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Ukrainische Soldaten der 117. separaten schweren mechanisierten Brigade sitzen im Unterstand, nachdem sie von ihrer Panzerartillerie AS-90 aus auf russische Stellungen an der Frontlinie in Richtung Pokrowsk, Region Donezk, geschossen haben.

© dpa/Evgeniy Maloletka

Ukraine-Invasion, Tag 1057: Wie der Verlust einer Mine die Kampffähigkeit der Ukraine beeinträchtigt

Trump-Berater sehen Ukraine-Lösung frühestens in Monaten + Russland und Ukraine tauschen 50 Kriegsgefangene aus + Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Russland rückt im Osten der Ukraine immer weiter vor. Ein wichtiges Ziel ist Pokrowsk. Gestern musste der Miteigentümer Metinvest den Betrieb der dort gelegenen Kohlemine einstellen. Es handelte sich hierbei um das letzte Bergwerk zum Abbau von Kokskohle unter ukrainischer Kontrolle. Metinvest hat versucht, die Mine bis zum allerletzten Moment in Betrieb zu halten. Dieser war gestern dann offenbar gekommen.

Die Mine hat große Bedeutung für die Stahlproduktion und für das ukrainische Militär. Aus dem Stahl werden Schienen für die ukrainische Eisenbahnen hergestellt, die jetzt im Krieg eine wichtige Transportader darstellen. Auch für die Helme der Soldaten braucht es Stahl. Außerdem ist Stahl das zweitwichtigste ukrainische Exportprodukt.

Die „New York Times“ (Quelle hier) hat mit Männern gesprochen, die in der Mine gearbeitet haben. Maksym Rastyahaev sagte dem Bericht nach noch kurz vor Weihnachten: „Es gibt ständigen Beschuss, und zwar ganz in der Nähe. Nur die widerstandsfähigsten Arbeiter sind geblieben.“ Bergleute, die trotz Gefahren bis zum Ende geblieben sind, sollen Lohnerhöhungen erhalten haben.

Im Spätsommer 2024 habe sich schon angedeutet, dass es es brenzlig für die Mine werden könnte, heißt es. Erneute russische Vorstöße im Osten hätten eine Mobilisierungswelle ausgelöst, die die Belegschaft der Mine dezimiert und dazu geführt habe, dass stattdessen Frauen in der Mine eingestellt werden mussten. Ende September seien die russischen Streitkräfte dann weniger als 16 Kilometer von der Mine entfernt gewesen.

Der Schacht Nr. 3 der Mine, der der Front am nächsten liegt, sei regelmäßig beschossen worden. Anfang Dezember seien die Bergleute durch einen anderen Schacht weiter westlich in die Mine hinab gestiegen. Von dort hätten sie zwei Stunden und zehn Kilometer durch unterirdische Tunnel laufen müssen. Während die Kämpfe oben tobten, hätten sie sich unten aber immer noch sicher gefühlt. „Die Erde selbst schützt einen gewissermaßen“, sagt Volodymyr Kohanevych, der für die Wartung der Mine zuständig war.

Für Metinvest sei es von entscheidender Bedeutung gewesen, die Mine so lange wie möglich in Betrieb zu halten. Erst kürzlich habe das Unternehmen nämlich damit begonnen, Teile für die in den USA hergestellten Patriot-Luftabwehrsysteme zu bauen. „Wir sind wie eine zweite Front, die für den Sieg arbeitet“, sagt Arbeiter Anton Telegin.

Oleksandr Kalenkov, Vorsitzender des ukrainischen Stahlverbands, sagt, die Schließung der Mine jetzt habe die Ukraine in eine prekäre Lage gebracht. Der Import von Kokskohle, um den Verlust auszugleichen, werde kostspielig und durch logistische Hürden erschwert. Er erwarte aber auch Kürzungen bei Projekten der Rüstungsindustrie. „Der Verlust der Mine behindert definitiv die Kampffähigkeit der Ukraine“, sagt Kalenkov.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump haben eingeräumt, dass es mit dem am ersten Tag der Amtsübernahme in Aussicht gestellten Ukraine-Friedensabkommen nichts wird. Zwei Vertraute des Republikaners, der am Montag vereidigt wird, sagten der Nachrichtenagentur Reuters, man gehe inzwischen davon aus, dass für eine Lösung mit einer Zeitspanne von mehreren Monaten zu rechnen sei. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Bei „massiven“ russischen Angriffen auf die ukrainische Energieinfrastruktur sind nach ukrainischen Angaben auch Anlagen im Westen des Landes getroffen worden. Der ukrainische Netzbetreiber kündigte an, in sieben Regionen Notstromversorgungen in Kraft zu setzen, darunter in der ostukrainischen Region Donezk. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte im Onlinedienst X, „mehr als 40 Raketen“ und „mehr als 70 russische Angriffsdrohnen“ seien bei dem nächtlichen Angriff eingesetzt worden.
  • Russland und die Ukraine haben nach Angaben beider Regierungen insgesamt 50 Kriegsgefangene ausgetauscht. „25 russische Soldaten wurden aus dem vom Kiewer Regime kontrollierten Gebiet zurückgebracht“, erklärte das russische Verteidigungsministerium im Onlinedienst Telegram. Im Gegenzug seien 25 ukrainische Soldaten übergeben worden.
  • Ukrainische Behörden haben am Mittwoch im gesamten Land Luftalarm ausgelöst. Die Luftwaffe warnte in mehreren Teilen des Landes zudem vor Marschflugkörpern. Die Warnungen kommen einen Tag nachdem den bisher größten ukrainischen Luftangriffen auf russisches Gebiet seit Beginn des Krieges vor fast drei Jahren.
  • Russland warnt die EU, dass Sanktionen gegen russisches Aluminium den Weltmarkt für dieses Metall destabilisieren könnte. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verweist auf Diskussionen in der EU, dass die EU-Kommission in ihrem 16. Sanktionspaket gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine ein Einfuhrverbot für russisches Aluminium anstreben könnte: „Der Markt in diesem Segment ist ziemlich anfällig und solche Entscheidungen könnten hypothetisch zu einer Destabilisierung des Weltmarktes führen.“
  • Das Gericht der Europäischen Union hat die Sanktionen gegen den russischen Mobilfunkbetreiber Megafon bestätigt. Das Unternehmen sei zu Recht auf die Sanktionsliste gesetzt worden, entschied das Gericht in Luxemburg. Megafon ist eine der größten Telekommunikationsfirmen in Russland, der russisch-usbekische Oligarch Alischer Usmanow ist daran beteiligt.
  • Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine Unterstützung auch über die Bundestagswahl am 23. Februar hinaus zugesagt. Zudem rechne er mit einer baldigen Einigung in der Bundesregierung über zusätzliche Hilfen von drei Milliarden Euro, sagte er zum Abschluss eines Besuchs in Kiew.
  • Polens Regierungschef Donald Tusk hat Russland die Planung von Anschlägen im Luftverkehr vorgeworfen. „Ohne ins Detail zu gehen, kann ich bestätigen, dass die Befürchtungen begründet sind, dass Russland Akte des Luftterrors geplant hat, nicht nur gegen Polen, sondern auch gegen Fluggesellschaften aus der ganzen Welt“, sagte Tusk in Warschau. Mehr dazu lesen Sie hier.

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