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M23-Kämpfer.

© AFP/TONY KARUMBA

Update

Nachbarland Uganda bereitet Verteidigung vor: M23-Gruppe rückt im Kongo weiter Richtung Süden vor

Die UN zeigten sich besorgt vor dem Vorrücken auf die nächste Großstadt Bukavu. Die Miliz selbst hatte angekündigt, bis zur Hauptstadt Kinshasa vorzurücken.

Stand:

Nach der Einnahme der Stadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist die von Ruanda unterstützte Miliz M23 weiter nach Süden vorgerückt. Am Vortag hatte sie erklärt, bis zur Hauptstadt Kinshasa vorrücken zu wollen. Sie näherten sich am Freitag einem Militärflughafen. Örtliche Quellen hatten der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag mitgeteilt, dass sich die Kämpfe etwa 30 Kilometer von der Stadt Kavumu entfernt konzentrierten, in welcher sich der strategisch wichtige Militärflughafen befindet.

Die Vereinten Nationen äußerten sich besorgt angesichts „glaubwürdiger Berichte, dass die M23 rasch auf die Stadt Bukavu zusteuert“. Bukavu ist mit rund zwei Millionen Einwohnern nach Goma die zweitgrößte Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Am Donnerstag hatte die M23 angekündigt, ihren „Befreiungsmarsch“ bis in die Hauptstadt Kinshasa fortzusetzen.

Quellen vor Ort berichteten der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch von Gebietsgewinnen der Miliz in der Region Süd-Kivu. Der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi erklärte, das kongolesische Militär unternehme derzeit einen „energischen Gegenschlag“ gegen die M23-Kämpfer.

Die Armee Ugandas kündigte derweil indes am Freitag an, ihre Verteidigung im Osten des Nachbarlandes zu verstärken. Sei werde eine „vorwärts gerichtete Verteidigungshaltung“ einnehmen, „bis die Krise vorüber ist“, hieß es in einer Erklärung. Ziel der Verstärkung sei es, „die zahlreichen anderen negativen bewaffneten Gruppen, die im Osten der DR Kongo operieren, abzuschrecken und daran zu hindern, die Situation auszunutzen“.

Die ugandische Armee erklärte, sie verfolge in Zusammenarbeit mit der kongolesischen Armee „die Entwicklung der Sicherheitslage genau und wird weiterhin aggressiv Jagd auf die Überreste der ADF machen“.

„Wir werden den Befreiungsmarsch bis nach Kinshasa fortsetzen“

„Wir sind in Goma um zu bleiben“, sagte Corneille Nangaa, der Anführer der politisch-militärischen Kongofluss-Allianz, der auch die Gruppe M23 angehört, am Donnerstag vor Pressevertretern in Goma und fügte hinzu, „Wir werden den Befreiungsmarsch bis nach Kinshasa fortsetzen“. Es war die erste öffentliche Äußerung, seit die Kämpfer der M23 in der Nacht zu Montag in die Millionenstadt am Kivu-See eindrangen.

Bei seinem Auftritt in einem 5-Sterne-Hotel trug Nangaa Uniform und saß zwischen Rebellenkommandeuren. Er kündigte einen Marsch in die Hauptstadt Kinshasa an, um die Regierung von Präsident Félix Tshisekedi zu stürzen. Nangaa machte deutlich, dass nun die Rebellen die Entscheidungen in Goma treffen. Seit Freitag ist in Goma die Stromversorgung unterbrochen, außerdem waren die Einwohner tagelang ohne Wasser. Das Internet funktioniert nur sporadisch.

Tshisekedi findet bei Ansprache an Nation deutliche Worte

An einem Krisengipfel gemeinsam mit dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame hatte der kongolesische Staatschef Tshisekedi am Mittwoch aufgrund „terminlicher Gründe“ nicht teilgenommen. Stattdessen wandte er sich Mittwochabend zum ersten Mal seit dem Angriff auf Goma in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache an die Nation und prangerte die „Untätigkeit“ der internationalen Gemeinschaft an.

Tshisekedi erneuerte zudem die Vorwürfe an das Nachbarland Ruanda und verwies dabei auf die Anwesenheit tausender ruandischer Soldaten im Ostkongo. Die strategisch wichtige Millionenstadt Goma liegt an der Grenze zu Ruanda. Die M23-Kämpfer seien „Marionetten von Kigali“. Kigali bestreitet jedoch, die Rebellen zu unterstützen.

