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© REUTERS/stringer

Ukraine-Invasion, Tag 1164: Warum schwere Angriffe während Friedensverhandlungen kein Widerspruch sind

USA wollen nicht mehr bedingungslos im Ukraine-Krieg vermitteln, Vance geht nicht von schnellem Kriegsende aus, Putin könnte „unmittelbaren Fokus“ verändert haben. Der Überblick.

Stand:

Seit Beginn der Friedensverhandlungen ist das Leben in der Ukraine noch unsicherer geworden. Das geht aus Zahlen der Vereinten Nationen (UN) hervor, über die die „New York Times“ berichtet. Demnach sind allein in den ersten dreieinhalb Wochen im April mehr als 800 ukrainische Zivilisten getötet oder verletzt worden, im Vergleich zu weniger als 600 im Vorjahreszeitraum. Doch woran liegt das?

Für die Ukrainerin Olena Khirkovska, deren Apartment während des russischen Raketenangriffs auf Kiew am 24. April zerstört wurde, wirkt es so, als ob Russlands Präsident Wladimir Putin die Ukrainer mit solchen Aktionen in einen unvorteilhaften Deal zwingen will. „Wir sind stark, fürchtet uns“, sei für sie die Nachricht der Russen mit der tödlichen Attacke auf die ukrainische Hauptstadt gewesen. „Es fühlt sich so an, als ob sie überhaupt keinen Freiden wollen“, sagt Khirkovska der „New York Times“.

Aus Sicht von Analysten sind Verhandlungen und eine höhere Intensität der Gewalt kein Widerspruch – ganz im Gegenteil. „Ich glaube nicht, dass eine Zunahme der Angriffe zwangsläufig eine Ablehnung des Verhandlungsprozesses bedeutet“, sagt Russland-Experte Samuel Charp von der US-amerikanischen Rand Corportation der „New York Times“.

Vielmehr versuchten Armeen dadurch, ihre Verhandlungsposition auf den letzten Drücker zu verbessern, so Charp. „Wenn sich eine militärische Pause ankündigt, ist von Armeen zu erwarten, dass sie alles in die Wagschale werfen, bevor sie aufhören müssen.“

Schon 2014 und 2015 hatte Russland vor und während der Gespräche über eine Waffenruhe die Intensität der Kämpfe erhöht und weitere Ortschaften im Osten der Ukraine eingenommen. Letztlich kam es 2015 sogar zur Unterzeichnung eines Deals, das Minsk II genannte Abkommen – das von Russland allerdings bereits wenige Tage später gebrochen wurde.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Die USA wollen nicht mehr „im Handumdrehen um die Welt fliegen“, um Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Das sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums laut Bericht der Zeitung „Independent“ am Freitag. Man wolle immer noch helfen, sagte sie demnach. Doch es liege nun an den beiden Parteien, konkrete Ideen zu präsentieren, wie dieser Konflikt beendet werden kann. Mehr dazu im Newsblog.
  • US-Vizepräsident JD Vance hat in einem Interview bei Fox News erklärt, dass der Krieg in der Ukraine aus seiner Sicht nicht in absehbarer Zeit enden werde. Es liege nun an den Russen und Ukrainern, da jede Seite wisse, was die Bedingungen der anderen Seite für einen Frieden seien. „Da bewegt sich nichts“, sagte er.
  • Die Nato schwächen und ehemalige Sowjetrepubliken wie die Ukraine erobern beziehungsweise kontrollieren – an den langfristigen Zielen Wladimir Putins besteht unter vielen westlichen Beobachtern kein Zweifel. Doch in der Ukraine könnte sich der „unmittelbare Fokus“ des russischen Machthabers verändert haben, berichtet der US-Sender CNN. Mehr dazu hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das mit den USA geschlossene Rohstoffabkommen als „wirklich gerecht“ gelobt. Das Abkommen habe sich während der Verhandlungen „erheblich verändert“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Ansprache an seine Landsleute.
  • 14 Menschen sind nach einem russischen Drohnenangriff auf die südöstliche ukrainische Stadt Saporischschja verletzt worden. Wie der Gouverneur der Region, Iwan Fjodorow, über die Nachrichten-App Telegram berichtet, haben die russischen Streitkräfte mindestens zehn Angriffe auf die Stadt geflogen. Das ukrainische Militär berichtete von 150 Drohnenangriffen im ganzen Land.
  • Nach einem nächtlichen Drohnenangriff in Kiew am 1. Mai meldeten die Behörden die Detonation unbekannter Gegenstände im Stadtteil Darnytskyi. Im Internet wurde vermutet, dass Sprengstoff von russischen Drohnen abgeworfen worden sein könnte. Dies bestätigte heute der Sprecher des Kiewer Stadtverwaltungsamtes, Jewgen Jewlew.
  • Die russischen Besatzungstruppen haben ihre Angriffe entlang der gesamten Frontlinie bei Charkiw verstärkt. Dies teilte der Sprecher der Operation „Charkiw“, Pawlo Schamschin, in einem Fernsehmarathon mit.
  • In der russischen Region Stawropol haben Drohnen eine Militäreinheit der russischen Weltraumaufklärung angegriffen. Dies teilte Andrij Kowalenko, Leiter des ukrainischen Zentrums für Desinformationsbekämpfung beim Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat, auf Telegram mit.
  • Der zentrale europäische Wertpapier-Verwahrer Euroclear gibt Insidern zufolge eingefrorene russische Gelder in Milliardenhöhe an westliche Investoren frei. Diese sollten dafür entschädigt werden, dass Russland Barmittel westlicher Anleger beschlagnahmt habe, sagten drei mit den Vorgängen vertraute Personen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Mehr dazu hier.
  • Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Linke) fordert zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eine europäische Friedensordnung. Es gehe darum, den Krieg zu stoppen, sagte der frühere Thüringer Ministerpräsident am Freitag beim Evangelischen Kirchentag in Hannover. Dabei führe ein Waffenstillstand allein noch nicht zum Frieden.

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