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Ukraine-Invasion, Tag 1314: Frankreich stellt sich offenbar beim Ukraine-Kredit aus russischem Vermögen quer
Experten halten Putins Sommeroffensive für gescheitert, Orbán sieht die Ukraine nicht als „souveränen Staat“ und Russland profitiert noch immer von Energiegeschäften in Deutschland. Der Überblick am Abend.
Stand:
In der „Financial Times“ machte Bundeskanzler Friedrich Merz letzte Woche eine aufsehenerregende Ankündigung: Das in der EU eingefrorene russische Vermögen in Höhe von 140 Milliarden Euro solle für einen zinslosen Kredit an die Ukraine genutzt werden.
Hat der Kanzler sich möglicherweise vorschnell geäußert? Die „FT“ berichtet, Frankreich befürchte, das Darlehen könnte seine ohnehin schon problematische Staatsverschuldung weiter in die Höhe treiben. Paris bremse den Plan mit einer Reihe von Bedingungen aus.
Zwar würden gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission russische Vermögenswerte, die bei der zentralen Wertpapierverwahrstelle Euroclear hinterlegt sind, für die Vergabe des Darlehens verwendet werden. Der Kredit müsste jedoch durch Garantien der teilnehmenden EU-Länder abgesichert werden, was erhebliche Auswirkungen für Frankreich hätte, wie die „FT“ schreibt: „Weder die Höhe noch die Verteilung dieser Garantien sind bisher vereinbart worden.“
Am Dienstag kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, dass sie sicherstellen werde, dass ein Teil des Darlehens für den Kauf von Rüstungsgütern in Europa verwendet wird. Die „FT“ wertet dies als Versuch, Paris von dem Plan zu überzeugen. Eine Einigung beim morgigen EU-Gipfel in Kopenhagen sei jedoch unwahrscheinlich.
Auch sei die Statistikabteilung der Kommission beauftragt worden, nach Wegen zu suchen, dass die Garantien nicht zur Staatsverschuldung beitragen. Ob das möglich ist und ein Finanztrick die Märkte überzeugen kann, sei allerdings noch offen.
„Wenn Ratingagenturen beginnen, dies zu Ihrer Verschuldung hinzuzurechnen und Sie herabstufen, wird es sehr schnell sehr teuer“, sagte ein EU-Diplomat der Zeitung.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat die Sichtung mutmaßlich ungarischer Drohnen über der Ukraine als nebensächlich abgetan. Die Ukraine sei kein „unabhängiges Land“, sie solle sich daher „nicht verhalten, als sei sie ein souveräner Staat“, sagte Orbán in einem am Montag veröffentlichten Podcast. Mehr hier.
- Die ukrainische Armee hat gegen Russland offenbar erstmals störungsfreie Glasfaser-Drohnen auf See eingesetzt. Wie das US-amerikanische Nachrichtenmagazin „Business Insider“ am Montag unter Berufung auf russische Nachrichtensender und Militärblogger berichtete, haben russische Einheiten entsprechende Entdeckungen in der Region Krasnodar gemacht. Mehr hier.
- Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte am Wochenende eine Neufassung des Luftsicherheitsgesetzes für den Herbst an. Demnach soll die Bundeswehr künftig Drohnen abschießen dürfen. Mehr hier.
- Drei Jahre nach den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines ist ein von Deutschland mit Haftbefehl gesuchter Verdächtiger nach Angaben seines Anwalts in Polen gefasst worden. Sein Mandant, der Ukrainer Wolodymyr Z., sei in den frühen Morgenstunden in einem Warschauer Vorort festgenommen worden, sagte der Anwalt Tymoteusz Paprocki. Mehr im Newsblog.
- Russland profitiert noch immer in erheblichem Maße von Energiegeschäften mit Unternehmen aus Deutschland und anderen EU-Staaten, berichtet die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres seien 12,8 Milliarden Kubikmeter russisches Flüssigerdgas (LNG) in die EU importiert worden.
- Tschechien will russischen Staatsbürgern mit Diplomatenpass und Geschäftsvisa die Einreise weitgehend verbieten. Wie Außenminister Jan Lipavsky am Dienstag sagte, sollen an den internationalen Flughäfen des Landes künftig nur noch akkreditierte Mitarbeiter der russischen Botschaft in Prag ins Land gelassen werden.
- Nach den Drohnen-Vorfällen über dänischen Flughäfen und Militäreinrichtungen in den vergangenen Tagen hat die Ukraine ein Anti-Drohnen-Team zu Trainingseinheiten nach Dänemark entsandt. Ziel sei es, „die Erfahrungen der Ukraine in der Abwehr von Drohnen zu teilen“, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
- Das von Russland besetzte Kernkraftwerk Saporischschja ist offenbar seit sechs Tagen von der ukrainischen Stromversorgung getrennt und arbeitet ausschließlich mit Notstrom-Dieselgeneratoren. Dies stellt ein erhebliches Risiko für die nukleare und radiologische Sicherheit dar, sagte der Leiter der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde, Oleg Korikow.
- Die ukrainische Rüstungsindustrie könne derzeit rund 40 Prozent des militärischen Bedarfs abdecken – darunter Drohnen, Munition, gepanzerte Fahrzeuge und elektronische Kriegssysteme. Das sagte der Erste Stellvertretende Verteidigungsminister Iwan Gawriljuk in einem Interview mit der BBC.
- In der Ukraine wurde ein Berater des Außenministeriums enttarnt, der 2022 während seiner Tätigkeit in einer Konsularabteilung russischen Staatsbürgern ukrainische Pässe verkauft haben soll. Damit konnten die Betroffenen in die Europäische Union einreisen und sich dort frei bewegen.
- Das ukrainische Militär hat eigenen Angaben zufolge einen russischen Hubschrauber mit einer ferngesteuerten Drohne abgeschossen. Es habe sich dabei um einen Mi-8-Helikopter gehandelt, teilte der Chef der ukrainischen Drohnentruppen, Robert Browdi, bei Telegram mit.
Hintergrund und Analyse
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