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Ukraine-Invasion, Tag 1097: So haben drei Jahre Krieg Väter und ihre Söhne in der Ukraine verändert
Selenskyj lobt Widerstand als heldenhaft + Erdogan bietet erneut Verhandlungen in der Türkei an + Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Im Morgengrauen des 24. Februar 2022 befahl Russlands Präsident seinen Truppen den Einmarsch in die Ukraine. Drei Jahre ist das heute nun also her. Seitdem verteidigt sich die Ukraine, hält weiter stand, auch dank massiver ausländischer Hilfen. Die Bilanz ist dennoch dramatisch: Knapp ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes einschließlich der Halbinsel Krim ist russisch besetzt. Millionen Menschen mussten ihr Land verlassen.
Die „Washington Post“ hat anlässlich dieses traurigen Jahrestags mit mehreren ukrainischen Vätern und ihren Söhnen darüber gesprochen, wie der Krieg sie und ihre Ansichten verändert hat (Quelle hier).
Da ist zum Beispiel Ivan, 44 Jahre alt. Er habe seinen 14-jährigen Sohn Ihnat in den ersten Kriegstagen in einen Zug nach Polen gesetzt, wo seine Ex-Frau gewohnt habe. Er selber sei an die Front gegangen.
Als Ivan im Krieg schwer verletzt wurde, sei Ihnat zurück in die Ukraine gekehrt. Nachdem Ivan sich erholt hatte, sei Ihnat die Sorge gekommen, sein Vater könne sterben, wenn er ein weiteres Mal in den Krieg ziehe. Ivan, eigentlich Grafikdesigner, habe sich stattdessen der Abteilung für kulturelle Kräfte des Militärs angeschlossen.
Ihnat ist inzwischen fast 18 Jahre alt. Das Kriegsrecht hält alle Männer über 18 und unter 60 Jahren im Land. Wer nicht zum Militär will, muss zusehen, dass er das Land verlässt, bis er 18 Jahre alt ist. Ihnat aber habe nicht vor, sich zum Kampf zu melden. „Ich habe keine Angst, dass ich den Krieg ziehen muss“, sagt er. Aber eine andere Sorge treibe ihn um: „Ich habe ein bisschen Angst, in der Ukraine festzusitzen und keine Gelegenheit zu haben, andere Länder zu besuchen.“
Bei Yehor und seinen Kindern ist es ähnlich: Auch er habe diese in Sicherheit gebracht. Stunden vor dem russischen Angriff am Morgen des 24. Februar 2022 habe er seine Kinder ins Auto gepackt und sie in die Region Lviv nahe der polnischen Grenze gebracht.
Der damals 14-jährige Mykhailo erinnert sich heute noch an die Worte seines Vaters von damals: „Du hast in deiner Zukunft noch viel zu tun.“ Der Krieg habe den heute 17-Jährigen tiefgreifend verändert. Sein Vater ist inzwischen Drohnenkommandant an der südöstlichen Front von Saporischschja und selten zu Hause – aber die beiden seien sich näher als je zuvor.
Mykhailo verbringe jetzt seine gesamte Freizeit damit, Drohnen zu bauen. Seine erste Drohne habe er an die Einheit seines Vaters geschickt. „Ich hoffe, dass ich nach dem Sieg im Krieg eine Zeit in meinem Leben haben werde, in der ich Freizeit habe“, sagt er.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach drei Jahren Kampf gegen die russischen Angreifer den Widerstand des Landes als heldenhaft gewürdigt. „Ich bin stolz auf die Ukraine“, teilte er bei Telegram mit. Zugleich gedachte er der Verteidiger, die im Kampf gefallen sind.
- Russland will sich erst auf einen Waffenstillstand einlassen, wenn Moskaus Bedingungen dafür erfüllt sind. Dazu gehöre die Anerkennung von Gebietsverlusten durch Kiew und der „verpflichtende kategorische Verzicht des Landes auf eine Nato-Mitgliedschaft“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz in der türkischen Hauptstadt Ankara. Lawrow traf sich dort mit Präsident Recep Tayyip Erdogan.
