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Vom Bademantel-Schluffi zum TV-Promi: Charly Hübner als „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ neben Kati Witt.

© X Verleih AG/Frédéric Batier

Die Kinostarts der Woche: Eine Lüge, auf die sich alle geeinigt haben

Charly Hübner als Lucky Loser im letzten Film von Wolfgang Becker, Kostja Ullmann als Rapper-Star in der Sinnkrise oder Beklemmendes mit Katzen und Hunden – die Kinowoche blickt fast überall hin.

Von Ticket Redaktion

Stand:

Mit der Romanvorlage von Maxim Leo hat der im Dezember 2024 verstorbene Regisseur Wolfgang Becker den idealen Stoff für seinen letzten Film gefunden: „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ ist das Kino-Highlight in dieser Woche.

1 Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

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Schau an, wie fix Micha Hartung nach erstem Sträuben die Heldenrolle übernimmt. „Das ist ja hier heller als auf dem Todesstreifen“, kalauert er, als er sich neben Talkgast Kati Witt unter rauschendem Applaus bei „Mona am Abend“ auf die Fernsehcouch fallen lässt.

Vor ein paar Tagen war der Bademantel-Schluffi, den Charly Hübner als knuffigen Loser vom Prenzlauer Berg darstellt, nichts als ein heruntergerockter Videothekar. Dann treibt ein windiger Journalist (Leon Ullrich) den einstigen Stellwerksmeister vom Bahnhof Friedrichstraße wieder auf...

Mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ knüpft Becker an „Good Bye, Lenin!“ an, nur dass die Story dieses „ersten witzigen Films aus Deutschland seit einem Jahrhundert“, wie damals eine britische Zeitung schrieb, ungleich irrer und tragischer war.

Aber die tiefe Zuneigung zu den Charakteren ist hier genauso ausgeprägt. Klar, dass Michas Kleine-Leute-Nachbarschaft sämtlich aus herzlichen Menschen besteht, die sich – wie er selbst – gegen den Gentrifizierungsdruck stemmen und dabei zusammenhalten.

„Geschichte ist die Lüge, auf die sich alle geeinigt haben“, heißt es in Beckers vermeintlichem Heldenepos, das mit Witz und Sentiment das Lied des imperfekten Menschseins singt.

Als Hommage ans Kino an sich, wo sich hinter den Kulissen die Filmfamilie um einen todkranken Regisseur schart, der in einer Cameo-Rolle als trotteliger Agent noch mal richtig Quatsch macht. (Gunda Bartels)

2 Ein Haus in Jerusalem

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Die zwölfjährige Rebecca hat ihre Mutter beim Autounfall sterben sehen. Ihren Schmerz kann Rebeccas Vater noch weniger aushalten als seinen eigenen. Er versucht, Normalität herzustellen, mit Therapie, Medikamenten und einem extremen Ortswechsel.

Aus England ziehen sie in eine Villa nach Jerusalem. Doch ihre Traumata sind mitgereist. Für Rebecca manifestieren sie sich in Begegnungen mit der kleinen Rasha, die aus der Zisterne krabbelt. Hier hatte sie sich einst vor bewaffneten Männern versteckt.

Der Versuch Rasha zu helfen, hilft Rebecca und schließlich auch dem Verhältnis zu ihrem Vater. Nicht ganz überraschend stellt sich heraus, dass Rasha seit 1948 in dem Brunnen sitzt, als ihre palästinensische Familie aus der Villa vertrieben wurde.

Rasha ist mehr als ein Geist. Der palästinensische Regisseur Muayad Alayan hat einen sensiblen Film darüber gemacht, wie sich Schmerz verselbstständigen kann und es unmöglich macht, mit dem Hier und Jetzt fertig zu werden. (Ingolf Patz)

3 Ein Leben ohne Liebe ist möglich, aber sinnlos

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Eva hat im Prinzip alles: nette Wohnung, netter Job, nette Kinder, netter Mann. Und sie selbst ist so nett, dass sie sich nicht traut, ihrem Mann Victor zu sagen, dass sie sich nach 25 Jahren Ehe trennen möchte.

Also erfindet sie einen Liebhaber, damit es leichter zu kapieren ist. Der etwas zu pragmatische Victor findet schnell heraus, dass der angebliche Liebhaber schwul und glücklich liiert ist. Eva zieht trotzdem aus und wirft sich auf den modernen Liebesmarkt.

Ein bisschen hat das was von Woody Allen in Barcelona

Ein Date ist schlimmer als das andere. Alex, den einzigen Mann, der ihr gefällt, verfehlt sie immer wieder, weil sie sich in den entscheidenden Momenten nicht traut.

Und als sie überlegt, ob Victor nicht doch die bessere Wahl war, hat der jemanden kennengelernt. Eva, gerade 50 geworden, ist eine absolut glaubhafte Heldin, so zögernd und ambivalent, wie echte Menschen eben sind.

Man stolpert mit ihr gerne durch ihren halbherzigen Neustart, misstrauisch beäugt vom Freundeskreis und den Teenagerkindern. Ihr Leitbild ist ein Paar, das sich auf der Straße leidenschaftlich küsst. Das will sie auch!

