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Eröffnung der Ausstellung „Nueva arquitectura alemana“ in Barcelona, 1942

© Arxiu Nacional de Catalunya

Berliner Ausstellung zur NS-Architektur: Böse Bauten

Wie sollen wir umgehen mit dem architektonischen Erbe von Diktaturen? Diese Frage stellt sich beim Besuch der Ausstellung „Macht Raum Gewalt“ in der Berliner Akademie der Künste.

Ein Kommentar von Bernhard Schulz

Es passt alles zusammen: Die Ausstellung zur Architektur im Nazi-Regime wird gezeigt in den Räumen, die der Zweite Weltkrieg von den Ateliers des NS-„Generalbauinspektors“Albert Speer übrig gelassen hat. Hier also hat Hitlers Lieblingsbaumeister die „Große Achse“ erdacht, mit „Triumphbogen“ und „Großer Halle des Volkes“, alles im Riesenmaßstab, den die Nazis so liebten.

Das Publikumsinteresse an dieser Ausstellung wird groß sein, so viel lässt sich ohne großes Risiko behaupten. Baukunst und Bautätigkeit im Nazi-Reich sind gut erforscht, die entsprechenden Publikationen füllen Regal um Regal. Gewiss gibt es immer noch Neues zu entdecken und zu beschreiben; Wissenschaft kommt nie an ein Ende. Aber die Grundzüge sind ausgeforscht. Es bleibt die Faszination, die von den Planungen und Entwürfen ausgeht, zuallererst von ihrer Übergröße; auch wenn unsere Gegenwart jedenfalls in anderen Weltgegenden Vorhaben kennt, die es darin mit den Plänen der NS-Zeit aufnehmen können.

Eine differenzierte Bewertung ist geboten

Nachkriegszeit und Teilung Deutschlands brachten es mit sich, dass etliche der durch den Krieg gekommenen NS-Bauten unter anderen politischen Vorzeichen weiterverwendet wurden. Bei manchen wechselten nach der Wiedervereinigung ein weiteres Mal die Fahnen. Das allein müsste genügen, das Verhältnis zur Architektur zu entkrampfen. Sie ist nie per se böse. Ihre Verwendung macht sie schlimmstenfalls dazu, ihre Indienstnahme für Regime und Diktatoren.

In Italien kommt niemand auf die Idee, die Bauten der Mussolini-Zeit zu schleifen. Man kann darüber streiten, ob man ihnen sogar die originalen Inschriften belassen soll, aus vermeintlich großer Zeit. Geschichtszeugnisse sind sie gleichwohl. Die Prachtbauten der Stalin-Zeit in Russland, lange Zeit Gegenstand einer fast schwärmerischen Bewunderung nicht zuletzt aus dem Westen, wird man angesichts von Putins Neo-Stalinismus vielleicht skeptischer sehen. Was aber ist mit ihren baulichen Verwandten etwa in der Ukraine? Gerade der monumentale Wiederaufbau des von der Wehrmacht niedergewalzten Kyiv fordert eine differenzierte Bewertung.

Bauten sind Zeugnisse der Geschichte, und als solche auch Zeugnisse des Bösen. Aber nicht das Böse selbst. Dem entkommt man so leicht nicht. Schon gar nicht durch Abriss.

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