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Aylin (Gülseren Erkut) und Fred (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) müssen irgendwie miteinander auskommen, wenn der Späti von Aylins Vater überleben soll.

© ZDF und Max Rauer

Berlins Kulturgut wird ZDF-Comedy: Griechischer Chor vor dem Späti

Fred muss einen Spätverkauf im Neuköllner Kiez rocken. Wilson Gonzalez Ochsenknecht agiert in der ZDF-Comedyserie „Späti“ als König des Chaos. Träume, Abstürze und Begegnungen auf 44 Quadratmetern.

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Soll man ja nicht glauben. Schon 2017 kam der Begriff „Späti“ in den Duden, aber erst 2025 kommt Berlins Kulturgut als Serie ins Fernsehen. Die Comedy heißt „Späti“, spielt in Kreuzkölln und geht auf eine Idee von Martin Waldmann und Wilson Gonzalez Ochsenknecht zurück. Letzterer gehört bekanntlich zum Ochsenknecht-Clan, spielt die Hauptrolle und ist auch als Creative Producer beteiligt. Und er sieht den Späti laut Presseheft als „einen Ort, an dem alles passiert: Träume, Abstürze, Begegnungen“.

Sieben Autorinnen und Autoren schicken Fred (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) durch die acht Folgen. In Hakan’s Spätkauf springt er hinter dem Tresen ein, weil dessen Besitzer kurzfristig in die Türkei reisen muss. Seine Tochter Aylin (Gülseren Erkut) geht noch in die Schule, also wird Stammkunde Fred in die Verantwortung genommen. Der hat sich bislang durchs Leben treiben lassen, Wohnung und Freundin sind verloren, da kommt der Späti-Job gerade recht.

Grenzgänger Fred stößt an seine Grenzen

Fred kommt ganz schnell an seine Grenzen. Was nach einem easy Job aussah, entpuppt sich für den menschenfreundlichen Herumtreiber als ganz große Verantwortung. Wie funktionieren Kasse und Kaffeemaschine, wie überzeugt man Ordnungs- und Gesundheitsamt vom ordnungsgemäßen Zustand des Ladens, wie werden die verschiedensten Stammkunden und skurrilsten Späti-Gäste adäquat bedient? Und wie hält man die Ladenbesitzerin Frau Gröner (Isabell Polak) auf Abstand, der jedes Mittel recht ist, um den Späti aus dem Haus zu bekommen?

Alle Problemchen sind im und um den Späti herum in gelungener Kiezsprache platziert. Der Humor ist nicht mit „Dittsche“ zu vergleichen, wo der gleichnamige Stammkunde sich in der Eppendorfer Grillstation quer durch die Fragen zu Gott und die Welt haspelte. „Späti“ ist 44 Quadratmeter Ladenfläche und Bühne für die kleinen Alltagssorgen. Das Nichtalltägliche kippt höchstens ins Komische bis Skurrile hinüber.

Dabei ist Fred nicht allein. Sein bester Freund Konnopke (Alexander Finkenwirth) will mit dem Fred Konnopke Kollektiv eine Musikerkarriere starten. Vor dem Laden findet sich täglich ein Trio aus eher arbeitsscheuen Müßiggängern ein, für die der Späti ein zweites Zuhause darstellt. Marianne (Eva Weißenborn), Rashid (Falilou Seck) und Helmut (Torsten Michaelis) betrachten die Wechselfälle des Lebens aus sicherer Entfernung, sie kommentieren durchaus bissig die Bemühungen von Fred, den Späti am Laufen zu halten. Sie sind aber auch zur Stelle, wenn Not am Mann ist – sprich: eine Bescheinigung für das Gesundheitsamt gefälscht werden muss. Die Drei von der Späti-Stelle sind quasi der griechische Chor, der die Taten und Untaten des Helden besingt.

In all den Irrungen und Wirrungen behält nur eine klaren Kopf: Aylin, Schülerin auf dem Weg zum Abitur, weiß genau, was getan und gelassen werden muss. Sie hält Fred für eine komplette Fehlbesetzung, immer wieder räumt sie das Chaos auf, das der Chef wider Willen hinterlässt. Doch als Fred die Notkasse für eine Party plündert, schmeißt Aylin den King of Chaos raus.

Gülseren Erkut beweist mit ihrem natürlichen Spiel komödiantisches Talent. Ochsenknecht muss keine großartige Schauspielkunst nachgesagt werden, er schafft es aber, seiner Figur eine ungelenke Authentizität zu verleihen. Fred kommt sympathisch rüber. Kein schlechter Move ist es, Prominente in den Späti-Einsatz zu schicken. Einmal stattet Bill Kaulitz einen Besuch ab, später schauen Conny from the Block, Marc Hosemann, Sophie Passmann und Ski Aggu vorbei. Erkennbar ist ihr Spaß an den Cameos.

Das Regie-Duo Marleen Valien und Max Rainer achtet darauf, dass in diesem Mikrokosmos immer genug Raum für Aktion, Bewegung und Chaos ist. Sie halten das Tempo so hoch, dass Fred unversehens in jedwede Bredouille gerät. Aber auch das zeigt „Späti“: Der Spätkauf in Berlin ist ein Hort der Solidarität.

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