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Kunstwerke im Folkwang Museum Essen.

© dpa

Freier Eintritt in Museen: Ein Geschenk an die Gemeinschaft

In England ist es gang und gäbe, nun zieht das Folkwang Museum in Essen nach und bietet freien Eintritt an allen Öffnungstagen. Warum dieses Modell für die gesamte deutsche Museumsszene wünschenswert wäre.

Museumsbesucher in Essen dürfen sich in den nächsten fünf Jahren freuen. Nicht nur einmal im Monat ist der Eintritt im Folkwang-Museum frei, sondern an allen Öffnungstagen. Eine Millionen Euro legt die „Alfred Krupp von Bohlen und Halbach“-Stiftung dafür hin, ein Sponsoring der Sonderklasse. Seit über drei Jahrzehnten ist die Stiftung ein besonderer Gönner des Hauses. Vor fünf Jahren erst bezahlte sie einen Chipperfield-Neubau, der jedoch nicht den erwarteten Auftrieb bescherte. Nun sollte er kommen. Bereits am vergangenen Wochenende mit dem Kampagnenstart haben sich die Publikumszahlen verdreifacht: Statt 630 Besuchern kamen über 2000.

Den Essenern gelingt damit ein Durchbruch, von dem schon lange in der deutschen Museumsszene geträumt wird. Bisher traute sich nur niemand, die schöne Vision zu realisieren und wirklich alle, alle ins Museum zu holen – zumindest den Eintritt als Hemmschwelle zu eliminieren. Am Mut fehlte es weniger, eher am Geld. Bislang reichte es immer nur zu einem einzelnen Tag, wie es ihn auch in Berlin bei den sechs Häusern der Stiftung Stadtmuseum sowie dem Bröhan-Museum jeweils am ersten Mittwoch im Monat gibt. Der Effekt folgt sogleich: Immer dann schwappt ein Besucherplus herein. Mehr können sich die unterfinanzierten Museen nicht leisten. Durch die hohen Unterhaltskosten, die kleinen Ausstellungsbudgets sind die Institutionen auf den Ticketverkauf als Einkunftsquelle angewiesen. Die Staatlichen Museen zu Berlin bleiben deshalb eisern und verlangen täglich Geld, dafür kommen Besucher bis 18 Jahre kostenlos herein. Das mag zwar Familien locken, der hohe Eintritt zumal für Sonderausstellungen bleibt trotzdem.

Der Slogan "Kultur für alle" klingt immernoch

Mit der Essener Initiative kommt endlich wieder frischer Wind in die Diskussion. Was in England gang und gäbe ist, sollte auch in Deutschland gelingen. Seit dort im Jahr 2001 Schatzkanzler Gordon Brown einen Kassenüberschuss den Museen als populistische Maßnahme weiterreichte, ist der freie Eintritt in den großen staatlichen Museen Common Sense. Davon profitieren auch die Touristen. Wer in der Mittagszeit einmal in der National Gallery am Trafalgar Square gewesen ist, hat dort erlebt, wie die Angestellten der umliegenden Offices in der knappen Pause zu ihrem Renoir, ihrem Monet, ihrem Botticelli pilgern. Sonderausstellungen dagegen haben in London sehr hohe Eintrittspreise.

Das Folkwang Museum in Essen.
Das Folkwang Museum in Essen.

© Volker Hartmann / dpa

Freie Eintritt ist die demokratischste Form

Der Slogan von der „Kultur für alle“, in den siebziger Jahren von dem Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann geprägt, besitzt noch immer Strahlkraft. Seitdem haben die Besucherzahlen zwar einen phänomenalen Zuwachs erfahren, ist ein neues Ausstellungshaus nach dem anderen eröffnet worden, die schönen Künste, die Blockbuster-Ausstellungen locken ein Massenpublikum. Aber wirklich für alle da zu sein, davon ist das Museum noch immer himmelweit entfernt. Der freie Eintritt soll neue Besuchergruppen erschließen, vor allem junge. Eine ganze Zeit lang wurde es mit Halligalli in den heiligen Hallen, mit langen Nächten versucht. Der freie Eintritt ist die demokratischste Form. Dieses Geschenk an die Gemeinschaft sollten sich nicht nur besondere Gönner leisten.

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