Ein bisschen hat das was von Woody Allen in Barcelona, kluge Unterhaltung, wie schön. (Antje Scherer)

4 Im Rosengarten

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Der Berliner Popstar Yak (Kostja Ullmann) steht auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als ihn eine Sinnkrise aus der Bahn wirft. Er erhält Nachricht aus einem Krankenhaus, dass sein Vater, der vor über 30 Jahren nach Syrien zurückkehrte, dort im Koma liegt.

Yaks Mutter hatte Selbstmord begangen. Er fährt nach Westdeutschland und trifft seine 15-jährige Halbschwester Latifa (Safinaz Sattar), die nur Arabisch spricht. Widerwillig vereint, brechen die ungleichen Geschwister zur Reise quer durch Deutschland auf.

„Im Rosengarten“ ist ein starker leiser Debütfilm von Leis Bagdach. Ein mit seiner Herkunft hadernder deutschsyrischer Rapper und (s)ein Kopftuchmädchen unterwegs, zwischen Tonstudio, Haus der Großeltern, Asylantenheim und Luxushotel.

Ein Roadmovie der ganz eigenen Art, das – hauchdünn am Klischee vom Rapper und seiner Manosphere vorbei – die richtigen Töne (und Bilder) zu den Themen Heimat, Migration, Glauben, Liebe und Familie findet.

Und eine großartige Performance von Kostja Ullmann, dem Traumata, Wunden und Zweifel nicht nur tief ins bärtige Gesicht eingegraben zu sein scheinen, auf der langen Reise zu sich selbst. (Markus Ehrenberg)

5 Silent Night, Deadly Night

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Lichterketten, Lametta und Punsch – es weihnachtet in einer verschlafenen US-Kleinstadt. Doch nicht für alle ist dies der Beginn einer besinnlichen Zeit.

Seit Billy (Rohan Campbell) als Kind miterleben musste, wie ein mörderischer Weihnachtsmann seine Eltern tötete, zwingt ihn eine innere Stimme, in dessen blutige Fußstapfen zu treten.

Die Vorweihnachtszeit wird zum fatalen Countdown, bei dem sich zeigt, wer dieses Jahr artig war. Die „Unartigen“ erwartet ihre grausame Quittung. Was die wunderbar kitschige Weihnachtsstimmung angeht, steht Mike P. Nelsons Reboot seinen ikonischen Horrorfilm-Vorgängern aus 1984 und 2012 in nichts nach.

Willkürlich wirkt jedoch das Vermögen des mordlustigen Antihelden, das unübersichtliche Beziehungsgeflecht der Kleinstädter glasklar in Gut und Böse aufzuteilen.

Der Versuch, der Mordserie politische Aktualität zu verleihen, gipfelt im Massaker bei einer White-Power-Weihnachtsparty und wirkt – wenn auch unterhaltsam – eher angestrengt. (Amelie Bauer)

6 Stille Beobachter

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Seit sie über einen aufgebahrten Leichnam gesprungen ist, gilt die Katze abergläubischen Bewohnern eines bulgarischen Bergdorfs, in dem nur noch wenige Alte leben, als Vampir.

Auch der zwischen verlassenen Häusern streunende Hund einer alten Frau lebt gefährlich: Ein Nachbar hält ihn für einen Hühnerdieb und droht, ihn zu erschießen.

Der Esel einer Dörflerin könnte verhext sein. Der Ackergaul einer anderen muss vielleicht zum Abdecker. Und was den niedlichen Zicklein und Lämmern des Hirten zum orthodoxen Osterfest droht, kann man sich auch vorstellen.

Ein Tier-Horrorfilm ist Eliza Petkovas dokumentarische Landlebenmeditation aber nicht, obwohl suggestive Einstellungen und musikalische Untermalung eine beklemmende Atmosphäre schaffen.

Vielmehr lässt sie uns, auch dank der Bilder ihrer Kamerafrau Constanze Schmitt, mit den Schicksalen der vierbeinigen Dorfbewohner mitfiebern, ohne ihre menschlichen Besitzer bloßzustellen.

Das alles fügt sich zum einfühlsamen Porträt eines Soziotops, das wie von der Gegenwart vergessen wirkt. (Jörg Wunder)

7 Kein Weg Zurück

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2014: Der Däne Christian (Nikolaj Lie Kaas), zum Islam konvertierter Afghanistan-Veteran, sucht im vom Bürgerkrieg zerrütteten Syrien nach seinem Sohn. Zum Schein schließt er sich sogar dem IS an, der in einer Kleinstadt ein grausames Regime errichtet hat.

Doch der junge Mann (Albert Rudbeck Lindhardt) ist längst nicht mehr jener Adam, den Christian mal gekannt hat. Sondern ein fanatischer Glaubenskrieger, der keinerlei Interesse an einer Rückkehr nach Dänemark hat.

Charlotte Sieling („Die Königin des Nordens“) inszeniert ein hartes Panorama der Hoffnungslosigkeit, aus dem Augenblicke der Menschlichkeit umso kontrastreicher herausstechen.

Dabei geht es ihr nicht um Parteinahme in einem heillos verwirrten Konflikt, sondern um das beklemmende Psychodrama einer zum Scheitern verurteilten Mission. (Jörg Wunder)

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