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Kann man sich ab sofort auch in einem 3D-Rundgang ansehen: Die Alte Pinakothek.

© Alte Pinakothek

Digitale Angebote von Museen: Cézanne nach Farben sortiert

Extravagante Suchfunktionen und virtuelle Rundgänge: Weltweit locken die Museen mit Online-Angeboten. Von unterhaltsam bis enttäuschend – eine Erkundungsreise.

Die Staatlichen Museen zu Berlin schicken gleich eine dreiseitige Liste, wenn sie ihre Online-Angebote aufzählen. Sie fangen beim Blog mit Hintergrundgeschichten zu ihren Sammlungen an und listen Youtube-Videos und 3-D-Rundgänge auf. Es gibt eine Online-Datenbank mit 250 000 Bildern, von den Highlights der Gemäldegalerie bis zu Statuen aus der Antikensammlung. Kunstgeschichtliche Forschungsprojekte sind ausführlich dokumentiert. Das ist gut zum Recherchieren oder für Spezialisten. Im Online-Katalog des Münzkabinetts lässt sich jede Münze ansehen. Zwar wirkt der interaktive Rundgang, als hätte er ein paar Jahre auf dem Buckel, dafür gehörten die Numismatiker wohl zu den digitalen Pionieren.

Auf der Website des Bodemuseums gibt es einen virtuellen Rundgang. Wer am Mausrad dreht, kann von der großen in die kleine Kuppelhalle schweben und sich durch die Räume scrollen. Zu jedem Ausstellungsstück gibt es kurze Infos. Das ist gut für den Überblick, erschöpft sich allerdings schnell.

Der Spaß beginnt meist, wenn Google Arts & Culture im Spiel ist. Bis hin zum Kupferstichkabinett haben fast alle Häuser der Staatlichen Museen – laut Google 1200 Museen und Kunstsammlungen weltweit – ihre Bilder dem Online-Riesen zur Verfügung gestellt. Das funktioniert ähnlich wie Google-Streetview, nur geht der Blick in die Innenräume von Museen. Man kann dort die Werke nach den abgefahrensten Kriterien durchforsten. Wie viel Gemälde auf Holz gibt es in der Gemäldegalerie? 36. Welche berühmten Malereien zeigen Menschen im Garten? Oder: Bitte alle Bilder von Cézanne nach Farben sortiert! Nachteil: Wer nicht diszipliniert an einem bestimmten Museum oder Thema dranbleibt, verliert sich schon nach wenigen Minuten.

Alle Angebote sind nach demselben Prinzip aufgebaut: Der 3-D-Rundgang der Alten Nationalgalerie beginnt in der Eingangshalle. Man klickt sich durch alle Stockwerke, sieht die Gestaltung der Wände und Böden, die Architektur und die Werke an den Wänden. Das ist toll, gerade wenn man das Haus noch nie gesehen hat – oder es vermisst.

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Das Beste daran sind die „Geschichten“, die bei Google Arts & Culture zum Standard gehören: kleine animierte Erzählstücke über einzelne Bilder oder Künstler. Eine dieser Episoden der Alten Nationalgalerie heißt „Man steckt nicht drin“ und erklärt, warum Édouard Manets Bild „Im Wintergarten“, das ein Paar bei einem Treffen zeigt, der Kaiserin die Schamesröte ins Gesicht trieb. Dabei lässt es sich so nah an Madame Guillemets Augen heranzoomen, wie man es im Museum nie könnte. Das ist aufregend. „Gut aussehen auf Reisen“ heißt eine andere Geschichte über ein Porträt von Karl Friedrich Schinkel in Neapel: Der Baumeister ließ sich 1824 von seinem Malerfreund Franz Ludwig Catel im Urlaub porträtieren. Wäre Schinkel nicht in Italien gewesen, würde die Museumsinsel heute anders aussehen, heißt es da. 18 Geschichten hat die Alte Nationalgalerie bei Google Arts & Culture hinterlegt.

Noch aktiver ist die Alte Pinakothek der Bayerischen Staatsgemäldesammlung: 30 Geschichten bei Google Arts & Culture. Unter anderem hat die Gemäldegalerie ihre Caravaggisten-Ausstellung vom letzten Jahr aufbereitet – nicht nur beim Google-Riesen, sondern auch als 3-D- Rundgang auf der eigenen Website. Das ist fast, als wäre man wirklich in München. Man liest die Ausstellungstafeln, sieht die Bilder, wie sie im Museum hingen, und kann den Original-Audioguide hören. Tipp: Immer alles in Full Screen ansehen! Wer eine VR-Brille hat, kann die Tour auch als Film anschauen.

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Das Musee d’Orsay in Paris ist am linken Seine-Ufer in einem ehemaligen Bahnhof untergebracht. Das Gebäude wurde für die Weltausstellung von 1900 errichtet. Die Website wirkt etwas angestaubt, hat aber eine hübsche Slideshow mit historischen Fotos vom Bau des Hauses. Auch die Werke aus der Zeit von 1848 bis 1914 sind zugänglich und in Katalogform aufbereitet. Wer es schöner sehen will: Auch hier gibt es einen 3-D- Rundgang bei Google Arts & Culture. Insgesamt hätte man hier mehr erwartet.

Das Guggenheim Museum in New York hat jede Menge schöne, professionell gemachte Artikel, Videos und Soundschnipsel zu aktuellen und vergangenen Ausstellungen auf seiner Website. Das funktioniert wie ein gut gemachtes Magazin. Die Geschichte des berühmten Museumsgebäudes mit der geschwungenen Rampe, das auf der Weltkulturerbe-Liste steht, wird in neun Audiobeiträgen erzählt. Zur Ausstellung „Countryside. The Future“ ist ein Video mit Stararchitekt Rem Koolhaas zu sehen, der die Schau zu ökologischen und politischen Fragen rund um das platte Land zusammen mit Urbanismusforscher Samir Bantal entwickelt hat.

Das zeigt: Es muss nicht immer ein 3-D- Rundgang sein. Auch professionelle Videos mit Künstlern, Architekten und Kuratoren liefern einen tollen Einblick in die Ausstellungsthemen, geben Denkanstöße und nicht zuletzt: Sie sind unterhaltsam. Ganz wichtig!

Das X Museum, angeblich das coolste weit und breit, eröffnet soeben der junge chinesische Sammler Michael Xufu Huang in Peking. Es ist bereits seine zweite Museumsgründung. Den „Zeitgeist der Millennials“ will Huang in diesem Haus abbilden. Die für März geplante Eröffnung musste er wegen Covid-19 verschieben. Eine Online-Ausstellung hatte er ohnehin geplant, die mehr sein soll als ein 3-D-Rundgang . Der Künstler Pete Jiadong Qiang hat die virtuelle Ausstellung als Spiel gestaltet. Die Benutzer navigieren anhand herumfliegender Elemente und Schriftzeichen – wenn sie es schaffen. Beim Test wollen die Teile partout nicht reagieren. Entweder gelingt das nur Millennials oder der herumwabernde „Coming soon“-Schriftzug ist ernst gemeint.

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