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Ukraine-Invasion Tag 377: Erlebt die Wagner-Truppe in Bachmut ihren letzten Kampf?
Hinweise auf Urheber der Nordstream-Anschläge, China wirft USA Eskalation in der Ukraine vor, Polen will weitere Leopard-Panzer liefern. Der Überblick am Abend
Stand:
Viel ist in den vergangenen Tagen über die Situation in Bachmut geschrieben und spekuliert worden. Warum die Ukrainer die Stadt immer noch halten, ist vielen Beobachtern ein Rätsel; manche kritisieren die Strategie der Ukraine inzwischen auch deutlich. Der Hauptvorwurf: Die Ukraine verschwende ihre besten Einheiten im Kampf mit ungeübten russischen Rekruten um eine strategisch unwichtige Stadt.
Dass es vielleicht nicht ganz so einfach ist, geben jetzt die Ukraine-Experten des „Institute for the Study of War“ (ISW) zu bedenken (Quelle hier). Sie sehen die Wagner-Gruppe, die die Angriffe in Bachmut lange quasi im Alleingang geführt hat, immer stärker dezimiert. Statt den berüchtigten Rekruten aus russischen Gefängnissen kämen immer mehr erfahrene Wagner-Kämpfer zum Einsatz und Elitetruppen der regulären russischen Armee. Und auch diese erleiden um Bachmut heftige Verluste. Ob die Söldnergruppe nach den Kämpfen um Bachmut noch als schlagkräftige Einheit existiere, sei deshalb fraglich, schreibt das ISW.
Folgt man dieser Argumentation, verfolgt die Ukraine also weiter ihre Strategie, im Kampf um die Stadt die russischen Truppen aufzureiben. Manch ein Beobachter schätzt, dass Russland inzwischen den Großteil der im Herbst mobilisierten Truppen in der Ukraine im Einsatz hat und teilweise schon verloren hat. Und: Alle russischen Eliteeinheiten, die in Bachmut kämpfen, fehlen an anderen Teilen der Front. Das gilt auch für Geräte und Munition.
Das eröffnet Möglichkeiten für eine ukrainische Gegenoffensive, für die laut Berichten 20.000 bis 30.000 Soldaten zur Verfügung stehen. Vielleicht kommt diese ja früher als gedacht, während in Bachmut noch gekämpft wird.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben einen in einem mutmaßlichen Exekutionsvideo gezeigten ukrainischen Soldaten indentifiziert. Bei dem Kriegsgefangenen, dessen Erschießung in dem Video zu sehen ist, handele es sich um Tymofij Mykolajowytsch Schadura von der 30. mechanisierten Brigade, hieß es. Das Bild oben zeigt eine Illustration von Schadura, die derzeit in den sozialen Netzwerken geteilt wird. In dem Video ist zu sehen, wie Schadura eine Zigarette raucht, „Ruhm der Ukraine“ sagt und dann erschossen wird. Mehr hier.
- Der chinesische Staatschef Xi Jinping hat nach Angaben von Staatsmedien den USA und dem Westen vorgeworfen, den Aufstieg seines Landes bremsen zu wollen. Auch Außenminister Qin Gang äußerte sich. Angesichts der zunehmenden Turbulenzen in der Welt müsse China seine Beziehungen zu Russland ausbauen, sagte er. Mehr hier.
- Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat dem Nato-Verbündeten Litauen bei seinem ersten Besuch weitere militärische Unterstützung aus Deutschland zugesichert. „Wir stehen fest an der Seite unserer Partner und Freunde“, sagte er am Montagabend in einer von Nato-Truppen genutzten Kaserne in Rukla. Mehr dazu hier.
- Polen will noch in dieser Woche zehn weitere Leopard-2-Kampfpanzer in die Ukraine schicken. Vier Panzer seien bereits in der Ukraine, zehn weitere würden in den nächsten Tagen geliefert, sagt Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak auf einer Pressekonferenz. Mehr dazu in unserem Newsblog.
- Wegen Personalmangels lockert die Söldnertruppe Wagner wohl die Aufnahmebedingungen und lässt Männer mit psychischen Vorerkrankungen zu. Die Söldnertruppe werbe damit, dass nun keine psychiatrischen und ärztlichen Atteste mehr für die Einstellung nötig seien, berichtete die unabhängige Internetzeitung „Moscow Times“.
- Nach dem Angriff auf ein russisches Militärflugzeug auf einem Flugplatz in Belarus haben die Behörden des Landes mehr als 20 Menschen festgenommen. Der Hauptverdächtige arbeite für den ukrainischen Geheimdienst, zitierte die Nachrichtenagentur Belta den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko.
- Eine Eroberung der umkämpften Stadt Bachmut ist nach den Worten des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu entscheidend für den Fortgang der russischen Offensive. „Diese Stadt ist ein wichtiger Knotenpunkt (für die Linien) der Verteidigung der ukrainischen Soldaten im Donbass“, sagte er.
- Ein Moskauer Gericht hat einen Anti-Kriegs-Aktivisten zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt wegen der angeblichen Verbreitung von Falschnachrichten über Russlands Armee in der Ukraine. Der 23 Jahre alte Wissenschaftler Dmitri Iwanow hatte in seinem Telegram-Kanal an der russischen Invasion offen Kritik geübt.
- Britische Geheimdienste werten Spannungen zwischen der russischen Regierung und der russischen Privatarmee Wagner als Zeichen für die prekäre Lage im Ukraine-Krieg. Die teils öffentlich ausgetragenen Konflikte machten deutlich, wie schwierig es in der aktuellen russischen Offensive sei, ein ausreichendes Niveau an Personal und Munition aufrechtzuerhalten, hieß es.
- Nach Deutschland hat auch Tschechien Interesse an alten Leopard-2-Panzern aus Beständen der Schweiz angemeldet. Das sagte die Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd im Fernsehsender SRF.
- Die Ukraine hat Regierungsangaben zufolge 307 Kinder aus den von Russland besetzten Gebieten zurückgeholt. Darunter sei auch ein achtjähriger Junge, der kürzlich wieder mit seiner Großmutter vereint werden konnte, teilte der Menschenrechtsbeauftragte des Landes, Dmytro Lubinets, auf Telegram mit.
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