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Umringt von Fans und einer protestierenden Demokratin: Donald Trump im US-Kongress.

© Reuters/Evelyn Hockstein

Trumps Auftritt vor dem Kongress: Der US-Präsident zeigt, wie gefangen er in seiner Parallelwelt ist

In einer Marathonrede reklamiert US-Präsident Donald Trump nach nur sechs Wochen Amtszeit triumphale Erfolge für sich und zeigt der übrigen Welt die kalte Schulter. Den Demokraten fehlt derweil eine gemeinsame Strategie.

Christoph von Marschall
Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Stand:

Drei Dinge stachen bei Donald Trumps erster Rede an die Nation in seiner zweiten Amtszeit heraus: Der Präsident steht sich mit einem Geltungsdrang selbst im Weg. Viele seiner eingeleiteten Politikwechsel finden breiten Beifall. Und eine effektive Opposition ist nicht zu sehen.

Der 78-Jährige hielt eine mehr als anderthalbstündige Marathonrede: eine physische Leistung ohne sichtbares Zeichen von Anstrengung.

Nach wenigen Minuten war klar: Trump kann das Aufschneiden nicht lassen und greift zu offenkundigen Lügen, die jeder Faktencheck umgehend entlarvt.

Zum ersten Mal seit langer Zeit sieht eine Mehrheit der Bürger die USA wieder auf dem richtigen Weg, behauptete Trump. Das ist gelogen. Im Schnitt der Umfragen sagen 42 Prozent, die USA bewegten sich in die richtige Richtung, 51,6 Prozent sehen ihr Land auf dem falschen Gleis.

Die Demokraten hatten sich offenkundig vorgenommen, bei jeder solcher Unwahrheit zu protestieren. Sie hoben Schilder mit der Aufschrift „Falsch“ in die Höhe und johlten.

Phasenweise konnte Trump der Versuchung nicht widerstehen, eine Parallelwelt zu skizzieren, die dem Realitätstest nicht standhält.

Christoph von Marschall

Doch die Republikaner waren ebenfalls vorbereitet. Widerspruch bei einer Präsidenten-Rede wird nicht geduldet. House Speaker Mike Johnson forderte energisch Respekt ein und drohte, Störer aus dem Saal werfen zu lassen.

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Sichtbar wurde auch: Die Demokraten haben keine Machtbasis für Opposition. Die entscheidenden Positionen sind mit Republikanern besetzt. Zudem können sie sich nicht mal auf eine gemeinsame Strategie einigen. Manche boykottierten die gemeinsame Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat. Andere wollten im Saal protestieren. Mit der Zeit wurde es immer stiller in ihren Reihen.

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Viele der Politikwechsel Trumps sind populär

Trump könnte ein noch leichteres Spiel haben, wenn er sich auf seine Stärken besinnen würde, statt Fake News zu predigen. Viele der von ihm eingeleiteten Politikwechsel sind populär: das härtere Vorgehen gegen illegale Migration; die Ankündigungen, dass Leistung entscheidend für Beförderungen sein soll und nicht Hautfarbe und Geschlecht; das Beharren auf nur zwei biologischen Geschlechtern samt rigoroser Umsetzung bei Zulassung zum Sport und Zugang zu nach Geschlechtern getrennten Räumen. Mit „Woke“ ist es vorbei.

In der Galerie saßen Frauen, Männer und Jugendliche, die für diese Politikwenden stehen. Sie erhielten energischen Beifall von den Republikanern. Den Demokraten blieb nichts anderes übrig, als mitzuapplaudieren oder ohnmächtig zu schweigen.

Als Trump dann noch Beispiele für einen verschwenderischen Umgang mit Steuergeldern zitierte, hatte sein Auftritt fast Kabarett-Charakter. Auch da wartet Arbeit auf die Faktenchecker: Werden tatsächlich viele Milliarden Dollar Entwicklungshilfe für lachhafte Projekte und Sozialleistungen an Menschen ausgezahlt, die laut Datenbasis über 120 oder gar über 160 Jahre alt sein sollen? Seine Pointe, die US-Gesellschaft sei offenbar gesünder, als er sich habe vorstellen können, provozierte Heiterkeit.

In 14 Tagen droht erneut Zahlungsunfähigkeit

Phasenweise konnte Trump der Versuchung nicht widerstehen, eine Parallelwelt zu skizzieren, die dem Realitätstest nicht standhält. Dabei geht es nicht nur um seine grotesken Superlative. Es habe noch nie weniger illegale Migranten als unter ihm gegeben. Die US-Wirtschaft sei noch nie besser gelaufen als in seiner ersten Amtszeit und so weiter.

Die Realität wird ihn schon bald einholen. Trump prahlte, er werde erstmals seit langem für einen ausgeglichenen Staatshaushalt sorgen. In 14 Tagen droht den USA die Zahlungsunfähigkeit, weil sie wieder einmal die Schuldenobergrenze erreichen.

Der übrigen Welt zeigte Trump die kalte Schulter. Außenpolitik war ihm nur wenige Minuten Redezeit wert. Der Panamakanal kommt zurück unter US-Kontrolle. Grönland wird sich den USA anschließen, so oder so. Und der ukrainische Präsident Selenskyj ist nach dem Eklat im Oval Office jetzt doch friedenswillig. Das Rohstoffabkommen werde nun zügig unterschrieben.

Ach so: Trump will auch Signale von Putin erhalten haben, dass der ebenfalls Frieden wolle. Worauf sich das stützt, sagte Trump nicht.

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