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Blick von der Zitadelle auf die Altstadt von Aleppo im Januar 2016

© DGAM Syria, Creative Commons BY-SA 4.0

Archäologen gründen Netzwerk für Syrien: Wenn die Waffen schweigen

Wie kann Syrien nach dem Krieg wieder aufgebaut werden? Archäologen haben dazu jetzt in Berlin ein Netzwerk gegründet. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier war dabei.

So viel archäologische Kompetenz sieht man man selten auf einer Bühne versammelt: Die Mitglieder des Archaelogical Heritage Networks (ArcHerNet) haben beim Jahresempfang des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) ihre Urkunden von Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst,

überreicht bekommen. 19 Institutionen, darunter der Verein der „Freunde der Altstadt von Aleppo“, der Verband der Landesarchäologen, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz oder die Deutsche Unesco-Kommission sind nun in dem Kompetenznetzwerk zusammengefasst, das in dieser Breite weltweit einmalig ist. Sein Ziel:

alles zu unternehmen, damit sie syrischen Kollegen eines Tages mit dem Wiederaufbau ihres Landes beginnen können. Das erste Projekt des vom DAI koordinierten Netzwerks startet jetzt. Es heißt „Stunde Null – Eine Zukunft für die Zeit nach der Krise“ .

Geballte Kompetenz. Die Mitglieder des neu gegründeten Archaelogical Hertitage Networks (ArcHerNet) mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier beim Jahresempfang des DAI am 27. April 2016.
Geballte Kompetenz. Die Mitglieder des neu gegründeten Archaelogical Hertitage Networks (ArcHerNet) mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier beim Jahresempfang des DAI am 27. April 2016.

© Rolf Brockschmidt

„Wir wissen, dass es im Fall von Syrien eine ,Stunde Null’ im Sinne eines singulären Einschnittes nicht geben kann und wird“, so Bundesaußenminister Frank- Walter Steinmeier beim Empfang, „genauso wenig wie es einen solchen sauberen Schnitt nach dem 8. Mai 1945 hier in Deutschland gegeben hat. Die Frage nach der Ausgestaltung eines Wiederaufbaus – die bleibt.“ Man solle nicht über der Rekonstruktion beschädigter Tempel brüten, während in Syrien Menschen sterben. Auf der Basis der Erfahrungen der eigenen Geschichte „wollen wir gemeinsam klügere Konzepte entwickeln helfen als das Ausdrucken und Aufstellen von Repliken“. Gelingen könne das eines Tages nur, wenn die Zusammenarbeit mit den Partnern in der Region, den Nachbarstaaten, der Zivilgesellschaft, Antikenbehörden und staatlichen Institutionen erfolge.
Als Beispiel für gelungene deutsch-syrische Zusammenarbeit nannte der Außenminister die Leistung des Syrian Heritage Archive Projects, in dem DAI und das Museum für Islamische Kunst gemeinsam schon über 100 000 Objekte digitalisiert haben, um sie der syrischen Antikenverwaltung zur Verfügung zu stellen. Steinmeier lobte auch das weit über die Wissenschaft hinaus reichende Engagement von DAI-Präsidentin Friederike Fless. Das gehe „einher mit einer großen Expertise des Berliner Mietwohnungsmarktes, tiefer Kenntnis von Abläufen in Stadt- und Bezirksverwaltungen und den neusten Bürgschaftsformularen Berliner Banken zugunsten der Kolleginnen und Kollegen aus Syrien, die hier Fuß fassen wollen.“

Eine Nahaufnahme der mit 3D-Drucker erstellten Replik des Triumphbogens von Palmyra in London. Sie zeigt die Unzulänglichkeiten der Technik, vor allem bei den gerade einmal angedeuteten Akanthusblättern links und rechts. Eine 3-D-Replik kann kein Original ersetzen.
Eine Nahaufnahme der mit 3D-Drucker erstellten Replik des Triumphbogens von Palmyra in London. Sie zeigt die Unzulänglichkeiten der Technik, vor allem bei den gerade einmal angedeuteten Akanthusblättern links und rechts. Eine 3-D-Replik kann kein Original ersetzen.

© imago/i Images

Fless zeigte in einem Fotovergleich die Unzulänglichkeiten der 3-D-Version des Triumphbogens auf dem Trafalgar Square in London gegenüber dem Original. „Man kann nur schützen, was man kennt“, sagte sie. Das Projekt „Stunde Null“ strahlt bereits aus, Algerien und Libyen bitten um Hilfe bei der Erstellung eines Kulturgutregisters. Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Verena Metze-Mangold, erinnerte daran, dass die Unesco bereits seit 2015 die Zerstörung von Kulturgut als Kriegsverbrechen einstufe. Kulturgutschutz sei daher Friedensarbeit und diene der Stärkung universeller Werte.

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