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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

© dpa/Sean Kilpatrick

Update

„Dem Maultier auf die Nase gehauen“: US-Sondergesandter sieht Waffenlieferstopp als Verhandlungsstrategie

Washington hat die Hilfslieferungen an die Ukraine in dieser Woche gestoppt. Das müsse aber nicht von Dauer sein, sagen US-Regierungsvertreter. Die Bedingung: Selenskyj beugt sich dem Druck von Trump.

Stand:

Wie die „New York Times“ berichtet, könnten die US-Waffenhilfe und Geheimdienstinformationen zeitnah wieder fließen. Das schreibt die Zeitung unter Berufung auf US-Offizielle.

Die Voraussetzung: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beugt sich den Forderungen aus Washington. Dabei handele es sich zum einen um den Rohstoffdeal, den US-Präsident Donald Trump unbedingt mit der Ukraine abschließen will.

Ein Regierungsmitglied sagte der „NYT“, falls Kiew den Deal abschließe, würden die Waffenhilfen, die noch unter dem früheren Präsidenten Joe Biden beschlossen wurden, wieder aufgenommen. Ebenso wie die Weitergabe von Geheimdienstinformationen. Ob und wie viel Militärhilfe Trump neu zusichern würde, ist dagegen unklar. Ein anderer Offizieller erklärte, dass eine Voraussetzung auch sei, dass sich Kiew zu Friedensverhandlungen bereit erklärt.

Beides hatte Selenskyj in den vergangenen Tagen getan. Sowohl in einem Post in den sozialen Netzwerken als auch in einem Brief an Donald Trump erklärte der ukrainische Präsident, dass er den Rohstoffdeal unterschreiben wolle und einen „dauerhaften Frieden“ unter der „starken Führung“ von Trump verhandeln wolle. Ob diese Erklärungen für die US-Regierung schon ausreichen, bleibt abzuwarten.

Offen gesagt, haben sie sich das selbst zuzuschreiben.

Keith Kellogg über den Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine

Klar ist inzwischen, warum die USA die Militärhilfe eingestellt haben. Sie musste nach Darstellung des US-Sondergesandten Keith Kellogg eingestellt werden, um die ukrainische Führung an den Verhandlungstisch zu bewegen. „Ich kann es am besten so beschreiben, als würde man einem Maultier mit einem Kantholz auf die Nase hauen“, sagte Kellogg bei einer Veranstaltung des Council on Foreign Relations. „So bekommt man ihre Aufmerksamkeit.“ Er betonte, dass es sich um einen vorübergehenden Hilfsstopp handele – nicht um ein endgültiges Ende der Unterstützung.

Kellogg hatte schon in seinem Friedensplan aus dem vergangenen Jahr, die Waffenlieferungen als Hebel bezeichnet, um die Ukraine zu einem Friedensschluss zu zwingen. Kellogg’s Plan sah auch Druck auf Russland vor. Von dem ist allerdings derzeit – zumindest öffentlich – nicht viel zu sehen.

Kellogg bei einem Treffen in Kiew Ende Februar mit dem ukrainischen Präsidenten.

© AFP/SERGEI SUPINSKY

Kellogg deutete in diesem Zusammenhang an, dass die Entscheidung möglicherweise auch Auswirkungen auf die Verbündeten der USA habe. „Ich weiß, dass die Alliierten auch alles, was mit der US-Unterstützung zu tun hat, gewissermaßen pausiert haben“, sagte er. Ob er damit meinte, dass auch die Weitergabe von US-Geheimdienstinformationen durch andere westliche Staaten an die Ukraine eingeschränkt wurde, war unklar.

Mit Blick auf den jüngsten Eklat im Weißen Haus erklärte der Sondergesandte, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe die Situation völlig falsch eingeschätzt. „Offen gesagt, haben sie sich das selbst zuzuschreiben“, sagte er über die Ukrainer. Es sei ein Fehler gewesen, US-Präsident Donald Trump öffentlich davon überzeugen zu wollen, sich klar gegen Russland zu positionieren.

Der Republikaner sei „sehr großmütig“ gewesen und die Eskalation „völlig vermeidbar“. Der Stopp der US-Hilfen sei jedoch keine persönliche Rache Trumps, sondern ein strategischer Schritt, betonte Kellogg. Es zeige „einen bestimmten Verhandlungsstil“.

Trumps Erpressungsversuche scheinen Wirkung zu zeigen

Am Mittwoch noch hatte das US-Nachrichtenportal „Axios“ berichtet, dass die US-Regierung die Waffenlieferungen und die Übergabe von Geheimdienstinformationen einstellen, bis ein Datum für Friedensgespräche mit Russland festgelegt ist. Das erklärte der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Mike Waltz.

Die von Kellogg beschriebene Strategie scheint derweil Wirkung zu zeigen. Wie „Axios“ unter Berufung auf ukrainische Quellen schreibt, habe Selenskyj seine Versöhnungsbotschaft an Trump als direkte Reaktion auf das Zurückhalten der Geheimdienstinformationen verfasst. Der Grund: Fehlende Waffenlieferungen könnte Kiew noch einige Zeit kompensieren. Fehlende Informationen zu russischen Truppenbewegungen und Ansammlungen von Truppen oder Gerät dagegen nicht.

Die US-Geheimdienste, insbesondere die Satellitenaufklärung, sind für vor allem für Angriffe auf russisches Territorium wichtig, wo es keine ukrainische Aufklärung gibt. Ohne sie ist es zum Beispiel schwieriger, den Standort von Flugzeugen auf abgelegenen Flugplätzen zu bestimmen.

CIA-Chef John Ratcliff will den Ukrainern derweil die größten Sorgen nehmen. Sobald Friedensverhandlungen mit Russland begonnen hätten, würden auch die Hilfen für Kiew wieder fließen, erklärte er, wie „Axios“ auch berichtet. Er sagte weiter: „Wir werden mit der Ukraine Schulter an Schulter zusammenarbeiten, um die dortige Aggression zurückzudrängen und die Welt in eine bessere Lage zu versetzen, damit diese Friedensverhandlungen vorankommen.“ (ben)

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