
© Bleecker Street
Dicke Luft im All: Ariana DeBose im Kinothriller „I.S.S.“
Dritter Weltkrieg auf der Raumstation. Im US-Thriller „I.S.S.“ von Gabriela Cowperthwaite geraten Astronauten und Kosmonauten in eine Extremsituation.
Stand:
Das Weltall, unendliche Weiten. Der Mensch im Weltall, unendliche Klaustrophobie. So kann man den Kontrast zwischen der Faszination des Alls und den technologischen Anstrengungen apostrophieren, die Astronautinnen und Kosmonauten unternehmen müssen, um in der menschenfeindlichen Umgebung überleben zu können.
Kein Ort erzählt mehr über die lebensgefährliche Mühsal, in der Schwerelosigkeit, Kälte, Dunkelheit und Sauerstofflosigkeit des Alls zu existieren, als eine Raumstation. Im Science-Fiction-Genre dient sie mal als Sehnsuchtsort für Grenzüberschreiter und mal als beängstigendes Gefängnis, in dem das individuelle Überleben allein von der Funktionstüchtigkeit der Maschinen und der Integrität der Crew abhängt.
Gabriela Cowperthwaites Thriller „I.S.S.“ spielt auf der International Space Station, die in rund 400 Kilometern Höhe über der Erde kreist und seit dem Jahr 2000 dauerhaft von amerikanischen und russischen Raumfahrern und ihren Partnern bewohnt wird.
Die Russen waren schneller
In Deutschland sorgte die Mission von „Astro Alex“ Alexander Gerst vor einigen Jahren für einen regelrechten I.S.S.-Hype. Was das Filmen dort oben angeht, waren aber die Russen schneller. Sie schickten 2021 für 12 Tage ein Team für den Spielfilm „The Challenge“ hoch.
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„I.S.S.“ entstand trotz des authentisch nachgebautem, geraffeligem Innenlebens der Station in einem Studio in North Carolina/USA. Was dem Eindruck, einem Drama auf der echten Internationalen Raumstation beizuwohnen, absolut keinen Abbruch tut.
Auch dank der beweglichen, stets im Schwebemodus befindlichen Kamera (Nick Remy Matthews), die mit 360 Grad-Drehungen die physische Irritation eines Aufenthalts in der Schwerelosigkeit spürbar macht. Und Kosmonautinnen und Astronauten oft auf Distanz in den befremdlichen, röhrenartigen Modulen mustert, die sich (an nachträglich wegretuschierten Seilen) so ungelenk bewegen wie frisch geschlüpfte Insekten.

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Dr. Kira Foster (Ariana DeBose, die in „West Side Story“ einen Oscar gewann) ist neu auf der Station, wo sie nach dem rüttelnden Sojus-Raketenflug zusammen mit Kollege Christian Campbell (John Gallagher Jr.) freudig vom dritten Amerikaner und drei russischen Kosmonauten begrüßt wird.
Bioingenieurin Foster findet sich als Neuling in der Schwerelosigkeit körperlich ebenso schlecht zurecht, wie ihre Versuchsmäuse. Dass deren Haltlosigkeit über Nacht zu gegenseitiger Aggression führt, ist ein wenig subtiles Menetekel für kommenden Horror.

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Explosionen, die Foster von der Aussichtkuppel aus beobachtet, künden plötzlich vom – überraschenden – Ausbruch des Dritten Weltkriegs. Und als in der Atmosphäre zunehmender Panik an Bord jedes Team heimlich den Befehl erhält, die Station um jeden Preis zu übernehmen, ist es mit dem Weltraumpakt unter Wissenschaftlern vorbei.

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Dass zwei patriotische Russen beim Morden weniger Skrupel haben als die Amerikaner. Und dass die empathischeren Frauen an Bord sogar paktieren, um rettende Forschungsergebnisse der mutmaßlich längst verstrahlten Menschheit auf dem brennenden Erdball zugänglich zu machen, gehört zu den Schwächen des Plots.
Er zieht nach der gelungenen Verortung an Bord, von ersten Blicken steigenden Misstrauens beider Crews bis zum einsetzenden Blutbad dann doch die handelsüblichen Suspense-Register. Und zwar unter Einfluss eines immer schriller donnernden Scores (Anne Nikitin), der jeder kontemplativen Ruhe des Alls erfolgreich den Zahn zieht.
Eigentlich erzählt „I.S.S.“, der bereits 2023 Premiere beim Tribeca Film Festival feierte, angesichts der schleichenden Rückkehr des Kalten Krieges zwischen Russen und Amerikanern eine sagenhaft spannende Grundkonstellation. Motive wie die Möglichkeit einer atomaren Katastrophe, die in Zeiten automatisierter Waffensysteme gewissermaßen über Nacht ausbricht und die Tatsache, dass wissenschaftliche Zusammenarbeit eine verletzliche Sache ist, wenn nationale politische Interessen schwerer wiegen, sind Motive, die Grübeln und Gruseln machen.
„Von hier aus sind auf dem Erdball keine Grenzen zu sehen“, sagt der US-Kommander Gordon Barrett (Chris Messina) einmal. Nicht nötig, solange sie in den Köpfen existieren.
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