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Kiezboss Keitar (Kida Khodr Ramadan, l.) knöpft sich Atris (Samuel Schneider) und Marie (Ella Rumpf) vor.

© Constantin Film

Gangstergroteske "Asphaltgorillas": Krieg im Kreuzberger Kiez

Kokskönige gegen Falschgeldmafia: Detlev Buck versucht sich mit „Asphaltgorillas“ am Mythos Kreuzberg.

Ruhig ist es geworden um das Kottbusser Tor, Kreuzbergs dumpf pochendes Herz. Vor zwei Jahren war in den Medien noch erregt von „Berlins härtestem Drogenumschlagplatz“ die Rede, von Anwohnern voller Angst vor „brutalen Räuberbanden“. Seither geht die Zahl der Straftaten zurück, das Image des „Kotti“ als Inbegriff des Verruchten beginnt zu verblassen.

Da ist es an der Zeit, dass ein Film den Mythos am Leben hält. Die Titelhelden in Detlev Bucks „Asphaltgorillas“ lassen ihre Motoren unterm NKZ aufheulen, dem legendären Wohnriegel über der Adalbertstraße, die Zutaten sind vielversprechend: schnelle Autos, zwei kleinkriminelle Freunde, Halbweltgestalten mit markigen Sprüchen, Gastauftritte von TV-Sternchen und Gangster-Rappern, dazu Filmmusik aus der Feder von Pierre Baigorry alias Peter Fox.

Das Leben eines Dealers gerät aus der Bahn

Als Vorlage diente eine Kurzgeschichte aus Ferdinand von Schirachs Erzählungsband „Schuld“. Eine Dogge frisst den Schlüssel zu einem mit Geld gefüllten Schließfach, wird mit Abführmitteln gefüttert und entleert ihren Darm effektvoll in einen Maserati. Bei Buck wird aus der Dogge ein Dobermann namens Platon, aus dem Maserati ein Lamborghini – und der Fäkalhumor bleibt. Den Schwank hat der Regisseur mit den Ko-Autoren Cüneyt Kaya und Constantin Lieb zum Skript ausgebaut. Der Alltag des liebenswerten Drogendealers Atris (Samuel Schneider) plätschert so dahin, höchstens gestört durch Kontrollen der Zivilpolizei. Oder durch Mama, die dem Junggesellen mit Nachdruck eine Frau zuführen will. Als Atris auf seinen windigen Kindergartenfreund Franky (Jannis Niewöhner) trifft sowie auf eine rätselhaft-verführerische Ladendiebin (Ella Rumpf), gerät sein Leben zunehmend aus der Bahn.

Nach seinen frühen Komödien „Karniggels“ oder „Männerpension“ realisierte Buck in den vergangenen Jahren andere Stoffe, zuletzt für Kinder und Jugendliche. Vier „Bibi und Tina“-Filme entstanden, wobei Buck die angestaubte Hörspielreihe um die Hexe Bibi Blocksberg zeitgemäß auf die Leinwand brachte, mit einem Anflug von anarchischem Witz.

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Nun kehrt er zurück zum Erwachsenenkino, wo man ihn längst auch für sozialrelevante Dramen kennt („Knallhart“) und für grellen Mainstream-Klamauk à la „Rubbeldiekatz“. Mit „Asphaltgorillas“ versucht er sich an einem Hybrid, an einer Gangstergroteske mit nachdenklicher Note. Dass der Film nicht so recht zündet, liegt an genau dieser Mixtur. Für eine ernst gemeinte Milieustudie aus der Halbwelt verharrt das Drehbuch zu sehr in Stereotypen, für eine Komödie mangelt es an Lachern und an Tempo.

Überlange Szenen, träge Schnitte, ungelenkes Timing: Wenn schon die Pointen nicht zünden, sollten wenigstens die Figuren Witz entwickeln. Mitunter gelingt das, wie im Fall des von Georg Friedrich verlässlich dubios gespielten Ronny, einem schmierig-depperten Ausputzer, der sich unter Pelzmantel und Katastrophenfrisur seinen Stolz zu bewahren versucht. Auch Jannis Niewöhner hat als überspannter Hochstapler, der durch allerlei dumme Zufälle immer tiefer hineinrutscht ins Ungemach, seine guten Momente.

Julia Engelmann als Braut des Kotti-Bosses

Doch mit der Idee, Nebenrollen mit Darstellern zu besetzen, deren Kernkompetenzen fernab des Schauspiels liegen, hat Buck sich und den Zuschauern keinen Gefallen getan. Der Rapper SSIO (Debütalbum „BB.U.M.SS.N“) gibt die schlichte Kiezgröße Kotti-Boss und die Poetry-Slammerin Julia Engelmann („Eines Tages, Baby“) die Frau an seiner Seite. Als Prollpärchen gehen sie weder ernsthaft in ihren Rollen auf, noch brechen sie diese ironisch.

Eigentlich hätte man von Detlev Buck sehenswertes Genrekino erwartet, eine düstere Kreuzberg-Story, so wie ihm 2006 mit „Knallhart“ eine unsentimentale Neukölln-Geschichte gelang. Auch diesmal gehört der Grimme-Preisprämierte Kida Khodr Ramadan zum Cast, das Clan-Oberhaupt Ali Hamady aus der Serie „4 Blocks“, und mit der über dem Kottbusser Tor thronenden Cocktailbar „Xara Beach“ gibt es auch eine authentische Trash-Location. Die Actionszenen können sich ebenfalls sehen lassen, dank optischer Spielereien wie dem Bullet- Time-Effekt, der aus den „Matrix“-Filmen vertrauten Mischung aus Zeitlupe und Zeitraffer. Kreuzberger Kokskönige versus vietnamesische Falschgeldmafia, das hätte was werden können.

Allein das Drehbuch scheint sich selbst nicht recht über den Weg zu trauen, seine verheißungsvollen Ansätze verrät es immer wieder für einen schalen Gag. „Asphaltgorillas“ bleibt weit entfernt von der Lässigkeit der Gangsterkomödien eines Guy Ritchie oder Quentin Tarantino, die offenbar als Vorbilder dienten. Im Oktober kommt Bucks nächster Film in die Kinos, eine „Lebenskomödie“ über Hunde und ihre Besitzer. Auch der Trailer zu „Wuff“ sieht vielversprechend aus – hoffentlich kein schlechtes Omen.

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