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Ukraine-Invasion, Tag 1119: Ukrainische Frauen wollen nicht länger über sexuelle Übergriffe schweigen
Trump und Putin telefonieren miteinander + Verletzte und Stromausfälle bei gegenseitigen Angriffen + Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
An einem Abend im Juli 2022 hämmert ein Soldat an ihre Küchentür. Ljudmilla hat Angst, dass er die Tür aufbrechen könnte, also öffnet sie sie lieber. „Was ich alles durchgemacht habe“, sagt sie, als sie sich daran erinnert, was danach folgt: Er schlägt ihr mit einem Gewehrkolben ins Gesicht und die Vorderzähne aus, zieht ihr an den Haaren, schneidet ihr mit einem Messer Schnitte in den Bauch und vergewaltigt sie dann. Sechs Stunden bleibt er und sagt, er wolle in zwei Tagen wiederkommen und sie mit einer Kugel töten.
Es klingt nach einem Horrorfilm, was der Ukrainerin da widerfährt. Die „New York Times“ (Quelle hier) hat jetzt über ihr Schicksal berichtet. Seit vergangenem Jahr erzählt Ljudmilla mit zwei weiteren Frauen bei Dorfversammlungen davon, was ihnen passiert ist. Es sind Bemühungen, auf sexuelle Übergriffe aufmerksam und die Verbrechen der russischen Soldaten ans Licht zu bringen.
Ljudmilla meldet die Vergewaltigung damals der ukrainischen Polizei. Ihre Tochter überredet sie dazu. „Ich war dagegen“, erinnert sich Ljudmilla, „aber Olha sagte, die Russen müssten dafür bezahlen.“
Seit der russischen Invasion haben Staatsanwälte in der Ukraine dem Bericht der „New York Times“ zufolge mehr als 344 Fälle konfliktbezogener sexueller Gewalt registriert, davon 220 Frauen, darunter 16 Minderjährige. Es dürften jedoch viele mehr sein. Viele Opfer würden schweigen, seien isoliert oder auch selbstmordgefährdet, heißt es von der Organisation SEMA. SEMA ist Teil einer globalen Gemeinschaft in 26 Ländern, die Überlebende sexueller Gewalt mit psychologischer, medizinischer, rechtlicher und finanzieller Unterstützung unterstützt.
Ljudmilla hat sich dazu entschlossen, mit anderen Frauen über das Erlebte zu sprechen. Unterstützt wird auch sie dabei von SEMA. Gegründet hat den ukrainischen Ableger der Organisation eine Frau, die selbst einen Angriff in der Ostukraine überlebt hat. „Dank dieser Gemeinschaft habe ich angefangen zu essen“, sagt Ljudmilla. „Ich reiße mich zusammen, damit die Welt weiß, dass sie Aggressoren und Despoten sind, sogar gegenüber Zivilisten“, sagt sie über die russischen Streitkräfte.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:
- US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin telefonieren zum zweiten Mal seit dem Amtsantritt des Amerikaners im Januar miteinander. „Das Gespräch verläuft gut und ist noch im Gange“, teilte einer der stellvertretenden Stabschefs im Weißen Haus, Dan Scavino, am Nachmittag bei X mit. Zuletzt hatten Trump und Putin im Februar miteinander gesprochen.
- Für den Fall einer 30-tägigen Waffenruhe fordert der russische Machthaber Wladimir Putin angeblich die komplette Einstellung aller Waffenlieferungen an die Ukraine. Das berichtet „bloomberg.com“ unter Berufung auf eingeweihte Quellen. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Für einige westliche Firmen wird eine etwaige Rückkehr nach Russland Präsident Wladimir Putin zufolge schwierig. Er habe Respekt für Unternehmen, die im Angesicht der westlichen Sanktionen weiter mit Russland zusammengearbeitet hätten, sagt Putin auf einem Moskauer Wirtschaftsforum. Bei Firmen, die „trotzig die Tür zugeschlagen“ hätten, sei dies anders. Mehr dazu lesen Sie in unserem Newsblog.
- Russland hat laut einem Gutachten einer US-Denkfabrik im vergangenen Jahr deutlich mehr Sabotageakte gegen die USA und europäische Staaten verübt. Dem Bericht des Center for Strategic and International Studies (CSIS) zufolge führte Russland im Jahr 2024 insgesamt 34 Sabotageakte aus, 2023 waren es demnach nur zwölf gewesen.
- Russland und die Ukraine haben sich in der Nacht zum Dienstag gegenseitig mit dutzenden Drohnen angegriffen. Während die Angriffe im Süden der Ukraine laut Behörden zu einem Stromausfall in mehr als 3000 Haushalten führten, gab es in Russland mindestens sechs Verletzte.
- Russland und China verfügen nach Erkenntnissen der EU über ein „massives digitales Arsenal“, um sich in westliche Demokratien einzumischen und diese zu manipulieren. „Die Manipulation und die Einmischung in Informationen sind eine große Sicherheitsbedrohung für die EU“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in einem Bericht. „Wir dürfen weder die Macht unterschätzen, die das über uns hat, noch die Absichten derer, die dahinter stecken.“
- Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat angekündigt, dass die geplante zusätzliche Aufstockung der Ukraine-Hilfe um drei Milliarden Euro nach einer Zustimmung vom Bundesrat an diesem Freitag freigegeben werden soll. Das erklärte der voraussichtlich künftige Kanzler nach Teilnehmerangaben am Vormittag in einer Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag in Berlin.
- Der milliardenschwere russische Oligarch Wladimir Potanin liebäugelt mit dem Abbau Seltener Erden und verweist dabei auch auf Vorkommen in den besetzten ukrainischen Gebieten. Der Chef und Anteilseigner des russischen Bergbauriesen Nornickel sagte zu Journalisten, die Vorräte in Russland und den von Russland besetzten Gebieten im Osten der Ukraine seien nur unzureichend erkundet. „Viele geologische Studien und ihre Ergebnisse sind nach dem Ende der Sowjetunion verloren gegangen.“ Dies müsse wieder geändert werden. „Wir erwägen das und arbeiten daran.“ Es blieb zunächst offen, ob Nornickel dabei eingebunden ist.
- Die Deutschkenntnisse der Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine haben sich in den zwei Jahren zwischen der Flucht 2022 und einer Befragung 2024 stark verbessert. Während bei der Ankunft in Deutschland 92 Prozent der ukrainischen Schüler schlecht oder überhaupt kein Deutsch sprachen, habe dies im Sommer 2024 nur noch auf 13 Prozent zugetroffen, teilte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) mit.
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