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Kultur: Edle Bücher Ausstellung zur Cranach-Presse in Weimar

Im Oktober 1929 – dem Monat des New Yorker Börsencrashs – eröffnete der französische Botschafter Pierre de la Margerie den „Salon des bibliophiles“ in Berlin mit einer Rede über das „Schöne Buch“. Anderthalb Jahre später lag die Rede gedruckt vor – in 115 Exemplaren auf handgeschöpftem Papier und 14 weiteren auf Pergament, gebunden in rotes Leder mit goldener Titelprägung.

Im Oktober 1929 – dem Monat des New Yorker Börsencrashs – eröffnete der französische Botschafter Pierre de la Margerie den „Salon des bibliophiles“ in Berlin mit einer Rede über das „Schöne Buch“. Anderthalb Jahre später lag die Rede gedruckt vor – in 115 Exemplaren auf handgeschöpftem Papier und 14 weiteren auf Pergament, gebunden in rotes Leder mit goldener Titelprägung.

Hergestellt wurde das Werk in der Cranach-Presse Weimar. Sie war zeit ihres Bestehens, von 1913 bis zum Oktober 1931, ein Luxusunternehmen. Gegründet hat sie Harry Graf Kessler, der eminente „Kunstdiplomat“ und Mittler insbesondere zwischen Deutschland und Frankreich. 1903 übertrug ihm der Weimarer Großherzog Wilhelm Ernst die (ehrenamtliche) Leitung des Museums für Kunst und Kunstgewerbe. Derzeit ist in der Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek eine Ausstellung zur Cranach-Presse zu sehen, die die Welt des Buches als Kunst- und Liebhaberobjekt heraufbeschwört.

Graf Kessler musste stets das Überleben der Cranach-Presse sichern, oft durch Kooperationen mit Verlagen wie dem ähnlich bibliophilen Insel-Verlag in Leipzig. Erstaunlich genug, dass die Cranach-Presse das Katastrophenjahr 1918 und den Ruin ihrer wohlhabenden, großbürgerlichen Käuferschicht überlebte.

Ein Höhepunkt der Verlagsarbeit ist der Druck von Vergils „Eclogen“ im Jahr 1926 in deutscher und lateinischer Sprache, bald gefolgt von einer französischen und einer englischen Ausgabe. Doch immer wieder erscheinen auch politische Schriften des oft als „roter Graf“ geschmähten Kessler, so 1920 eine Broschüre über „Die Kinderhölle in Berlin“ oder 1928 eine Biografie Walther Rathenaus, das meistverkaufte Werk der Cranach-Presse.

1929 entstand für den Insel-Verlag eine Luxusausgabe von Shakespeares „Hamlet“ in neuer Übersetzung von Gerhart Hauptmann; „ein aufwendig gestaltetes Buch, dessen Verkaufspreis dem Monatslohn eines Arbeiters entsprach, aber dennoch die Herstellungskosten nicht decken konnte“, wie es im Ausstellungskatalog heißt. Der ist selbst ein wunderschönes Buch geworden, das eine Ahnung davon vermittelt, was das Buch als alle Sinne ansprechendes Kunstwerk einmal gewesen ist. In einem beigelegten Faltblatt mit 60 historischen Aufnahmen wird zudem die handwerkliche Herstellung der Hamlet-Ausgabe dokumentiert.

Fast alle in Weimar ausgestellten Drucke stammen aus einer ehemaligen Privatsammlung. Der Weimarer Kaufmann Georg Haar vermachte sie am 6. Juni 1945 der damaligen Thüringischen Landesbibliothek in der Goethe-Stadt, vielleicht die früheste mäzenatische Tat in Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Weimar blieb erstaunlich lange ein Refugium des Ästhetizismus. Bernhard Schulz

Weimar, Anna-Amalia-Bibliothek, bis 10. August, Di–So 9.30–17 Uhr. Katalog im Otto Meissner Verlag, 208 S. m. 106 Abb. u. Falttafel 19,90 €, im Buchhandel 24,95 €.

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