zum Hauptinhalt
Ein ausgebranntes Geschäftshaus in Kiew nach einem russischen Raketenangriff.

© IMAGO/UKRINFORM/IMAGO/Kyrylo Chubotin

Ukraine-Invasion, Tag 1218: Wie kleine Unternehmen versuchen, dem russischen Bombenhagel zu trotzen

Trump trifft sich am Rande des Nato-Gipfels mit Selenskyj. Russland setzt offenbar neue Version der Shahed-Drohnen in der Ukraine ein. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Nahezu täglich berichten wir in unserem Newsletter von russischen Angriffen auf die Ukraine mit Toten und Verletzten. Hinzu kommen unzählige zerstörte Häuser und Fabriken. Die geschätzten Kosten für den Wiederaufbau im Land liegen inzwischen bei Hunderten Milliarden US-Dollar. Und für so manchen lokalen Unternehmer bedeuten die Angriffe ein enormes Existenzrisiko, wie der „Kyiv Independent“ berichtet (Quelle hier).

Denn die staatliche Unterstützung beim Wiederaufbau konzentriert sich verständlicherweise vor allem auf Wohnhäuser – was auf der anderen Seite aber fehlende Programme für die Geschäfte im Land bedeutet. Die Kleinunternehmer versuchen daher, mit eigenen Mitteln wieder auf die Beine zu kommen. So wie Oleksiy Tarnopolskiy, dessen Tee- und Kaffeegeschäft bei einem russischen Angriff Mitte Juni in Schutt und Asche gelegt wurde.

Partner hatten ihm Spenden angeboten, die er aber ablehnte. Denn in Kriegszeiten ist es üblich, Geld für die Armee und nicht für Unternehmen zu geben. Geschäfte, die Spenden angenommen hatten, waren heftig kritisiert worden, heißt es in dem Bericht. Ausländische Hilfsprogramme gibt es wenige, und diese konzentrieren sich eher auf größere Unternehmen. Zudem sei es schwierig, eine Kriegsrisikoversicherung abzuschließen, die Tarife stiegen auch stark an, je näher man der Front käme.

Also bleibt vielen nur, Kredite aufzunehmen, zumindest hier bietet die Regierung günstigere Zinsen für Unternehmen an. Doch nicht alle können so ihr Unternehmen retten. Maksym Brevda, ein Geschäftsmann aus Mykolajiw in der Südukraine, etwa nicht. Seine Autowaschanlage war bei einem russischen Angriff zerstört worden. 80.000 Dollar benötigte er für die Reparatur, maximal 6000 bekam er über das Kreditprogramm. Also verkaufte er die Hälfte seines Unternehmens an private Investoren, um den Wiederaufbau finanzieren zu können.

Bei OMG Shoes lief es nach einem Angriff auf die Fabrik nochmals anders: Lieferanten verschoben ihre Zahlungsfristen, Kunden teilten die Nachricht auf Social Media und baten um Unterstützung. Die Bestellungen stiegen so stark an, dass innerhalb eines Tages fast der gesamte Restbestand gekauft wurde. Darauf setzt auch Tarnopolskiy: „Der beste Weg, einem Unternehmen zu helfen, sind mehr Aufträge, mehr Kunden und mehr Käufe. Wir wollen ein Beispiel geben. Wir sind offen und wollen arbeiten.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und auf Drängen des US-Präsidenten hat sich die Nato verpflichtet, die Verteidigungsausgaben in beispielloser Weise anzuheben. Die Alliierten legten sich auf das neue Ziel fest, spätestens ab 2035 jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren. Mehr hier.
  • US-Präsident Donald Trump hat sich zur Beistandsverpflichtung im Sinne des Artikels Fünf im Nordatlantikvertrag bekannt. „Ich stehe dazu, deswegen bin ich hier“, sagte er am Mittwoch beim Nato-Gipfel in Den Haag. „Wenn ich nicht dazu stehen würde, wäre ich nicht hier.“ Mehr hier.
  • Großbritanniens Regierung hat während des Gipfels einen Beschluss zum Kauf atomwaffenfähiger Kampfjets aus den USA angekündigt. Laut Downing Street sollen mindestens zwölf Flugzeuge vom Typ F-35A bestellt werden, die Atombomben abwerfen können. Mehr hier.
  • Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat Russland vor einem Angriff auf Nato-Mitgliedsstaaten gewarnt. „Es soll bitte niemand wagen, die Nato anzugreifen, und zwar an keiner Stelle“, sagte der Bundeskanzler am Mittwoch zum Abschluss des Nato-Gipfels in Den Haag. Mehr im Newsblog.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das Gespräch mit seinem US-Kollegen Donald Trump am Rande des Nato-Gipfels als substanziell bezeichnet. Er habe mit ihm besprochen, wie man eine Feuerpause und einen echten Frieden erzielen sowie „unser Volk schützen“ könne, sagt Selenskyj.
  • Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat zwei Moldauer wegen des Verdachts auf Spionage festgenommen. Moldau „intensiviert seine Aktivitäten mit dem Ziel der Untergrabung der russischen Sicherheit“, hieß es am Mittwoch in einer im russischen Staatsfernsehen verbreiteten Erklärung. 
  • Russland setzt eine neue Version der Shahed-Drohnen in der Ukraine ein, sagte Sergej „Flash“ Beskrestnov, Experte für elektronische Kriegsführung und Kommunikation, der Nachrichtenagentur Associated Press. Der neue Typ verfüge über eine verbesserte Kamera, eine auf künstlicher Intelligenz basierende Rechenplattform und Funkverbindung.
  • In der russischen Stadt Taganrog gab es eine Explosion in der Nähe der Fabrik „Atlant-Aero“, in der laut ukrainischen Angaben Bauteile für Kampfdrohnen und Steuerungssysteme herstellt werden. Darüber berichten lokale Telegram-Kanäle. 
  • Der Leiter der Militärverwaltung der Region Donezk erklärte auf Telegram, dass Kostjantyniwka aufgrund massiver russischer Beschüsse eine humanitäre Katastrophe droht. In der Frontstadt fehlten demnach teilweise Strom, Gas und Verkehrsmittel, die Wasserversorgung sei eingeschränkt und die kritische Infrastruktur werde systematisch angegriffen.
  • Die USA wollen Außenminister Marco Rubio zufolge vorerst keine weiteren Sanktionen gegen Russland verhängen. „Wenn wir das täten, was hier alle wollen, nämlich sie mit mehr Sanktionen zu belasten, verlieren wir wahrscheinlich unsere Fähigkeit, mit ihnen über eine Waffenruhe zu sprechen“, sagt Rubio in einem Interview mit „Politico“ am Rande des Nato-Gipfels. 
  • Russische Behörden melden Sachschäden nach ukrainischen Drohnenangriffen in der Nacht. Demnach wurden ein Getreidesilo, eine Schule, Wohnhäuser und ein Sportkomplex in der Region Rostow östlich der Ukraine beschädigt.

Lesen Sie außerdem

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })