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Für sie begann die Party zur Amtseinführung schon am Samstag: Donald (links) und Melania Trump schauen sich ein Feuerwerk im Trump National Golf Club Virginia an.

© Reuters/Alex Brandon/Pool

Trumps Rückkehr ins Weiße Haus: Jetzt kommt die nächste Zeitenwende

Der Schock über das Comeback von Donald Trump darf nicht zur Passivität führen. Denn die Konsequenzen seines Wahlsiegs sind gravierend – und das längst nicht nur für die Amerikaner.

Juliane Schäuble
Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Stand:

In der amerikanischen Hauptstadt hat sich ein Gefühl der Unausweichlichkeit ausgebreitet: Der Versuch, Donald Trump für immer aus der Politik zu verbannen, ist krachend gescheitert. Nun werden alle mit den Konsequenzen klarkommen müssen, und das längst nicht nur in den USA.

Während sich die einen bereits in Unterwerfungsgesten üben, stecken die anderen mit ihrem Widerstand gegen den Möchtegern-Autokraten noch in der Findungsphase.

Jüngstes Beispiel: Zum Anti-Trump-Protest am Samstag vor dem Lincoln Memorial kamen statt einer Million Menschen wie vor acht Jahren nur ein paar Zehntausende.

Diese Ermattung ist einerseits verständlich: Wenn Trump eines beherrscht, dann ist es die Strategie der Zermürbung. Zwei Impeachments, diverse juristische Verfahren und Wahlkämpfe, deren einziges Ziel es war, ihn zu verhindern, sind an ihm abgeprallt. Statt sein politisches Ende hat all das seine triumphale Wiederauferstehung eingeleitet.

Aber Ermattung kann sich gerade jetzt niemand leisten. Nicht in Washington und auch nicht in den Hauptstädten Europas. Denn in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten wird sich eine Zeitenwende abspielen, die ihresgleichen sucht.

Amerika unter Trump bedeutet Machtpolitik in Reinform: Sicherheit nur noch gegen Bezahlung, Deals statt multilateraler Abkommen, Zölle als Mittel der Politik.

Juliane Schäuble, Tagesspiegel-Korrespondentin in Washington

Das Tempo ist schon jetzt atemberaubend: Selbst eine der umstrittensten Kabinettsnominierungen, die des offensichtlich ungeeigneten Pete Hegseth für das mächtige Pentagon, soll schon an diesem Montag, dem Tag von Trumps Amtsantritt, beschlossene Sache sein.

Der Senat mit seiner neuen republikanischen Mehrheit gibt sich als willfähriger Vollstrecker des Präsidenten – und behandelt das Konzept der „checks and balances“ als Relikt aus der Vergangenheit.

Die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus ist dünn, aber ebenfalls entschlossen, Trumps Agenda des „America First“ umzusetzen. Die von der Niederlage demotivierte Demokratische Partei muss sich schnell wieder berappeln, soll dieser Zustand nicht über die Kongress-Zwischenwahlen 2026 hinaus andauern.

Das gilt auch für die konkrete Politik, mit der der designierte Präsident das Land umkrempeln will. Grenzbeamte und andere Offizielle stehen schon bereit, um die geplanten Massenverhaftungen von illegal Eingewanderten umzusetzen. Das Ziel: schnell und schmutzig ein Exempel statuieren, um andere Migranten abzuschrecken.

Wie die US-Wirtschaft am Laufen gehalten werden soll, wenn bis zu fünf Prozent der amerikanischen Arbeiter abgeschoben würden, wird nachrangig behandelt. Hier sind die Bundesstaaten und Städte gefragt, mit ihren Mitteln Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Europa steht vor einem Rendezvous mit der Realität

Ähnlich schnell wirkt sich auf internationaler Ebene die Rückkehr Trumps aus: Noch vor seinem Amtsantritt gelang auf einmal der Durchbruch in den Verhandlungen um einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung einiger Geiseln.

Den Krieg in der Ukraine wird der neue Präsident zwar nicht wie mal vollmundig angekündigt am ersten Tag beenden können. Aber an einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin wird offenbar schon gearbeitet. Den Druck auf die Nato-Partner, mehr für ihre eigene Verteidigung auszugeben, hat Trump längst erhöht.

Was heißt das alles für die Europäer, die sich an die Führungsrolle der Vereinigten Staaten auf der Weltbühne doch so sehr gewöhnt haben? Amerika unter Trump bedeutet Machtpolitik in Reinform: Sicherheit nur noch gegen Bezahlung, Deals statt multilateraler Abkommen, Zölle als Mittel der Politik.

Brüssel, Paris und Berlin steht ein Rendezvous mit der Wirklichkeit bevor – ob die Regierungen sich dieser neuen Realität allein oder gemeinsam stellen, wird entscheidend sein. Denn es ist so: Nur gestärkt und geeint kann die EU ein ebenbürtiger transatlantischer Partner sein.

Bei allem berechtigten Unwohlsein: Dazu gibt es keine Alternative. Die italienische Premierministerin Georgia Meloni, als einzige Regierungschefin der EU von Trump persönlich zur Inauguration geladen, kann nicht alleine Europas Vertreterin in den USA sein.

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