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Blick in einen der Räume der WChutemas-Werkstätten für Malerei, Grafik, Skulptur und Architektur, 1927.

© Markus Widmer

Cooper-Union sagt Ausstellung sowjetischer Avantgarde ab: Der falsche Feind

Nicht die Kultur Russlands gehört auf die Anklagebank, sondern Putin und sein Regime. Die berühmte Cooper-Union in New York machte einen Fehler.

Ein Kommentar von Bernhard Schulz

Die renommierte Cooper Union in New York, 1859 als Hochschule für Kunst und Architektur gegründet und eine Institution des liberalen Ostküsten-Amerika, hat kürzlich eine geplante Ausstellung über die sowjetische Lehranstalt WChutemas abgesagt und reagiert nun auf Kritik an dieser Entscheidung.

WChutemas, die Abkürzung für „Höhere Künstlerisch-Technische Werkstätten“, war eine 1920 geschaffene Lehranstalt in Moskau, die bis zu ihrer erzwungenen Auflösung 1930 bestand. Zu Sowjetzeiten war die berühmte Schule offiziell vergessen. Doch seit dem Ende des kommunistischen Regimes trat der erstaunliche künstlerische Ertrag dieser Lehranstalt zutage, an der Größen wie So wurde das künstlerische Erbe von Wchutemas auch schon in Berlin gezeigt, 2014/15 im Gropius-Bau. 

Dieses sowjetische Bauhaus wollte die Cooper Union in New York vorstellen – und machte einen schnellen Rückzieher, als Kritik aufgrund des russischen Überfalls auf die Ukraine aufkam. Nun erklärte Laura Sparks, die Präsidentin der Cooper Union, dass die Ausstellung später eröffnet werden solle, „durch zusätzliches kontextualisierendes Material unterstützt, das einen anderen Rahmen für das Verständnis dieser Themen bietet“.

WChutemas behauptete einen Freiraum für die künstlerische Avantgarde in Moskau, bis der zum Diktator aufgestiegene Stalin die Schule 1930 schließen ließ. Die meisten Lehrkräfte wurden ihrer Arbeitsmöglichkeiten beraubt, manche endeten im Gulag. Dass WChutemas nicht in New York gezeigt werden kann, ist widersinnig. Nichts könnte dem reaktionären Putin-Regime ferner stehen als die weltoffene Lehranstalt WChutemas. 

Cooper-Union-Präsidentin Sparks kündigte an, die „Fragen im Zusammenhang mit der Ausstellung und ihrer Präsentation zu erörtern“ – einschließlich „der Frage, wie Geschichte heute für politische Zwecke instrumentalisiert werden kann“. Wie die Geschichte des Stalinismus-Opfers WChutemas „für politische Zwecke instrumentalisiert“ wird, hat Cooper Union soeben vorgemacht.

Dem Putin-Russland keine Bühne zu bieten, ist ein guter Vorsatz – ihn ausgerechnet an einer dem Stalinismus zum Opfer gefallenen Einrichtung zu exekutieren, zeugt jedoch von einem erschreckenden Mangel an politischem Verstand. Nicht die Kultur Russlands gehört auf die Anklagebank, sondern Putin und sein Regime. Wer das durcheinanderbringt, spielt nur der Propaganda des Kreml in die Hände, der von der Vernichtung Russlands durch den Westen faselt.

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