
© Imago/Lev Radin
Umbruch in der Regierung: Ukrainisches Parlament entlässt Außenminister Kuleba – Nachfolger bestätigt
Dmytro Kuleba hatte am Mittwoch bereits seinen Rücktritt eingereicht. Sein Nachfolger als ukrainischer Außenminister ist sein bisheriger Stellvertreter.
Stand:
Das ukrainische Parlament hat Außenminister Dmytro Kuleba entlassen. Am Mittwoch hatte er im Zuge einer Regierungsumbildung bereits seinen Rücktritt eingereicht. Sein Nachfolger ist der bisherige Stellvertreter Andrij Sybiga.
Für die von Präsident Wolodymyr Selenskyj eingereichte Kandidatur Sybigas stimmten örtlichen Medien zufolge 258 Abgeordnete. 226 Stimmen wären notwendig gewesen.
Kuleba war seit 2020 noch vor Beginn des russischen Angriffskrieges Außenminister. Der 43-Jährige gilt als äußerst beliebt in seiner Heimat. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine warb er bei zahlreichen Auslandsreisen um Unterstützung für sein Land und setzte sich für Sanktionen gegen Moskau ein. Selenskyj soll Medienberichten nach allerdings unzufrieden mit Kulebas Leistung beim Einwerben neuer Waffen gewesen sein.
Spekulationen über Kuleba schon seit Wochen
Schon seit Wochen hatte es jedoch Spekulationen über ein bevorstehendes Ausscheiden Kulebas aus der Regierung gegeben. So hatte ein hochrangiger Mitarbeiter im ukrainischen Präsidialamt kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP die Arbeitsweise des von Kuleba geführten Ministeriums kritisiert.
Darüber hinaus hatten vor Kurzem Äußerungen Kulebas zu in den 40er Jahren von ukrainischen Nationalisten an Polen verübten Massakern im Nachbarland für Empörung gesorgt. Kuleba hatte sich bei einem Besuch in Polen dafür ausgesprochen, die „Geschichte den Historikern zu überlassen und gemeinsam die Zukunft zu gestalten“.
Zwischen beiden Ländern gibt es immer wieder Spannungen wegen unterschiedlicher Sichtweisen auf die gemeinsame Geschichte. Warschau gehört gleichzeitig zu den wichtigsten Verbündeten Kiews bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg.
Auch Kulebas eigene Partei Diener des Volkes steht offenbar nicht geschlossen hinter ihm. Sieben Parteikollegen im Parlamentsausschuss für Außenpolitik begrüßen Kulebas Ausscheiden aus dem Amt, schrieb Parlamentarierin Iryna Herashchenko auf Telegram.
Sybiga ist seit 1997 Diplomat
Von Kulebas Nachfolger Sybiga wird vor allem erwartet, dass er im Westen noch mehr Unterstützung für die Verteidigung gegen die russischen Angreifer einwirbt.
Sybiha arbeitete unter Kuleba bereits seit April als Vize im Außenministerium. Davor war er seit 2021 als Stellvertreter von Büroleiter Andrij Jermak im Präsidentenbüro im internationalen Bereich tätig gewesen. Von 2016 bis 2021 war der Jurist zudem ukrainischer Botschafter in der Türkei. Nach seinem Studium der internationalen Beziehungen trat er bereits 1997 in den diplomatischen Dienst seines Heimatlandes ein.
Selenskyj will Regierungsarbeit effektiver machen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock würdigte ihren ukrainischen Kollegen Kuleba. „Lange Gespräche in Nachtzügen, bei der G7, an den Frontlinien, in Brüssel, vor einem zerbombten Kraftwerk“, schrieb die Grünen-Politikerin auf X. „Es gibt wenige Menschen, mit denen ich so eng zusammengearbeitet habe wie mit Dir, @DmytroKuleba“, fügt sie hinzu. „Du stellst die Menschen deines Landes über dich.“
Sie wünsche Kuleba „aus der Tiefe meines Herzens alles Gute – wir sollten uns wieder treffen, wenn Frieden und Freiheit wieder in die ganze Ukraine zurückgekehrt sind“, so Baerbock.
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Der ukrainische Präsident Selenskyj will seinem Land durch die umfassende Regierungsumbildung nach eigenen Angaben einen Energieschub verschaffen. „Wir brauchen neue Energie“, antworte Selenskyj am Mittwoch auf eine Frage nach den Gründen für die Regierungsumbildung. „Und diese Schritte hängen zusammen mit der Stärkung unseres Staates in unterschiedlichen Bereichen.“
Schon zuvor wurde bekannt, dass im Zuge einer größeren Regierungsumbildung mindestens sechs Regierungsvertreter, darunter auch Kabinettsmitglieder, nach Angaben der Regierungspartei Diener des Volkes ihren Rücktritt eingereicht haben. Das ukrainische Parlament akzeptierte am Donnerstag vier davon. Außenminister Kuleba war zunächst nicht darunter.
„Wie versprochen, ist in dieser Woche ein großer Regierungsumbau zu erwarten“, erklärte der Fraktionschef der Partei von Selenskyj, David Arachamia, am Dienstag im Onlinedienst Telegram. Demnach sollen „mehr als 50 Prozent“ der Regierungsmitglieder ausgetauscht werden.
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„Morgen werden wir einen Tag der Entlassungen haben, den Tag danach einen Tag der Ernennungen“, kündigte Arachamia an, der als Vertrauter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gilt. Dieser hatte im Juli einen Umbau des Kabinetts angekündigt.
Am Dienstagabend hatten einige Minister bereits ihren Rücktritt eingereicht, darunter die Minister für Strategische Industrien, Justiz und Umweltschutz. Der Chef des staatlichen Vermögensfonds, Witalij Kowal, sowie die Vize-Regierungschefs Irina Wereschtschuk und Olha Stefanischyna traten zurück.
Zudem wurde laut einem Dekret Selenskyjs der stellvertretende Leiter seines Präsidialamts, Rostislaw Schurma, entlassen.
Selenskyj hat seit Kriegsbeginn die Regierung des Landes wiederholt umgebaut. Vergangenen September schasste er seinen Verteidigungsminister nach einer Reihe von Korruptionsskandalen. Vor kurzem tauschte er nach einer Reihe von Rückschlägen auf dem Schlachtfeld seinen Armeechef aus.
Selenskyjs im Jahr 2019 begonnene Amtszeit endete im Mai. Aufgrund des seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 geltenden Kriegsrechts bleibt er aber bis auf Weiteres im Amt. (AFP, dpa, Reuters, Tsp)
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