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Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), bei einer Pressekonferenz (Archivbild vom 12.02.2023).

© dpa/Jörg Carstensen

Wenn die Ukraine verliert: Leiter der Sicherheitskonferenz hält russischen Angriff auf Nato für möglich

Christoph Heusgen verweist auf Putins imperiale Ziele. Nato-Generalsekretär Stoltenberg fordert unterdessen Vorbereitungen für eine jahrzehntelange Konfrontation mit Russland.

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hält einen russischen Angriff auf Nato-Gebiet für nicht ausgeschlossen, sollte die Ukraine den Krieg verlieren.

Auf die Frage, ob er Putin einen Angriff auf ein Nato-Land zutraue, sagte Heusgen der „Rheinischen Post“ (Samstag): „Natürlich. Putin hat ja mehrfach gesagt, dass die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts der Zerfall der Sowjetunion war, weil damit viele Russen außerhalb der Grenzen Russlands gestrandet sind.“

Heusgen sieht Moldau und die baltischen Staaten bedroht

Putin wolle ein Groß-Russland in den Grenzen der ehemaligen Sowjetunion wiederherstellen, ein russisches Weltimperium, in dem er zarengleich herrsche, sagte Heusgen. „Sollte Putin den Krieg in der Ukraine nicht verlieren, müssen wir damit rechnen, dass er auch nach der Republik Moldau oder den baltischen Staaten greift.“

Er wolle nicht darüber spekulieren, was Putin wirklich wage. „Aber wir müssen alles tun, damit die Ukraine jene Waffen und Militärhilfe bekommt, die sie bräuchten, um sich gegen die russischen Aggressoren erfolgreich zu wehren und sie von ihrem Staatsgebiet wieder zu vertreiben.“ Heusgen war langjähriger außenpolitischer Berater der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Putin hatte in einem Interview des rechtsgerichteten Moderators Tucker Carlson gesagt, dass Russland keine territorialen Ansprüche gegen Polen oder den Baltenstaat Lettland hege. Ein russischer Einmarsch in diese Nato-Staaten sei „absolut ausgeschlossen“ – mit einer möglichen Ausnahme: „Wenn Polen Russland angreift“.

Der polnische Parlamentspräsident Szymon Holownia mahnte in Warschau, solchen beschwichtigenden Äußerungen Putins keinen Glauben zu schenken.

Zur 60. Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof werden vom 16. bis 18. Februar insgesamt etwa 50 Staats- und Regierungschefs nach München kommen, unter ihnen auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Auch etwa 100 Minister sowie zahlreiche weitere Politiker und Experten werden erwartet.

Stoltenberg: Jahrzehntelange Konfrontation mit Moskau ist möglich

Die Nato muss sich aus Sicht ihres Generalsekretärs Jens Stoltenberg auf die Möglichkeit einer jahrzehntelangen Konfrontation mit Russland vorbereiten. „Die Nato sucht keinen Krieg mit Russland“, sagte Stoltenberg der „Welt am Sonntag“. „Aber wir müssen uns wappnen für eine möglicherweise jahrzehntelange Konfrontation.“

Er rief die Verbündeten erneut auf, ihre Rüstungsindustrie schneller auszubauen. „Wenn (Russlands Präsident Wladimir) Putin in der Ukraine gewinnt, gibt es keine Garantie dafür, dass die russische Aggression sich nicht noch auf andere Länder ausbreitet“, warnte der Norweger.

Die beste Verteidigung sei jetzt, die Ukraine zu unterstützen und in die militärischen Fähigkeiten der Nato zu investieren. „Abschreckung funktioniert nur, wenn sie glaubwürdig ist“, sagte er. „Wir müssen unsere industrielle Basis schneller wiederherstellen und ausbauen, damit wir die Lieferungen an die Ukraine erhöhen und unsere eigenen Bestände wieder auffüllen können“, forderte Stoltenberg.

„Das bedeutet, von langsamer Produktion in Zeiten des Friedens zu schneller Produktion, wie sie in Konflikten nötig ist, zu wechseln.“ Er forderte deshalb mehr und schnellere Aufträge für Europas Rüstungsunternehmen: In Marktwirtschaften bräuchten Waffenhersteller unterschriebene Verträge, damit sie ihre Produktion hochfahren, argumentierte Stoltenberg.

Der Nato-Generalsekretär mahnte, Russlands Präsident Wladimir Putin bereite die Wirtschaft seines Landes auf einen langen Krieg vor. „Weil Russland seine gesamte Wirtschaft auf Krieg ausrichtet, müssen wir auch mehr für unsere Sicherheit tun.“ (dpa)

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