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© REUTERS/Maksym Kishka

Ukraine-Invasion, Tag 1289: Welche Effekte sich die Europäer von der geplanten Friedensarmee erhoffen

Putin nennt westliche Truppen in der Ukraine „legitime Angriffsziele“, Russlands Präsident will sich mit Selenskyj nicht im Ausland treffen, Trump äußert sich pessimistisch. Der Überblick.

Stand:

Insgesamt 26 europäische Staaten wollen Soldaten, Panzer, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge zu einer Armee beitragen, die nach einem Deal den Frieden in der Ukraine sichern soll – mit den USA als Rückfalloption. Zumindest in der Theorie, denn Russland macht derzeit überhaupt keine Anstalten, sich an einem Friedensprozess zu beteiligen. Was bringt also die Verständigung auf eine solche Armee?

Erst einmal ist klar, dass die Ukraine bereits klargestellt hat, einen Friedensdeal nur zu akzeptieren, wenn sie Sicherheitsgarantien erhält. Die europäischen Truppen, die im Notfall von US-amerikanischen unterstützt würden, sind der Kernpunkt dieser Garantien.

„Jetzt sind wir bereit für den Tag danach“, sagte der EU-Ratspräsident António Costa nach dem Treffen der Koalition der Willigen der „Financial Times“. „Aber natürlich müssen wir Russland an den Verhandlungstisch bringen, um zum Tag danach zu kommen“, erklärte er weiter.

Russlands Unnachgiebigkeit, die Friedensgespräche unmöglich machen, lassen die geplante Armee zwar in weite Ferne rücken. Doch habe die Verständigung auf eben diese Truppen sehr wohl Effekte, berichtet die „Financial Times“ unter Berufung auf europäische Offizielle, die an dem Treffen in Paris teilnahmen.

Demnach sei die Einigung schon jetzt ein moralischer Boost für die Ukraine, die monatelang darauf hingearbeitet hatte. Auf lange Sicht sei das Agreement zudem für zwei Dinge da: Um einerseits zu zeigen, dass Europa und die Ukraine auf die Nachkriegszeit vorbereitet wären. Und andererseits, um US-Präsident Donald Trump zu zeigen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin derjenige ist, der sich einem möglichen Frieden widersetzt.