Der Präsident erklärte außerdem, das kongolesische Militär unternehme im Osten des Landes derzeit einen „energischen Gegenschlag gegen diese Terroristen und ihre Unterstützer“. Die kongolesische Armee hat sich bisher nicht zu dem Vorstoß der M23-Kämpfer geäußert. Die internationale Gemeinschaft versuchte indes, die Konfliktparteien zu einem Ende der Kämpfe zu drängen.

Die Einnahme der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma durch Kämpfer der Miliz M23 sei eine „Beleidigung unserer Geschichte“, betonte Tshisekedi . Das kongolesische Staatsoberhaupt versprach eine energische Reaktion, um die M23 aus Goma zu vertreiben, und rief junge Kongolesen auf, der Armee beizutreten. Außerdem versprach er einen humanitären Notfallplan.

Washington, Berlin und Brüssel schalten sich in die Debatte ein

US-Außenminister Marco Rubio Kagame teilte in einem Telefonat am Mittwoch mit, die USA seien „zutiefst beunruhigt“ über die Eskalation des Konflikts.

Bundesaußenministern Annalena Baerbock (Grüne) erklärte am Donnerstag bei X, sie habe mit ihrem ruandischen Amtskollegen Olivier Nduhungirehe gesprochen. Ruanda müsse die Unterstützung für die M23 einstellen und die territoriale Integrität respektieren, forderte Baerbock. Weiter erklärte sie, es gebe keine „militärische Lösung“ für den Konflikt und es müsse eine Rückkehr zur im Rahmen des Luanda-Prozesses ausgehandelten Waffenruhe erfolgen.

Die UNO, die USA, China und die EU hatten Ruanda ebenfalls aufgefordert, seine Soldaten aus der Region abzuziehen. Kagame betonte, dass „die M23 nicht Ruander sind - sie sind Kongolesen“.

Belgien schlug unter anderem vor, die EU solle eine Rohstoffvereinbarung mit Ruanda aussetzen, um Druck auf Kigali auszuüben. „Wir müssen einen Kompromiss auf europäischer Ebene finden, denn auf dieser Ebene werden wir einen bedeutenden Einfluss haben“, erklärte Außenminister Bernard Quintin. Großbritannien kündigte an, angesichts der ruandischen Verwicklung in die Kämpfe seine „Unterstützung für Ruanda“ auf den Prüfstand stellen zu wollen.

Noch kein neuer Termin für Friedensgipfel

Ruandas Staatschef Kagame warnte währenddessen Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa vor einer Einmischung in den Konflikt. In dem Onlinedienst X erklärte Kagame am Mittwoch, Südafrika sei in „keiner Position, die Rolle eines Friedensstifters oder Mediators einzunehmen“. Dreizehn südafrikanische Soldaten waren in den vergangenen Tagen im Rahmen einer regionalen Friedensmission (SAMIDRC) bei den Kämpfen um Goma getötet worden. Kagame erklärte, die SAMIDRC sei keine Friedensmission und er habe keine Angst vor einer „Konfrontation“ mit Südafrika.

Die wochenlangen Kämpfe im Osten der Demokratischen Republik Kongo hatten am Sonntag ihren vorübergehenden Höhepunkt erreicht, als Kämpfer der von Ruanda unterstützten Gruppe M23 und ruandische Soldaten in das Stadtzentrum von Goma eingedrungen waren. Nach Zählung der AFP wurden bei den Kämpfen in Goma mehr als hundert Menschen getötet und fast tausend weitere verletzt. Die an Bodenschätzen reiche Region Nord-Kivu und die Nachbar-Provinz Süd-Kivu sind seit drei Jahrzehnten von Konflikten geprägt.

Am Donnerstag hatten die Kämpfe in Goma größtenteils aufgehört, wie Journalisten der AFP berichteten. Die humanitäre Situation blieb währenddessen weiterhin kritisch. „Es gibt nichts mehr zu essen, alles ist geplündert worden“, sagte ein Bewohner Gomas, der nur den Namen Bosco angeben wollte und fügte hinzu: „Wir brauchen dringend Hilfe“. (AFP, dpa)

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