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Präsidentschaftskandidat George Simion verlässt eine Wahlkabine.

© dpa/Vadim Ghirda

Wiederholung der Präsidentschaftswahl in Rumänien: Trumps Schatten – und die Angst vor einem „Desaster“

Er ist pro-russisch und inszeniert sich als Trump-Fan: Der nationalistische Rechtspopulist George Simion ist Favorit. Die USA und Europa hatten sich auch über die Annullierung der Wahl entzweit.

Stand:

Er gilt als pro-russisch, inszeniert sich zugleich als Fan des US-Präsidenten Donald Trump und will sich die Republik Moldau und eine Region der Ukraine einverleiben: Der Rechtsextreme George Simion gilt als Favorit der Präsidentschaftswahl in Rumänien.

Der Politiker, der aus der Hooliganszene stammt, könnte die Unterstützung seines Landes für die Ukraine zurückfahren und ein unsicherer Nato-Partner werden. Daher geht es am Sonntag eben nicht bloß um die Nachfolge von Staatschef Klaus Johannis.

Es geht um die demokratische Zukunft eines EU- und Nato-Landes, das seit Beginn des russischen Angriffskriegs zu einem der wichtigsten Unterstützer der benachbarten Ukraine wurde.

USA hatten Annullierung kritisiert

Nicht nur aus diesem Grund blicken Europa und die USA gebannt nach Rumänien. Die Annullierung der Wahl vom November hatte auch die EU und Washington entzweit. Das Verfassungsgericht hatte das mit dem Verdacht auf Wahleinmischung Russlands begründet.

US-Vizepräsident JD Vance hatte diese Entscheidung auf der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar heftig kritisiert. Er zog die Wahlannullierung als Beleg für seine These heran, dass in Europa die Meinungsfreiheit eingeschränkt sei und antidemokratische Tendenzen herrschten.

„Die Situation ist so schlimm geworden, dass Rumänien im vergangenen Dezember kurzerhand die Ergebnisse einer Präsidentschaftswahl annullierte – basierend auf unbegründeten Verdachtsmomenten eines Geheimdienstes und unter dem enormen Druck seitens der kontinentalen Nachbarn“, sagte Vance auf der Tagung.

Das Interesse der USA an Rumänien zeigt sich auch in der Besuchertätigkeit: Mitte April besuchte eine Delegation des US-Kongresses Bukarest. Die Gespräche mit der Regierung drehten sich um Visaangelegenheiten, aber auch um Nato-Verteidigung und die Wahlwiederholung.

Donald Trump Jr., der älteste Sohn des US-Präsidenten, reiste im Zuge seiner „Trump Business Vision 2025“-Tour wenige Tage vor der Wahl nach Bukarest.

Warum die Wahl Georgescus annuliert wurde

Den Urnengang vom vergangenen November hatte unter dubiosen Umständen überraschend der unbekannte Rechtsextremist Călin Georgescu gewonnen.

Er profitierte von einer massiven Kampagne auf TikTok, deren Spur nach Moskau führte. Auch zu Cyberangriffen sei es laut rumänischem Geheimdienst gekommen. Ebenfalls fragwürdig: die Wahlkampffinanzierung, die Georgescu mit null deklariert hatte.

Von der Wahlwiederholung, die die Verfassungsrichter anordneten, ist der Ultranationalist jedenfalls ausgeschlossen – eine Entscheidung, die in Rumänien auf Kritik stößt.

Calin Georgescu (li.) durfte bei der Wiederholungswahl nicht wieder antreten, aber wählen. Am Wahltag tritt er gemeinsam mit Simion auf.

© AFP/DANIEL MIHAILESCU

So hätten die Wahlbehörde und die Justiz „wenig konkrete Beweise“ vorgelegt, die Georgescus Ausschluss und eine Wahlwiederholung rechtfertigten, meint Roxana Stoenescu, Dozentin an der Babeș-Bolyai-Universität in Cluj-Napoca.

„Das ist für die rumänische Gesellschaft ein großer Einbruch in die Demokratie gewesen und wird von allen Schichten stark kritisiert.“

Der Neue

Der Hoffnungskandidat der Rechten heißt daher jetzt George Simion. Dem 38-jährigen EU-Skeptiker und Anführer der AUR-Partei ist es nach Georgescus Ausscheiden gelungen, sich erfolgreich als „Kandidat für nationalistische Wähler“ zu etablieren, schreibt das Portal Politico. Umfragen zufolge könnte er am Sonntag jede dritte Stimme holen.

Welchem der zehn anderen Kandidaten Simion in einem zweiten Wahlgang gegenüberstehen würde, ist völlig offen.

Viele Kandidaten suggerieren eine Nähe zum US-Präsidenten: hier Marian Cucsa von der republikanischen Partei.

© REUTERS/LOUISA GOULIAMAKI

Die größten Chancen auf das Präsidentenamt haben neben Simion der frühere Senatspräsident Crin Antonescu als Kandidat der proeuropäischen Regierungskoalition, der Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest, Nicușor Dan, und der ehemalige Ministerpräsident Victor Ponta. Antonescu und Dan gelten als Gemäßigte, Ponta als Populist und Trump-Anhänger.

Einreiseverbot in der Ukraine und Moldau

Sowohl die Ukraine als auch Moldau erklärten den Rechtsaußen-Kandidaten Simion zur Persona non grata, nachdem er dort Gebietsansprüche gestellt hatte. Er kündigte an, gegen Brüssel aufzustehen und der Ukraine die Militärhilfe zu streichen.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs ist Rumänien einer der wichtigsten Unterstützer der benachbarten Ukraine. Das Land nahm Tausende ukrainische Flüchtlinge auf, schickte dem Nachbarn Raketenabwehrsysteme und bildete ukrainische Soldaten aus.

Eine Präsidentschaft Simions könnte für Rumänien zum „Desaster“ werden, warnt der Politologe Andrei Ţăranu in Bukarest. „Die EU würde Rumänien wahrscheinlich unter politische Quarantäne stellen und die schwache Parlamentsmehrheit würde sich um den Premierminister scharen, um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Rumänien zu verteidigen.“

Laut Katja Plate, Landesdirektorin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bukarest, würde Simion sein Land „nicht zwingend“ aus EU und Nato führen. Aber: „Die bisher extrem ruhig und konstruktiv geführte Außen-, Sicherheits- und Europapolitik Rumäniens würde damit in jedem Fall unwägbarer werden.“

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