Tatsächlich befürwortete Trump in einem Telefonat mit den Europäern nach den Paris-Gesprächen neue Sanktionen gegen Russland und auch China, das Russland weiterhin den Rücken stärkt. „Trump versucht weiterhin, einen Friedensdeal zu erreichen“, sagte EU-Ratspräsident Costa der „Financial Times“. „Und ich denke, Putin muss verstehen, dass Trumps Geduld endlich ist.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Westliche Truppen in der Ukraine wären nach den Worten von Russlands Präsident Putin legitime Angriffsziele. „Wenn dort irgendwelche Truppen auftauchen, insbesondere jetzt während der Kämpfe, dann gehen wir davon aus, dass sie ein legitimes Ziel für die Vernichtung sind“, sagte Putin am Freitag bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Mehr dazu hier.
  • Die Befehlshaber europäischer Armeen haben offenbar einen detaillierten Plan für die Stationierung von Truppen in der Ukraine ausgearbeitet, der die Entsendung zweier Landstreitkräfte mit ingesamt 10.000 Soldaten vorsieht. Dies berichtete die internationale Tageszeitung „Wall Street Journal“ (WSJ) unter Berufung auf einen europäischen Diplomaten. Mehr dazu hier.
  • Bundesaußenminister Johann Wadephul fordert mehr europäische Unterstützung für die Luftabwehr der Ukraine. „Es gibt einige europäische Länder, die noch über Systeme verfügen und diese nicht tagtäglich brauchen“, sagte Wadephul im Interview mit dem Nachrichtenportal „t-online“. Mehr dazu im Newsblog.
  • US-Präsident Trump will das Verteidigungsministerium nach Angaben des Weißen Hauses in „Kriegsministerium“ umbenennen. Trump werde dazu am Freitag ein entsprechendes Dekret unterzeichnen, das die Verwendung des Begriffs „Kriegsministerium“ als Zweittitel für das Pentagon zulasse, teilte ein Sprecher des Weißen Hauses am Donnerstag (Ortszeit) mit. Mehr dazu hier.
  • Putin hat die Forderung nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Selenskyj an einem Verhandlungsort im Ausland zurückgewiesen. Wenn sich Selenskyj mit ihm treffen wolle, aber gleichzeitig von ihm fordere, dafür irgendwohin zu reisen, dann sei das zu viel verlangt, sagte Putin auf dem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Selenskyj hatte zuvor ein Treffen in Moskau abgelehnt.
  • Trump schätzt die Aussichten auf ein baldiges Ende des Ukraine-Krieges einem Medienbericht zufolge zunehmend pessimistisch ein. Er sehe auch wenig Chancen auf ein persönliches Treffen der Staatschefs Russlands und der Ukraine, berichtet der Sender NBC News unter Berufung auf zwei hochrangige Regierungsvertreter.
  • Trump sieht Indien und Russland nach einem Gipfeltreffen in Peking an China verloren. Bei dem Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in dieser Woche waren die Staats- und Regierungschefs beider Länder an der Seite des chinesischen Präsidenten Xi Jinping aufgetreten. „Sieht so aus, als hätten wir Indien und Russland an das tiefste, dunkelste China verloren“, schrieb Trump auf seiner Social-Media-Plattform.
  • Im stark umkämpften Gebiet Sumy im Nordosten der Ukraine haben ukrainische Grenzschützer einen deutlichen Rückgang der Intensität russischer Angriffe festgestellt. Der Sprecher des staatlichen Grenzschutzdienstes, Andriy Demchenko, teilte in einem TV-Interview mit, dass die russischen Truppen ihre Einheiten in andere Frontabschnitte verlegt werden – vor allem in Richtung der südlichen Regionen.
  • Putin sieht sein Land trotz anderslautender Warnungen aus der Wirtschaft nicht in einer Stagnation. Auf die Frage, ob er eine entsprechende Einschätzung vom Chef des größten heimischen Geldhauses Sberbank teile, antwortete Putin am Freitag in Wladiwostok: „Nein.“ 
  • Selenskyj hat nach eigenen Angaben in der westukrainischen Stadt Uschhorod „substanzielle“ Gespräche mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico geführt. „Es ist wichtig, dass wir diesen Dialog haben. Wir werden ihn fortsetzen“, wird Selenskyj von der Nachrichtenagentur Ukrinform zitiert. Bei dem Treffen sollte es vor allem um russisches Öl gehen, das von dem EU-Staat Slowakei weiterhin bezogen wird.
  • Russland ist laut Präsident Putin offen für eine Rohstoff-Kooperation mit den USA in Alaska. Für die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den USA sei jedoch eine politische Entscheidung aus Washington erforderlich, sagt Putin in Wladiwostok. 
  • Die Ukraine hat nach eigenen Angaben eine Ölraffinerie in der russischen Region Rjasan südöstlich von Moskau angegriffen. Zudem sei ein Öldepot in der von Russland besetzten ukrainischen Region Luhansk attackiert worden, teilt der Kommandeur der ukrainischen Drohnenstreitkräfte mit. Die Raffinerie in Rjasan wurde bereits mehrfach von der Ukraine angegriffen.
  • Bei einem russischen Angriff auf die ostukrainische Region Charkiw sind nach ukrainischen Angaben drei Menschen getötet worden. Zwei weitere Menschen seien bei dem Angriff am Donnerstagabend verletzt worden, erklärte der Chef der örtlichen Militärverwaltung, Oleh Synehubow, im Onlinedienst Telegram.
  • Russland zeigt sich zu Gesprächen mit dem US-Konzern Westinghouse über Nuklearbrennstoff im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja bereit. Wie der Chef des russischen Staatskonzerns Rosatom, Alexej Lichatschow, gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA erklärte, ist Russland offen für Diskussionen über die Frage des dort gelagerten US-Atombrennstoffs.

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