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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hört zu, als die EU-Außenbeauftragte Kallas auf einer Pressekonferenz spricht.

© picture alliance/dpa/AP/Julia Demaree Nikhinson

„Warum zieht sich die andere Kriegspartei nicht auch zurück?“: Selenskyj äußert sich skeptisch zu neuestem US-Vorschlag

Die USA bringen eine „freie Wirtschaftszone“ im Donbass ins Spiel – doch die ukrainische Führung fürchtet gefährliche Zugeständnisse an Moskau. Auch 90 Prozent der Ukrainer sind gegen Gebietsabtretungen.

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Die USA haben im Ringen um einen Frieden in der Ukraine die nächste ungewöhnliche, manche mögen sagen eigenwillige Idee, ins Spiel gebracht. Wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag erklärte, will die Trump-Regierung den bisher von der ukrainischen Armee kontrollierten Teil des Donbass-Gebiets im Osten des Landes zur „freien Wirtschaftszone“ erklären. Der Kompromissvorschlag bestehe darin, dass die russische Seite nicht in dieses Gebiet vordringt, sagte Selenskyj. 

Allerdings ergänzte er, dass der Fairness halber umgekehrt die Frage erlaubt sein müsse: „Wenn sich die eine Seite zurückzieht, wie man es von den Ukrainern verlangt, warum zieht sich die andere Kriegspartei nicht um die gleiche Entfernung in die andere Richtung zurück?“

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte Mitte November einen Plan für eine Friedenslösung vorgelegt, den Kritiker als „russische Wunschliste“ und faktische Kapitulationserklärung der Ukraine bezeichneten, weil er im Wesentlichen bekannte Forderungen Moskaus enthielt.

Die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten bemühten sich, den Plan im Eiltempo umzuarbeiten und für sie nicht hinnehmbare Punkte herauszustreichen. Von den 28 Punkten sind noch 20 geblieben. Außerdem gibt es Extra-Dokumente, die sich mit den Sicherheitsgarantien für die Ukraine und dem wirtschaftlichen Wiederaufbau befassen.

Am Mittwoch übermittelte Selenskyjs Chefverhandler Rustem Umerov den überarbeiteten Plan an Trumps Schwiegersohn und Ukraine-Verhandler Jared Kushner. Überraschend ist, wie nah der Plan an den ursprünglichen Vorstellungen der USA – und damit auch Russlands – immer noch ist.

In den nächsten Tagen soll es weitere Treffen und Gespräche zu dem Friedensplan geben. „Am Samstag findet ein Treffen statt, wir werden sehen, ob wir daran teilnehmen oder nicht“, sagte Trump im Weißen Haus – ohne zu erwähnen, mit wem die Gespräche geführt würden. Er betonte, Vertreter der USA würden an einem solchen Treffen teilnehmen, „wenn wir glauben, dass es gute Chancen gibt“. Ansonsten wolle man keine Zeit verschwenden.

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zuletzt erklärt, es sei möglich, dass es nach Gesprächen am Wochenende zu Beginn der nächsten Woche ein Treffen in Berlin geben werde. Die Teilnahme der US-Regierung sei aber noch fraglich.

Selenskyj: Nur das Volk kann über Gebietsfragen entscheiden

Als Knackpunkte in den Gesprächen gelten weiterhin die Territorialfragen und die Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Selenskyj hat Gebietsabtretungen in der Vergangenheit ausgeschlossen – aus seiner Sicht kann darüber nur das ukrainische Volk entscheiden. „In Form von Wahlen oder in Form eines Referendums, doch muss es die Position des Volkes der Ukraine sein“, sagte der Staatschef Journalisten in Kiew. Vieles hänge dabei von der Lage an der Front ab.

Einer aktuellen Umfrage des renommierten Rasumkow-Zentrums zufolge sind allerdings mehr als 90 Prozent der Ukrainer gegen territoriale Zugeständnisse an Russland.

Selenskyj sagte den Medienberichten zufolge, es sei offen, wie die von den USA vorgeschlagene „freie Wirtschaftszone“ verwaltet werden sollte und wie man Russland davon abhalten könnte, doch weiter in das Gebiet vorzudringen – wenn schon nicht offensichtlich, dann beispielsweise mit Soldaten in Zivilkleidung, wie dies einst schon auf der Krim geschah. 

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Wie der Vorschlag zur Einrichtung einer neutralen Wirtschaftszone im Donbass im Kreml ankommt, ist bisher nicht bekannt. Kremlchef Wladimir Putin hatte zuletzt erklärt, falls die Ukraine dieser Kernbedingung für einen Frieden nicht zustimmen sollte, werde Russland seine Kriegsziele eben auf dem Schlachtfeld erreichen.

Die Ukraine kontrolliert noch etwa 30 Prozent der als Donbass bezeichneten Bergbau- und Industrieregion in der Ostukraine mit den Gebieten Luhansk und Donezk.

Selenskyj und sein Team sprachen am Donnerstag mit der US-Seite auch über „eines der drei Dokumente, an denen wir gerade arbeiten - jenes zu Sicherheitsgarantien“. Diese „gehören zu den wichtigsten Elementen für alle weiteren Schritte“, wie Selenskyj zu verstehen gab. Es brauche konkrete Antworten darauf, was die Partner machen würden, falls Russland nach einem Friedensschluss erneut angreifen sollte. Daran werde weiter gearbeitet.

Trump bekräftigte, dass die USA zu Sicherheitsgarantien bereit seien. „Wir würden bei der Sicherheit helfen, weil es meiner Meinung nach ein notwendiger Faktor ist“, sagte er. Nähere Details nannte Trump hierzu aber nicht. 

An der Videoschalte mit den Ukrainern nahmen laut Selenskyj hochrangige US-Regierungsvertreter teil: Neben Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Pete Hegseth waren demnach auch Trumps Sondergesandter Steve Witkoff und sein Schwiegersohn Jared Kushner dabei. Zugeschaltet war demzufolge auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte.

Fast ein Jahr nach seinem Amtsantritt ist Trump nach Angaben des Weißen Hauses „äußerst frustriert“ über Russland und die Ukraine. Er wolle keine weiteren Gespräche, sondern Taten sehen, sagte seine Sprecherin Karoline Leavitt bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Trump wolle, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine endlich ein Ende nehme. (mit dpa)

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