesunde Menschenverstand: Denn warum sollte Putin von seinen maximalen Kriegszielen abrücken, wenn man ihm keine Hindernisse in den Weg stellt? Wenn er versteht, dass er all das Land, das er sich gewaltsam unter den Nagel reißt, am Ende widerspruchslos behalten darf?
Europa steht vor einem Drahtseilakt
Es führt kein Weg daran vorbei: Wenn das Leid der Ukrainer beendet werden soll, müssen europäische Staaten, die sich zur Ukraine bekennen, endlich vollen Einsatz zeigen.

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Sie müssen schleunigst eine einsatzfähige Schutztruppe zusammenstellen, die einen möglichen Waffenstillstand absichern könnte. Sie müssen die militärische Unterstützung für die Ukraine noch einmal hochfahren – denn ohne Druck wird Russland, das es dank Trump gewohnt ist, alles auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen, natürlich zu keinerlei Zugeständnissen bereit sein. Kurz: Sie müssen dem Herrscher im Kreml rote Linien aufzeigen.
Bei alldem muss Europa äußerst diplomatisch agieren, darf die US-Administration nicht verprellen. Denn würde die sich komplett zurückziehen, wäre das für Kiew ein Desaster.
Zugegeben, das ist eine Mammutaufgabe. Aber es ist die einzige Hoffnung auf einen gerechten Frieden, die jetzt noch bleibt. Mit dem Finger auf Putin und Trump zu zeigen, reicht jedenfalls nicht.
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