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Ukraine-Invasion, Tag 884: Wie Russland Technologie-Sanktionen umgeht
Der Verfassungsschutz sieht eine Zunahme russischer Sabotageaktivitäten. Knapp zwei Drittel der EU-Bürgerinnen und -Bürger sind besorgt über die Sicherheit der Europäischen Union. Der Nachrichtenüberblick am Abend
Stand:
Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine soll Russland hoch entwickelte Computer-Chips im Wert von vier Milliarden US-Dollar erhalten haben – obwohl die internationalen Sanktionen unter anderem dies verhindern sollten. Das geht aus einer aufwendigen Recherche hervor, die die New York Times am Freitag veröffentlicht hat.
Eine entscheidende Rolle bei der Versorgung Russlands mit High-Tech-Elektronik spielt offenbar der Umschlagplatz Hongkong. Die Recherche zeigt, „wie wenig die US-Regierung und die großen Tech-Konzerne kontrollieren können, was mit ihren Technologien geschieht“, schreiben die NYT-Autoren.
Ein Weg, wie Hardware nach Russland komme sie zum Beispiel dieser: Große US-Unternehmen schicken ihre High-Tech-Elemente nach China, damit sie dort zum Beispiel zu einem Smartphone zusammengebaut werden. Ein Teil der Bauteile verschwinde dann einfach – und lande schließlich in Russland.
Ein anderes Modell sind Briefkastenfirmen, die von russischen Geschäftsleuten oder Mittelsmännern betrieben werden. Sie kaufen Elektronik und schaffen sie nach Russland. Werden die Firmen verboten oder sanktioniert, tauchen schnell neue auf.
Die NYT-Journalisten gehen davon aus, dass China den Handel nach Russland zumindest deutlich beschränken könne – wenn Peking es denn wolle.
Nicht ganz zufällig war der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Freitag in Hongkong und forderte den dortigen Regierungschef John Lee auf, Russland daran zu hindern, Honkong als Mittel zur Umgehung der westlichen Sanktionen zu nutzen.
Die wichtigsten Nachrichten im Überblick:
- Der Verfassungsschutz sieht eine Zunahme russischer Sabotageaktivitäten in Europa und hat Hinweise darauf, dass russische Nachrichtendienste gezielt Social-Media-Profile von Mitarbeitern deutscher Unternehmen auswerten. Mehr hier
- Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International dringt auf eine Untersuchung des Einsatzes und Verbleibs von Antipersonenminen in der Ukraine. Die russischen Streitkräfte hätten aktuell und ehemals besetzte Gebiete des Landes damit übersät, erklärte die Organisation am Freitag in Berlin. Mehr hier
- Der Deutsche Rico Krieger, der in Belarus zum Tode verurteilt wurde, ist einem Bericht zufolge Anfang Oktober 2023 nach einer Explosion an einer Eisenbahnstrecke im Außenbezirk Oserischtsche in Minsk verhaftet worden. Dabei könnte er in eine Falle gelockt worden sein. Mehr hier
- Knapp zwei Drittel der EU-Bürgerinnen und -Bürger sind besorgt über die Sicherheit der Europäischen Union. Etwa 47 Prozent der befragten Europäer gaben an, bezüglich der Sicherheit der EU in den nächsten fünf Jahren „ziemlich besorgt“ zu sein, während etwa 17 Prozent der Befragten äußerten, „sehr besorgt“ zu sein, wie aus einer im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführten Umfrage hervorgeht. Mehr hier
- Ukraines Olympia-Sportler haben die Zulassung von Russen und Belarussen als neutrale Athleten bei den Sommerspielen in Paris erneut kritisiert. „Solange unsere Leute getötet, unsere Häuser in der Ukraine zerbombt und unsere Grenzen besetzt werden, hat Russland kein Recht, bei Olympia dabei zu sein“, sagte Wadym Hutzajt, der Chef des ukrainischen Olympischen Komitees. Mehr hier
- Die russischen Streitkräfte setzen ihre Angriffsprioritäten nach Erkenntnissen des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR rund um den Donbass. „Dort werden aktuell die heftigsten Kämpfe ausgetragen“, sagte HUR-Vertreter Andrij Jusow im ukrainischen Fernsehen. Mehr im Liveblog
- In Russland ist der frühere Vize-Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen und angeklagt worden. Es sei eine Untersuchung in Gange, um seine „illegalen Aktivitäten“ zu untersuchen, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA am Freitag unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst FSB. Bulgakow sei in ein Untersuchungsgefängnis in Moskau gebracht worden.
- Die russischen Streitkräfte setzen nach Erkenntnissen des ukrainischen Militärgeheimdienstes bei ihren Langstreckenangriffen neue Billig-Drohnen ein, um die ukrainische Luftabwehr zu orten. Die beiden neuen Drohnen-Typen, die in den vergangenen zwei bis drei Wochen bei fünf Angriffen im Einsatz gewesen seien, hätten auch die angerichteten Schäden gefilmt und seien für Täuschungsmanövern genutzt worden, sagte Andrij Tscherniak der Nachrichtenagentur Reuters.
- Angesichts der anziehenden Inflation in Russland hat die Zentralbank den Leitzins angehoben. Die Währungshüter erhöhten den geldpolitischen Schlüsselsatz am Freitag um zwei volle Punkte auf 18,00 Prozent, wie die Notenbank am Freitag in Moskau mitteilte.
- Unmittelbar vor dem Beginn der Olympischen Spiele in Paris hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Athleten seines Landes für ihre Teilnahme trotz des Krieges und der schwierigen Bedingungen gelobt. „Wir sind stolz auf unser Team, die Männer und Frauen, die es trotz dieses Angriffskrieges geschafft haben, sich auf die Olympischen Spiele vorzubereiten und so den Geist aller Ukrainer zu zeigen“, schrieb Selenskyj am Freitag in Onlinemedien.
- Ein russischer Bürger hat in einem von der Nachrichtenagentur RIA verbreiteten Video gestanden, im Auftrag des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU den Anschlag auf einen Offizier in dieser Woche in Moskau verübt zu haben. Eine Stellungnahme der Ukraine zu dem am Freitag verbreiteten Video war zunächst nicht zu erhalten.
- Die EU gibt erstmals Zinserträge aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Verteidigung und den Wiederaufbau der Ukraine frei. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte eine Überweisung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro an.
- Die russische Armee soll derzeit etwa 160 Marschflugkörper des Typs Kh-101 besitzen. Zudem würden jeden Monat etwa 50 neue Raketen produziert, teilte der Pressedienst des Militärnachrichtendienstes der Ukraine (HUR) auf eine Anfrage der ukrainischen Nachrichtenseite „LIGA.net“ mit.
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