
© AFP/Saul Loeb
Und jetzt ist Kiew auch noch blind: Trump reißt die ukrainische Verteidigung ein – aber wofür eigentlich?
Die USA stoppen Waffenlieferungen und nun auch Aufklärungsdaten für Kiew. Der zweitgrößte Feind der Ukraine scheint jetzt im Weißen Haus zu sitzen. Doch was Trump eigentlich will, bleibt unklar.

Stand:
Der russische Präsident Wladimir Putin machte diese Woche, was wir von ihm kennen: Er lässt seine Truppen weiterhin unter Verstoß gegen das Völkerrecht im Südosten der Ukraine vorrücken. Außerdem lässt er – wie viele Male zuvor – Zivilisten und die Energieversorgung bombardieren. Die USA hingegen haben diese Woche eine historische Kehrtwende in Bezug auf die Ukraine vollzogen.
Unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden wurde Amerika – gemessen am Gesamtvolumen der militärischen Hilfe – das größte Unterstützerland der überfallenen Ukraine. Öffentlich weniger beachtet, zählten auch US-Geheimdienstinformationen und Aufklärungsdaten zu den wichtigen Hilfen. Nach dem Eklat im Weißen Haus hat Bidens Amtsnachfolger Donald Trump nun aber erst die laufende Unterstützung mit Waffen und Munition eingestellt. Anschließend hat er auch noch den Fluss an wichtigen Daten nach Kiew unterbrochen.
Der Stopp ist schon jetzt brutal
Die genauen Auswirkungen auf dem Schlachtfeld bleiben abzuwarten. Noch hat die Ukraine Reserven an Waffen und Munition. Außerdem wollen andere westliche Geheimdienste den Ausfall der USA kompensieren. Der Trumpsche Doppelschlag dürfte trotzdem bereits Auswirkungen auf dem Schlachtfeld haben. Ein Lieferstopp zwingt die Armee zu Rationierungen – ausgerechnet in einer Zeit, wo die Ukraine militärisch ohnehin stark unter Druck ist.
Der unterbrochene Datenfluss wiederum führt auch dazu, dass bestimmte weitreichende Raketen nicht mehr auf Stellungen in Russland geschossen werden können – nur wenige Monate, nachdem das der Ukraine überhaupt erst erlaubt worden war. Niemand im derzeit noch von einem Krieg verschonten Westen vermag sich den zusätzlichen Stress vorzustellen, den all das für die Verteidiger an der Front der Ukraine bedeuten muss. Drei Jahre nach Beginn der russischen Vollinvasion.
Warum tut Trump der Ukraine das an? Viele sehen den Druck auf das kriegsgebeutelte Land als Verhandlungstaktik. Tatsächlich scheint der US-Präsident bisher eins zu eins nach einem bereits vor Amtsantritt – zumindest grob – bekanntgewordenen Plan seines Ukraine-Sondergesandten Keith Kellogg vorzugehen. Dieser Plan sieht vor, beide Seiten dieses asymmetrischen Konfliktes jeweils durch Druck an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Die Ukraine wird zum Dank gezwungen
Mit Blick auf die Ukraine hat Trump Erfolg. Diese Woche sahen sich ukrainische Soldaten nicht nur dazu genötigt, öffentliche Dankesbotschaften in Richtung Amerika zu schicken, teils aus dem Cockpit einer F-16.
Auch Selenskyj war bemüht, den US-Präsidenten zu besänftigen, nachdem er ihn und seinen Vize JD Vance vor versammelter Weltöffentlichkeit im Weißen Haus auf die Lücke in ihrer Verhandlungstaktik hingewiesen hatte: Einfach nur reden und Verträge machen wird nicht reichen, um einen Kriegsverbrecher und Lügner wie Wladimir Putin zu Zugeständnissen zu bewegen.
Derzeit gewinnt Putin in der Ukraine ja mehr, als er es bei einem Waffenstillstand in den aktuellen Grenzen tun würde. Außerdem bewegt er sich keinen Millimeter bei seinen Forderungen, womit endgültig auch all diejenigen widerlegt wurden, die im Vorfeld und im deutschen Wahlkampf den Eindruck erweckt haben, man müsse doch nur endlich mit Putin sprechen.
Echter Druck auf Moskau muss folgen
Will Trump also wirklich einen echten Frieden beziehungsweise zumindest einen Waffenstillstand, mit dem der Rechtspopulist vor seiner Wählerschaft in den USA angeben kann, muss er nun auch Russland unter Druck zu setzen. Und zwar nicht nur mit nebulösen Sanktionsdrohungen wie in der Vergangenheit. Oder mit mysteriösen Andeutungen, wonach „die Russen einen Vertrag aus einem Grund wollen, den nur ich kenne“, wie Trump jüngst vor Reportern sagte.
Eine anderes, viel düsteres Szenario steht leider ebenfalls noch im Raum, bis Trump es eindeutig ausräumt. Womöglich ist ihm und seinen Wählern, Unterstützern und Lakaien die Ukraine am Ende des Tages doch einfach nicht so wichtig, wie viele Europäer glauben.
Trumps lächerliches Versprechen, den Krieg innerhalb von einem Tag zu beenden, hat er längst gebrochen – und bleiben die Gespräche weiterhin ohne greifbares Ergebnis, verliert er womöglich die Lust. Putin hätte freie Hand und Trump würde dann schon jemand anderen finden, den er seiner teilweise fanatischen Anhängerschaft zu Hause als Schuldigen für den geplatzten Deal präsentieren könnte.
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