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Bärte plus Locken. Ahmed Eid, Daniel Avi Schneider, Soufian Zoghlami und Max von Einem sind Bukahara.

©  Sophia Zoe

Die Band Bukahara: Feiern bis in den Morgen

Die Band Bukahara spielt einen energetischen Balkan-Folk-Orient-Mix. Jetzt bringt sie ihr zweites Album „Strange Delight“ heraus.

Es klappt eigentlich immer und überall. Ob im Görlitzer Park, auf der Straße in Wien oder in einem nordirischen Pub – wenn Bukahara mit ihrer Mischung aus Balkansound, Folk und arabischen Einflüssen loslegen, herrscht früher oder später Partystimmung. Und natürlich feiern die vier Musiker selber kräftig mit.

Wie so ein Abend abläuft, kann man in ihrem Song „Venice“ von ihrer am Samstag erscheinenden zweiten Platte „Strange Delight“ hören. Er wird zunächst in einem gemütlichen Dreivierteltakt von Tuba und Akkordeon angetrieben. Dann gesellt sich die Geige hinzu, und Soufian Zoghlami singt mit seiner leicht rauen, markanten Stimme darüber, wie die Band erst auf der Straße spielt und dann auf einem Boot landet, mit dem sie Wein trinkend durch die Kanäle gleitet – hier kommt die Gitarre dazu, kurz fließt das Stück ruhiger, dann geht es wieder volle Kraft voraus durch die venezianische Nacht: „The people on the bridges enjoy our little show/ We lay down with our instruments/ The bridges are too low.“

„Genau so war der Abend“, sagt Ahmed Eid, der mit seinem Kontrabass unter den Brücken die größten Verrenkungen vollführen musste. „Am Ende haben wir natürlich kein Bett mehr gefunden und uns irgendwo auf dem Boden hingelegt“, erzählt er lachend. Solche Widrigkeiten machen dem Quartett nichts aus, es ist nicht nur groß im Geben, sondern auch hart im Nehmen. Ihr erstes Album haben die vier zum Beispiel in einer 60-stündigen Hauruck-Aktion eingespielt. Geiger Daniel Avi Schneider erinnert sich: „Wir sind nur zwei Mal zum Essenholen rausgegangen und haben auch im Studio geschlafen.“ So nutzten sie die kostbare Studiozeit optimal aus. Damals waren Bukahara noch zu dritt und in Köln ansässig, wo sie Jazz an der Musikhochschule studierten. Eid und Zoghlami wohnten in einer WG, Schneider nur wenige Minuten entfernt. Sie freundeten sich an, verbrachten viel Zeit miteinander. Dass sie 2009 auch begannen gemeinsam Musik zu machen, ergab sich eher zufällig, als Schneider auf ein Festival eingeladen wurde, zu dem er eine Gruppe seiner Wahl mitbringen durfte.

Alle Bandmitglieder spielen mehrere Instrumente

„Wir sind nicht das typische Musikstudenten-Projekt, wo vorher genau überlegt wird, wen man mit welchem Instrument anspricht“, sagt er. „Uns wurde oft gesagt: Ein Schlagzeug würde es bei euch echt bringen. Aber dann hatten wir plötzlich einen Posaunisten, weil der eben unser Freund geworden war.“ Er heißt Max von Einem und spielt zudem Tuba beziehungsweise Susaphon, was eine wunderbare Ergänzung für den energetischen Bukahara- Klang ist. Das mit dem Schlagzeug kriegen die vier Multiinstrumentalisten auch so hin. Auf der Bühne tritt Gitarrist und Sänger Zoghlami eine Bassdrum, von Einem schlägt eine Snare und Eid wechselt manchmal an die Darbuka.

Viele Instrumente, viele Stile – das macht die Gruppe aus. Alle bringen ihre Einflüsse ein, die sehr verschieden sind. Soufian Zoghlami, der Halbtunesier ist, kommt eher aus der Singer-Songwriter-Ecke. Der in Syrien geborene und in Palästina aufgewachsene Ahmed Eid lernte zunächst arabische Percussion. Als er 18 war kam er mit einem Stipendium von Ramallah nach Lübeck, um Kontrabass zu studieren. Drei Jahre Klassik waren dem mittlerweile jazzbegeisterten Musiker genug – er ging zum Studieren nach Köln. Daniel Avi Schneider ist jüdisch-schweizerischer Herkunft und hat als Kind Geige gelernt. Nach einer Phase als Punkrock-Bassist und Ska-Saxofonist entdeckte er sie wieder, als er mit Gypsy Jazz in Kontakt kam. Vieles hat ihm ein akkordeonspielender serbischer Freund in der Schweiz gezeigt. Sein Studium schloss er am Jazzinstitut in Berlin ab, wo er seit drei Jahren wohnt. Eid ist seit einem Jahr hier. Die beiden Vollbartträger wohnen in Neukölln unweit des S-Bahnhofs Hermannstraße. Ihre lockenköpfigen Bandkollegen leben weiterhin in Köln. Alle haben noch andere Bands und Projekte, sehen sich aber häufig. Gerade waren sie – allerdings ohne Eid, der kein Visum bekam – auf einer kleinen England-Irland- Tour. Demnächst geht es für zwei Wochen nach Italien.

Für das Album „Strange Delight“, das sie teils per Crowdfunding finanziert haben und ohne Label herausbringen, trafen sie sich zu mehreren Proben- und Schreibwochen. Mal auf einem Bauernhof in der Schweiz, mal in einer tschechischen Jägerhütte oder in Holland am Meer. Anders als bei der ersten CD sind die Stücke diesmal im Kollektiv entstanden, mitunter schrieben sie sogar die Texte zu viert, in denen es oft um Freiheit und das Unterwegssein geht. Diese enge Zusammenarbeit hört man dem Album an. Es ist sehr stimmig, die Arrangements spannungsreich und verspielt – irgendwo zwischen den 17 Hippies und der Balkan-Wehmut der US-Musikers Zach Condon alias Beirut. Es gibt immer wieder schöne Details zu entdecken, wie die von Geige und gestrichenem Kontrabass gespielte arabische Melodie, die in der Mitte des Stücks „Durak“ plötzlich einen ganz neuen Horizont aufreißt. Mit dem fast poppigen Song „My Name“ haben sie sogar einen kleine Hit auf dem Album.

Und was bedeutet nun eigentlich Bukahara? Schneider und Eid lachen, drucksen ein bisschen rum, dann sagt Schneider: „Es ist ein lautmalerisches Wort, das ein bisschen exotisch klingt, man weiß aber nicht, woher es kommt .“ Ja, das passt.

Record Release-Konzert des Bukahara- Albums „Strange Delight“: 28.2., 22 Uhr, Radialsystem, Holzmarktstr. 33.

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