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Ukraine-Invasion, Tag 1175: Kommt Putin persönlich nach Istanbul?
Selenskyj will nur mit dem Kremlchef verhandeln. Nato-Generalsekretär ruft Europa zu deutlich höheren Verteidigungsausgaben auf. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Kommt es am Donnerstag zu einem Treffen zwischen Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin in der Türkei? Der ukrainische Präsident hat sich dazu bereiterklärt, pocht allerdings darauf, nur mit dem Kremlchef persönlich zu sprechen. Dieser hatte die Verhandlungen vorgeschlagen, hüllt sich nun aber in Schweigen, ob er selbst daran teilnehmen wird.
Experten und ukrainische Abgeordnete halten es für unwahrscheinlich, dass Putin persönlich in Istanbul erscheinen wird (Quelle hier). So sagte etwa der ehemalige britische Verteidigungsattaché in Moskau, John Foreman, der Zeitung „Kyiv Independent“: „Ich glaube nicht, dass es die geringste Chance gibt, dass er auftaucht.“
In den vergangenen Jahren hatte Putin Selenskyj immer wieder als unrechtmäßigen Staatschef dargestellt. Würde er mit ihm Gespräche auf Augenhöhe führen, käme dies einer Anerkennung seiner Präsidentschaft gleich. Ukrainische Abgeordnete werten Putins Angebot daher lediglich als Versuch, Zeit zu schinden.
Als Vorwand für sein Nicht-Erscheinen könnte der russische Staatschef laut „Kyiv Independent“ auf ein ukrainisches Dekret aus dem Jahr 2022 verweisen – eine Taktik, die er bereits in der Vergangenheit genutzt hatte (Quelle hier).
Nach der russischen Annexion der ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja hatte Selenskyj im September 2022 in einem Dekret Verhandlungen mit Putin für unmöglich erklärt. Diese könnten nur mit einem neuen russischen Präsidenten geführt werden. Putin wiederum hatte erklärt, für Gespräche müsse Selenskyj zunächst das Dekret zurückziehen.
Das sei aber, so eine Quelle im ukrainischen Präsidialamt, eine völlig „verdrehte“ Argumentation. Das Dekret sei damals nur erlassen worden, weil es in der Ukraine Personen gegeben habe, die „unter Umgehung der Zentralregierung“ mit den Russen sprechen wollten. Selenskyj selbst könne frei entscheiden, ob er direkt mit Putin sprechen wolle oder nicht.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will bei möglichen Friedensgesprächen am Donnerstag in der Türkei nur mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sprechen und mit keinen anderen Vertretern Russlands. Dies teilte ein Berater Selenskyjs der Nachrichtenagentur Reuters mit. Mehr dazu hier.
- Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird am Donnerstag Russland und die Ukraine zu Verhandlungen empfangen. Nebenbei will er seine Macht ausbauen und Kritiker zum Schweigen bringen. Mehr dazu hier.
- Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Europa zur drastischen Erhöhung der Verteidigungsausgaben aufgerufen. Diese müssten auf vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder mehr erhöht werden, sagte der Däne zum Auftakt eines von ihm organisierten Demokratiegipfels in Kopenhagen. Mehr dazu im Newsblog.
- Der neue SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hat eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erneut ausgeschlossen. „Wir wollen nicht Kriegspartei werden und so haben wir auch immer die Ablehnung der Taurus-Lieferung begriffen und dabei bleibt es“, sagte Miersch am Rande einer SPD-Fraktionssitzung.
- Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas glaubt nicht, dass Russland an Friedensverhandlungen mit der Ukraine in der Türkei interessiert ist. „Sie bombardieren immer noch die Ukraine. Wenn sie an Frieden interessiert wären, könnten sie sofort damit aufhören“, sagte die Estin am Rande eines Demokratiegipfels in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen.
- Russland ist nach den Worten seines Vize-Außenministers Sergej Rjabkow bereit zu ernsthaften Gesprächen mit der Ukraine. Die Regierung in Moskau hege aber Zweifel, dass die Ukraine dies sei. „Es ist verfrüht, Vorhersagen zu treffen“, sagt Rjabkow den staatlichen russischen Nachrichtenagenturen Tass und RIA zufolge.
- Bundeskanzler Friedrich Merz unterstützt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei möglichen Verhandlungen mit Russland auch noch vor einer umfassenden Waffenruhe. Aber nun sei es am russischen Präsidenten Wladimir Putin, „dass er dieses Verhandlungsangebot seinerseits annimmt und einem Waffenstillstand zustimmt“, sagte der CDU-Chef in Berlin.
- Die beiden Sonderbeauftragten der USA Steve Witkoff und Keith Kellogg sollen Insidern zufolge zu möglichen Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland am Donnerstag in Istanbul reisen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit dem Vorgang vertrauten Personen. US-Präsident Donald Trump, der derzeit in Saudi-Arabien weilt, hat zuvor erklärt, er schließe seine Teilnahme an den Gesprächen in der Türkei nicht aus.
Hintergrund und Analyse
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