- Erdogan hat erneut angeboten, Verhandlungen zu einer Lösung des Konflikts zu organisieren. Die Türkei wolle gerne Gastgeber sein und vermitteln, sagte Erdogan in einer Videoansprache. Das habe er auch vergangene Woche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei seinem Besuch in Ankara erörtert.
- Die Verhandlungen der Ukraine mit den USA über ein Rohstoff-Abkommen sind nach Angaben aus Kiew weit vorangeschritten. „Die ukrainischen und amerikanischen Teams befinden sich in der finalen Phase der Verhandlungen über das Mineralienabkommen“, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna.
- Am dritten Jahrestag des russischen Angriffes auf die Ukraine hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die deutsche Unterstützung für die Ukraine bekräftigt. „Deutschland muss in den kommenden Wochen ein starker Partner für die Ukraine und eine starke Säule in Europa sein“, sagte Steinmeier bei einem Gipfeltreffen in Kiew, zu dem er per Videoschalte zugeschaltet wurde.
- Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Ukraine weiterhin Unterstützung zugesichert. „Seit drei Jahren verteidigen sich die Ukrainerinnen und Ukrainer mutig und heldenhaft gegen den russischen Angriffskrieg“, erklärte Scholz im Onlinedienst X. „Wir stehen weiter an ihrer Seite - für einen gerechten und dauerhaften Frieden.“
- Russland will nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiter die „Kapitulation“ der Ukraine. „Der Krieg in der Ukraine bleibt die zentralste und folgenschwerste Krise für die Zukunft Europas“, sagte sie bei einem Besuch in Kiew. Russlands Präsident Wladimir Putin „versucht mehr denn je, diesen Krieg auf dem Schlachtfeld zu gewinnen“, fügte die Kommissionspräsidentin hinzu.
- Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas rechnet bis Anfang März mit einem neuen Ukraine-Hilfspaket der Europäer. Sie sprach nach einer ersten Diskussion der Außenminister in Brüssel von „breiter Unterstützung“ bei den Mitgliedsländern für ihren Vorstoß. Die EU müsse Kiew in eine „Position der Stärke bringen, damit die Ukraine Nein zu einem schlechten Deal sagen kann“, betonte Kallas mit Blick auf die geplanten Waffenstillstandsverhandlungen zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin.
- Menschenrechtsorganisationen sowohl aus der Ukraine als auch aus Russland fordern die Freilassung aller Gefangenen beider Seiten im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Aus der Haft entlassen werden müssten auch alle politischen Gefangenen in Russland, sagte die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte in Russland, Mariana Katzarova.
- In einem Telefonat mit Kreml-Chef Wladimir Putin hat der chinesische Präsident Xi Jinping den russischen Umgang mit der Ukraine gelobt. „China blickt mit Freude auf den Einsatz Russlands (...) für eine Entschärfung“ des Konfliktes, sagte Xi nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zu Putin. Nach Angaben des Kreml informierte Putin den chinesischen Staatschef über die Gespräche Russlands mit den USA.
- Wolfgang Niedecken hat am dritten Jahrestag des russischen Angriffs zur entschlossenen Unterstützung der Ukraine aufgerufen. „Wir dürfen die Ukraine jetzt nicht hängen lassen“, sagte der BAP-Sänger der Deutschen Presse-Agentur in Köln. „Das gehört sich einfach nicht, das wäre gegen jeden politischen Anstand - und würde uns selbst auch sehr schlecht bekommen, denn dann macht Putin weiter.“
- Die Ukraine hat in der Nacht eine Erdölraffinerie in Russland angegriffen. In russischen Telegram-Kanälen hieß es, dass auf dem Gelände der Raffinerie in Rjasan südöstlich von Moskau nach einem Drohnenangriff ein Feuer ausgebrochen sei. Der Gouverneur der Region, Pawel Malkow, schrieb in seinem Telegram-Kanal von einem Brand auf dem Gelände einer Fabrik. Ausgelöst worden sei er durch herabgefallene Trümmerteile einer abgeschossenen Drohne.
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