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Abschied von der Spitze der Stiftung Preußischer Kulturbesitz : Hermann Parzinger übergibt an Marion Ackermann
Ein royales Amt: Festakt im Neuen Museum auf der Museumsinsel mit 400 Gästen. Deutschlands wichtigste Kultureinrichtung soll fortan sichtbarer werden.
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So viel Goethe, Walter Benjamin, Fontane war selten. Der Moment verlangte offensichtlich nach Zitaten berühmter Autoren und Denker, um die Bedeutung der Amtsübergabe zu unterstreichen und vor allem den scheidenden Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu würdigen sowie seine Nachfolgerin einzuführen. Hermann Parzinger nahm es dagegen leichter.
Blumen? „Machen’mer später“, reagierte er salopp auf den zu früh aufs Podium geschafften Abschiedsstrauß und hielt erst einmal gewohnt rasant einen Rückblick auf seine vergangenen 17 Jahre als Leiter der bedeutendsten Kultureinrichtung Deutschlands, wie seine sämtlichen Vorredner immer wieder betont hatten.
Hochgeschätzter Kulturmanager
Mit Hermann Parzinger tritt ein hochgeschätzter Kulturmanager ab, der an der Spitze der Preußenstiftung mitreißend gewirkt hat. Das war trotz der Formalität des Festakts auf der Museumsinsel zu merken. Kompliziert hatten sich die Gäste in der Treppenhalle des Neuen Museums rechts und links der nach oben führenden Stufen ihre Plätze suchen müssen.
David Chipperfield, Architekt der Stüler-Bau-Sanierung und letzter Festredner, verwies auf die Merkwürdigkeit gerade dieser Konstellation, dass er mit Blick auf sein eigenes Werk, die berühmte Beton-Treppe, spräche. Es ging nicht anders: Für die 400 Gäste wäre die James-Simon-Galerie zu klein gewesen, das Pergamon-Museum ist noch Baustelle, so musste der Festakt im Neuen Museum stattfinden.

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Für den sächsischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz Michael Kretschmar, stellt das Neue Museum ohnehin eine Metapher dar, die viel „über uns als Deutsche“, aber auch über Hermann Parzinger aussagt, wie er in seiner Ansprache ausführte: Das Haus zeige seine Versehrtheit, der Zerstörungen des vergangenen Weltkrieges, und stelle sich der Geschichte. Es nehme sich selbst zurück und schaffe Raum für den Diskurs.
Brückenbauer zwischen Kulturen und Gesellschaften
Als Archäologe habe Parzinger gelernt, so Kretschmer, Brückenbauer zwischen Kulturen und Gesellschaften zu sein. Ruhe bewahren, Verbündete suchen sei sein Prinzip gewesen. Damit habe er die Stiftung durch die Reform manövriert und sie vor ihrer Zerschlagung bewahrt, die ihr vom Wissenschaftsrat eigentlich empfohlen worden war. Auch dafür bedankte sich der Politiker.
Zwei Päpste, drei US-Präsidenten und drei Kulturstaatsminister zählte der stellvertretende Stiftungspräsident Gero Dimter als Begrüßung für Parzingers Amtszeit auf. Die nachfolgenden Redner addierten 14 abgeschlossene Bauprojekte – vom Humboldt-Forum in Mitte bis zum Zentraldepot in Friedrichshagen –, eine zehnprozentige Steigerung des Stiftungsbudgets und die Durchsetzung des neuen Stiftungsgesetzes hinzu.
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer schmeichelte dem scheidenden Präsidenten, dass ein Abschied immer auch ein bisschen Krönung sei, in diesem Fall von einem geradezu royalen Amt.
Weimers Interesse – und darüber täuschten auch die Komplimente für Parzinger nicht hinweg – aber gilt dessen Nachfolgerin Marion Ackermann. Ihre besondere kreative Lebendigkeit und positives Naturell zeichne sie für die neue Aufgabe aus und werde die Preußenstiftung sichtbarer und konkurrenzfähiger machen, ist der Kulturstaatsminister überzeugt. Die beiden verstehen sich offenbar.
Mit Marion Ackermann tritt als neue Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ein anderer Typus, eine neue Leitungspersönlichkeit an, das machte ihre Rede deutlich.
Während Parzinger mit Politiker-Verve und dem Appell geendet hatte, eine demokratische Gesellschaft müsse sich gegen Übergriffe wie aktuell in den USA wehren, zeichnete seine Nachfolgerin zunächst ihren eigenen Lebensweg als Deutschlandreise nach: aufgewachsen in Niedersachsen, berufliche Anfänge in Bayern, Gründungsdirektorin in Baden-Württemberg, Chefin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, dann Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen in Sachsen und nun Berlin.
Wohin führt uns die Reise?, fragte sie und gab eine erste Antwort: mehr nach Mittel- und Osteuropa, um gemeinsam die Geschichte Europas fortzuschreiben.
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