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Zuschauerquoten im Sinkflug: Russland will trotz Haushaltsloch Rekordsummen in Medienpropaganda investieren
Russlands Regierung hat aktuell mit einem massiven Haushaltsdefizit zu kämpfen. Trotzdem will man bald Ausgaben in Rekordhöhe in die kremlfreundliche Berichterstattung investieren.
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Moskau will die Ausgaben für staatliche Propaganda in den Medien auf ein neues Rekordniveau erhöhen. Das geht aus einem Bericht der russischen Zeitung „Moscow Times“ hervor. Die Online-Zeitung schreibt unter Berufung auf Informationen aus einer Datenbank der Staatsduma zum russischen Haushaltsentwurf 2026, dass der Kreml für die Finanzierung staatlicher Medien im kommenden Jahr Ausgaben von 146,3 Milliarden Rubel einplant. Das entspricht aufgerundet etwa 1,55 Milliarden Euro (Stand: 21. Oktober, 13 Uhr).
Die geplanten Haushaltsausgaben im Sektor „Massenmedien“ sollen demnach im Vergleich zum laufenden Jahr um weitere sieben Prozent (9,1 Milliarden Rubel) ansteigen. Im Vergleich zum Vorkriegsniveau 2021 sind die Ausgaben in diesem Bereich bereits um 28 Prozent (32,4 Milliarden Rubel) angestiegen.
Die „Moscow Times“ rechnet vor, dass die staatliche Propaganda den russischen Steuerzahler künftig 12,1 Milliarden Rubel (128 Millionen Euro) pro Monat kostet, also etwa 2,81 Milliarden Rubel (29,7 Millionen Euro) pro Woche.
Die Hauptempfänger des Budgets sollen die staatlichen Fernsehsender bleiben. Generell sollen die Mittel aber sämtlichen staatlichen Medienunternehmen zugutekommen, darunter auch einige Online-Propagandaprojekte, wie die „Moscow Times“ berichtet. Einer Analyse des Datenerhebungsportals „Statista“ zufolge ist das Fernsehen in Russland nach wie vor das meistgenutzte Medium. Allerdings gewinnen digitale Plattformen vor allem bei den jüngeren Generationen zunehmend an Bedeutung.
Russlands Propagandamedien verlieren Konsumenten
Die Erhöhung der Ausgaben auf ein Rekordniveau kommt zu einer Zeit, in der die Einschaltquoten der größten staatlichen Sender eher rückläufig sind. So verlor beispielsweise der halbstaatliche Sender „Perwy kanal“ (deutsch: „Erster Kanal“) seit Anfang 2022 ein Viertel seiner Zuschauerschaft, obwohl er in Russland derzeit der populärste Fernsehsender ist. Der Moskauer Fernsehsender NTW verlor im gleichen Zeitraum 13 Prozent seiner Zuschauer.
Jüngst büßte auch das Talkshow-Flaggschiff des russischen Top-Propagandisten Wladimir Solowjow an Beliebtheit ein. Sein auf dem Sender „Rossija-1“ ausgestrahltes Sonntagsformat, bei dem der 62-jährige Fernsehmoderator regelmäßig zur Vernichtung von Verbündeten der Ukraine aufruft, fiel jüngst aus dem Top-50-Ranking der Fernsehsender, berichtet die „Moscow Times“.

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Auch die Konsumentenzahlen bei den staatlichen Nachrichtenagenturen sind den Angaben zufolge rückläufig. Die bereits 1961 gegründete Nachrichtenagentur „RIA Novosti“ verlor dem Bericht zufolge im Vergleichszeitraum 12 Prozent seiner Konsumenten. Die Moskauer Nachrichtenagentur „TASS“ hingegen nur drei Prozent.
Besonders von Einbußen betroffen scheint demnach auch die Moskauer Zeitung „Komsomolskaja Prawda“ zu sein. Das Lieblingsblatt von Kremlchef Wladimir Putin verlor ein Drittel seiner Leserschaft. Die Reichweite schrumpfte den Angaben folgend von täglich 6,5 Millionen auf 4,3 Millionen Nutzer.
Ob die Finanzspritze hilft, bleibt fraglich
Was die konkreten Gründe für stetig sinkende Konsumentenzahlen bei Russlands Propagandamedien sind, bleibt unklar. Zumindest teilweise dürfte der anhaltende Ukrainekrieg daran maßgeblich beteiligt sein. Zwar mag die Zahl der russischen Zuschauer- und Leserschaft mit den fortlaufenden Rekrutierungen und Mobilisierungen für Putins Armee ganz automatisch sinken. Allerdings dürften die Beliebtheitswerte davon wiederum weniger betroffen sein.
Ob die angekündigte Finanzspritze für Russlands Propagandamaschinerie ihre Wirkung zeigen wird, bleibt ebenfalls fraglich. Der US-amerikanische Auslandssender „Voice of Amerika“ (VOA) stellte bereits in einer Analyse Anfang des Jahres fest, dass kremlfreundliche Medien in Russland trotz immenser staatlicher Mittel im letzten Jahr Millionen an Konsumenten einbüßen mussten. Analysten prognostizierten, dass der Abwärtstrend anhaltend sei. „Der Kreml konnte den Trend bisher nicht umkehren, auch nicht mit den größten Finanzspritzen für staatliche Medien“, berichtete VOA unter Berufung auf Medienexperten.
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