
© Akademie der Künste, Berlin, Foto: Andreas FranzXaver Süß
Architekturikonen im Regal: Schaudepot für Architekturmodelle lädt ein
Die Berliner Akademie der Künste macht ihre großartige Sammlung von Architekturmodellen erstmals öffentlich zugänglich.
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Die wirkliche Wahrheit eines Hausentwurfs sieht man erst bei dessen Fertigstellung. Aber vorher kann man wenigstens die wahrscheinliche Wahrheit prüfen, anhand von Zeichnungen und Computersimulationen, vor allem aber an maßstäblich verkleinerten Modellen. Wobei dieser Maßstab auch recht groß sein kann, wie das legendäre, von erwachsenen Männern wenigstens gebückt begehbare Modell des Philharmonie-Saals von Hans Scharoun zeigt.
Modellsammlungen sind also, wahrscheinlich schon, solange es entworfene Architektur und nicht nur Bauen aus Tradition gibt, auch gesammelt worden. Nun ist eine der größten, vor allem für die Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts auch wichtigsten deutschen Modell-Sammlungen wenigstens in Ausschnitten wieder zu erleben: Einmal im Akademie-Haus am Hanseatenweg, in dem das Berliner Architekturbüro Sauerbruch Hutton seine eigenen Werke ergänzt und damit selbst historisiert durch viele Modelle aus der Akademie-Sammlung. Und dann ist seit Freitagabend im Akademiegebäude am Pariser Platz das Schaudepot des Modellarchivs der Abteilung Baukunst geöffnet, im obersten der vier unterirdischen Archivgeschosse.
Im Archiv am Pariser Platz
Das Ambiente ist betonwandnüchtern. Man geht erst einmal durch einen Raum mit in Rollregalen gelagerten Plänen und Zeichnungen, zu sehen ist schon hier ein Modell von einem der vielen Wettbewerbe, die für den Berliner Schlossplatz veranstaltet wurden, und der Glaskasten mit dem legendären, oft fotogafierten Modell, das Axel Schultes und Charlotte Frank für ihre Idee eines quer über den Spreebogen nördlich des Reichstags gelegten „Band des Bundes“ anfertigen ließen. Die meisten Modelle allerdings, die im nächsten Saal ausgestellt werden, sind in erstaunlichen Materialmixturen gebaut worden.

© Akademie der Künste, Berlin, Foto Jonas Holthaus, 2024
Die Restauratorin Tanja Morgenstern weist auf die Erbsen hin, die in einem großen Städtebaumodell als Symbol für Bäume eingesetzt wurden. Und dann ist da das grandiose Modell, mit dem die Gebrüder Luckhardt Ende der 1920er-Jahre ihren Entwurf für ein Glashaus am Potsdamer Platz propagierten. Auch heute noch wäre dieser Bau eine Sensation. Sein Modell allerdings wurde mit hochentflammbaren Kunststofffolien gebaut. Als dieses Kunstwerk in das Archiv transportiert wurde, musste die Spedition gleich zwei Lastwagen mit Kühlanlagen bereitstellen.
Wie gut, dass diese Idee niemals realisiert wurde
Ja, Modelle können auch Kunstwerke sein. Etwa das aus Messingblech gefertigte eines Riesenhauses, das Joseph Paul Kleihues 1983 für Paris vorschlug. Es ist nicht das einzige Modell, vor dem man dankbar ist: Wie gut, dass diese Idee niemals realisiert wurde. Wobei – der Gendarmenmarkt erweitert mit einem scharounesken Kulturbau? Hätte vielleicht auch was.
Vor den der Solaranlagen, die Jörg Schlaich schon zu Beginn der 1980er entwarf, und den Ökohäusern aus der gleichen Zeit denkt man sich allerdings auch: Eigentlich war doch alles, was wir heute debattieren, schon um 1980 vorhanden, warum haben wir die Zeit vertan mit immer neuen Subventionen für Verbrenner-Autos und nur scheinbar billigen russischen Gasimporten?
In einem kleinen Film gesteht der Architekt Arno Brandlhuber: Zeichnen, das täte er nur noch im Ausnahmefall. Aber Modelle, die würden immer gebaut. Etwa jenes aus Beton, mit dem er seine „Antivilla“ in Potsdam-Krampnitz vorbereitete. Ein Projekt, das für neue Ideen von Nachhaltigkeit ficht. Ganz andere Ziele hatte das für die Akademiegeschichte zentrale Korkmodell des Triumphbogen Kaiser Septimus Severus in Rom, mit dem die Sammlungsgeschichte beginnt. Es zeigte seit 1785, wie „gute“ klassische Architektur aussieht. Derzeit steht es allerdings in der Aufklärungs-Ausstellung des Deutschen Historischen Museums. So wie hier ja überhaupt nur ein Bruchteil der Gesamtsammlung von etwa 450 Modellen zu sehen ist – und auch nur mit Führung.
Eine radikale Öffnung des Modellarchivs, nach dem Vorbild des riesigen Zentraldepotbaus in Rotterdam, sieht der Leiter der Sammlung, Werner Heegewaldt allerdings als unpraktikabel an: Modelle brauchen viel Platz und Fürsorge. Sie deswegen aber, wie es immer mal wieder gefordert wurde in den nun auch schon drei Jahrzehnte währenden Debatten über einen Archivneubau für die Akademie, an den Stadtrand auszulagern, findet er auch indiskutabel: „Wir leben vom engen Kontakt zu den Forscherinnen und Forschern, zu den Architekten, zur Stadt“. Ohne Modelle keine Stadt – warum sollte die Stadt also ohne Modelle sein?
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