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Ukraine-Invasion Tag 979: Wachsende Bedrohung durch Gleitbomben in einst sicherer Stadt
Tote nach russischem Angriff auf Charkiw. Kadyrow kündigt nach Drohnenangriff in Tschetschenien Vergeltung an. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Immer wieder setzt Russland Gleitbomben ein, um ukrainische Stellungen zu beschießen. In den vergangenen Monaten wurden auch Städte nach der russischen Grenze getroffen. Die Stadt Saporischschja hingegen galt bisher als relativ sicher, weil sie außerhalb der Reichweite dieser Waffen liegt. Das hat sich im September nun geändert. Auch Saporischschja ist Ziel von Angriffen geworden.
Warum jetzt Saporischschja? Experten gehen davon aus, dass Russland die Bomben modifiziert und dadurch die Reichweite vergrößert hat. Dabei war die Stadt zu einem Zufluchtsort für diejenigen geworden, die vor den Kämpfen im Osten geflohen waren. Sie ist außerdem von strategischer Bedeutung für die Verteidigung des Südens der Ukraine, Knotenpunkt für den Eisenbahn- und Straßenverkehr und verfügt über eine große Stahlindustrie.
Reporter der „New York Times“ (Quelle hier) haben mit Menschen vor Ort gesprochen. Besonders schlimm für die Bewohner: Die Flugdauer der Gleitbomben ist so kurz, dass Sirenen erst kurz vor dem Einschlag der Bomben ertönen. „Die Leute in der Stadt erzählen uns, dass sie angefangen haben, in ihren Kleidern zu schlafen, weil diese Fliegerbomben so leise sind, dass man sie nur hört, wenn sie explodieren“, sagt Natalia Ardalianova, die bei Artak arbeitet, einer Hilfsorganisation, die bei der Evakuierung von Zivilisten aus Saporischschja hilft. „Die Situation hat sich definitiv geändert – wir schlafen jetzt weniger.“
Oleh Krulikovsky, Leiter eines Notfallteams in der Region Saporischschja, sagt, dass mehr Zivilisten verletzt würden. „Die Splitter fliegen bis zu 250 Meter weit“, sagt er. „Ich bitte die Leute immer wieder, sich wenigstens hinter einer Mauer zu verstecken, wenn sie sehen, dass sie es nicht bis zum Luftschutzbunker schaffen.“
Zivilisten in Saporischschja, die vor den heftigen Kämpfen in der Donbass-Region geflohen sind, fürchten nun, dass sie durch die Gleitbombenangriffe erneut vertrieben werden. Eine Frau sagt, sie würde nur gehen, wenn eine Bombe in ihrem Garten landen würde. „In den drei Jahren“, sagte sie, „hatten wir oft das Gefühl, wir würden sterben, aber wir haben überlebt, und wir werden auch jetzt überleben.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:
- Bei einem russischen Raketenangriff in der ostukrainischen Großstadt Charkiw sind mindestens vier Menschen getötet worden, weitere wurden verletzt. Sie seien von Rettungskräften in den Trümmern zerstörter Häuser gefunden worden, teilte Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram mit. Er sprach von vier zerstörten und 19 beschädigten Gebäuden nach den nächtlichen Angriffen. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Russland hat nach eigenen Angaben die ostukrainische Stadt Selydowe eingenommen. Die Frontstadt in der Region Donezk rund 18 Kilometer südöstlich der logistisch bedeutsamen Stadt Pokrowsk sei „vollständig befreit“ worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau.
- Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall sucht den Schulterschluss mit einer kroatischen Firma, um ferngesteuerte Militärfahrzeuge zu bauen. Man habe eine Absichtserklärung für die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens unterzeichnet, teilte Rheinmetall in Düsseldorf mit. Die Genehmigung durch Behörden steht noch aus.
- Die Ukraine hat nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj angesichts der nordkoreanischen Verwicklung in den Ukraine-Krieg einen engeren Kontakt mit Südkorea vereinbart. Wie Selenskyj nach einem Telefonat mit seinem südkoreanischen Amtskollegen Yoon Suk Yeol auf dem Kurznachrichtendienst X schreibt, sollen unter anderem Geheimdienstinformationen und Expertenkenntnisse ausgetauscht werden.
- Russland ist einem Medienbericht zufolge in der vergangenen Woche in der Ukraine rasch vorgerückt. Russland habe vom 20. bis 27. Oktober 196 Quadratkilometer eingenommen, berichtet die Mediengruppe Agentstwo, die sich auf die Analyse von offen zur Verfügung gestellten Karten der Ukraine beruft.
- In der Ukraine hat ein hoher Militär Berichte von massiven Problemen an der Front im Westteil des Gebietes Donezk bestätigt. „Wir wissen alle, dass ich kein militärisches Geheimnis verrate, wenn ich sage, dass unsere Front zusammengebrochen ist“, sagte Generalmajor Dmytro Martschenko in einem Videointerview des Ex-Parlamentsabgeordneten Boryslaw Beresa.
- In der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien hat es dem dortigen Gouverneur Ramsan Kadyrow zufolge einen Drohnenangriff gegeben. Das Dach eines der Gebäude der Militärakademie in Gudermes brenne, teilt Kadyrow mit. Er kündigte Vergeltung an. „Sie haben uns gebissen, wir werden sie zerstören“, sagte Kadyrow in einem Video, das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA verbreitet wird.
- Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau neue Atomwaffen-Übungen unter Aufsicht von Präsident Wladimir Putin ausgeführt. Das Verteidigungsministerium erklärte, dass eine „Trainingsübung mit Kräften und Mitteln der Land-, See- und Luftfahrtkomponenten der strategischen Abschreckungsstreitkräfte“ vorgenommen worden sei. Auch eine Interkontinentalrakete sei abgefeuert worden.
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